Die tote Schwester - Kriminalroman
Zbigniew fragte sich, was das kostete, empfand es dann aber als kleingeistig.
Das war New York.
War.
Eine leichte Übelkeit erfasste ihn. Er schob es auf den Cappuccino, nicht auf die Vorstellung des vor ihm liegenden zehnstündigen Flugs.
Dreizehn Stunden später, nach einer Zwischenlandung in Amsterdam, stiegen sie in Köln aus dem Flugzeug. Zbigniew hatte versucht, während des Atlantikflugs zu schlafen, doch so richtig war es ihm nicht gelungen. Ein paarmal war er eingenickt, nur um zehn Minuten später wieder erschrocken aufzuwachen. Insgesamt fühlte er sich bei der Ankunft in Köln extrem kodderig, diese seltsame Mischung aus leichtem Kopfdruck, leichter Übelkeit, leichter Beklommenheit und leichten Gliederschmerzen.
Der Jetlag kam mit voller Wucht auf ihn zu. Zbigniew wusste, dass er bei der Reise zurück aus den USA besonders schlimm war.
Kurz darauf saßen Lena und er an der Gepäckausgabe und warteten mit vielen anderen Reisenden darauf, dass die Röhren des Kölner Flughafens endlich die Koffer aufs Förderband spucken würden.
»Ich will wieder zurück«, sagte Lena.
Zbigniew lächelte, nahm sie in den Arm. Er wusste nicht recht, was er sagen sollte. Es gab eigentlich nichts zu sagen. Sie hatten unglaubliche Tage in einer unglaublichen Stadt erlebt, und nun hatte sie die nächste Wirklichkeit wieder: Bald würde der Alltag beginnen.
Immerhin stand der Frühling bevor. Die Karnevalstage in Köln waren vorbei, die Stadt war wieder zur Ruhe gekommen, die Tage würden wieder länger hell sein. Zbigniew freute sich auf laue Sommernächte am Rhein.
»Ich muss mal auf Klo«, sagte Lena.
Zbigniew nickte, Lena sprang auf und verschwand. Ihm fiel auf, dass er selbst auch zur Toilette gehen sollte. Aber nun musste er hier bleiben.
Plopp.
Der erste Koffer klatschte aus der Röhre aufs Förderband. Einige andere folgten. Die Menschen drängten nach vorn, während Zbigniew sitzen blieb. Er konnte durch eine Lücke auf das Band sehen, würde erst aufstehen, wenn seine oder Lenas Reisetasche in Sicht waren. Vom ungeduldigen Drängeln am Band kam das Gepäck auch nicht schneller.
Oder? Eine Frau, die es besonders eilig zu haben schien, erhielt rasch ihren Koffer und verschwand damit in den Durchgängen zum Zoll.
Manchmal war die Welt ungerecht.
Da.
Zbigniew sprang auf, quetschte sich durch die Menschen, um gerade noch rechtzeitig die vorbeifahrende Tasche von Lena vom Band zu holen. Sie war sehr schwer, knapp vorm Übergewicht.
Lena stand plötzlich wieder hinter ihm, hatte einen Gepäckwagen mitgebracht.
Bald hatten sie auch seine Reisetasche eingesammelt und schoben ihr Gepäck durch den Ausgang. Dort standen ein paar Zollbeamte, die einige der Rückkehrer kurz anhielten.
»Haben Sie etwas zu verzollen?«, fragte ein Beamter Zbigniew. »Irgendetwas gekauft in New York?«
Zbigniew und Lena versicherten, nur Kleinigkeiten aus New York mitgebracht zu haben. Der Zollbeamte war zufrieden und ließ sie weiterziehen.
Nun kamen sie zur letzten Barriere. Hier war das Gefühl, Kölner Boden zu betreten, nicht mehr zu leugnen. Einige Menschen pressten von außen ihre Nasen an eine gläserne Absperrung.
Glücklicherweise hatten sich Lenas Eltern diesen Weg erspart. Zbigniew und Lena gingen durch eine automatische Glastür.
»Tja«, sagte Lena.
Zbigniew nickte. Er wusste, was sie meinte.
»Ich muss auch noch«, sagte er.
»Okay, dann kann ich so lange eine rauchen«, lächelte Lena ihn an.
»Du könntest eigentlich mal wieder damit aufhören.«
»Werd ich eh, meine Eltern wollen das sowieso nicht.«
»Seit wann tust du das, was deine Eltern wollen?«, sagte Zbigniew und gab ihr einen Kuss. »Außerdem, mich stört das auch, und das ist dir ja auch egal.«
»Wenn es dich stört, warum sagst du dann nichts?«
Er wusste eine treffende Antwort, überlegte aber eine Sekunde, ob er sie aussprechen sollte.
»Um mich von deinen Eltern abzusetzen.«
Lena kicherte. Zbigniew verschwand in die Toilette.
Während sein Urin in das mit einigen grünen Beckensteinen verschönerte Pissoir hineinfloss, dachte er, wie privilegiert er eigentlich war. Freundin, Beruf, eine Reise nach New York. Der Bandscheibenvorfall, gut, aber auch der schien zurzeit unter Kontrolle zu sein.
Er hatte bereits am übernächsten Tag einen Termin beim Arzt zur Spritze. Sein Orthopäde wollte ihn möglichst schnell nach der New-York-Reise wiedersehen.
Zbigniew wusch sich ausgiebig die Hände und verließ die Toilette.
Viele Menschen
Weitere Kostenlose Bücher