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Die tote Schwester - Kriminalroman

Die tote Schwester - Kriminalroman

Titel: Die tote Schwester - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Brueggenthies
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leerte den Briefkasten, in dem sich neben den üblichen Pizzaservice-Faltblättern ein Zettel befand.
    »Wenn du Hilfe brauchst, dann melde dich.
    Tonia.«
    Unter den Namen hatte Tonia ihre Mobiltelefonnummer geschrieben, dabei wusste sie, dass Zbigniew sie in seinem Telefon gespeichert hatte.
    Es war ein Hilfsangebot, und doch, als Zbigniew die Treppen hinaufstieg, hatte er das Gefühl, dass es auch ein Hilfeschrei sein könnte. Dass sie einsam war, dass auch sie etwas anpacken wollte, eine sinnvolle Tätigkeit, um von ihren eigenen Problemen wegzukommen. Zbigniew wusste nicht so recht, wie er im Moment zu Tonia stand. Es kam ihm so vor, als ob er ihr gerade ein wenig auswich. Zwar genoss er ihre Gesellschaft, aber er sah auch immer eine Person in ihr, die ihrem Sohn durch einen Hang zur Überbehütung, einen Drang nach Geheimnislosigkeit keine gute Mutter war.
    Nein, wenn er ehrlich zu sich selbst sein wollte, war dies nicht der Grund, warum er ihr aus dem Weg ging. Es war die gewisse erotische Anziehung, die sich zwischen ihnen bereits vor einem halben Jahr entwickelt hatte. Eine erotische Anziehung, der er nie weiter als bis zu einem gewissen Punkt nachgegangen war, die er aber zumindest zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht gebrauchen konnte.
    Jetzt, wo alles nur um Lena ging.
    In seiner Wohnung angekommen, nahm Zbigniew ein Geschichtsbuch zur Hand, das er seit seiner Schulzeit nicht mehr angefasst hatte. Außer beim Umzug, vielleicht.
    Er begann, die Kapitel über das Dritte Reich, die Geschichte der Juden zu lesen. Nach einigen Seiten hatte er das Gefühl, dass die Informationen in seinem alten Buch zu allgemein waren.
    Er schaltete den Rechner ein, ging ins Internet. Schnell fand er Artikel über die Geschichte Kölns im Zweiten Weltkrieg. Der 6. März 1945. Je länger Zbigniew las, desto erstaunlicher fand er es, dass Mendelstein alles zu wissen schien, was hier verschiedene Menschen zusammengetragen hatten.
    Er gab den Namen Paul Streithoff in die Suchmaschine ein und fand einige Informationen über ihn, die sich aber vor allem auf seine Rolle als erfolgreicher Galerist in New York bezogen. Die South River Gallery, die er Anfang der fünfziger Jahre gegründet hatte, war einer der Wegbereiter und -begleiter des Abstrakten Expressionismus gewesen.
    South River Gallery, so hatte der Veranstalter der Vernissage im Meatpacking District geheißen. Zbigniew hatte es nicht bewusst wahrgenommen, aber er war sich dennoch sicher.
    Auch über Streithoffs Vorleben als Arzt wurde in einem alten Zeitungsartikel undetailliert berichtet; jemand zitierte seinen Schock, als er nach dem Krieg von den Gräueltaten des ärztlichen Berufsstands während des Dritten Reichs erfahren hatte. Aufgrund dessen habe er nach dem Krieg nie wieder praktizieren können, sich stattdessen seinem Hobby gewidmet. Mit nicht geringerem Erfolg.
    Es gibt Leute, dachte Zbigniew, die können alles Mögliche im Leben anpacken, und es wird ein Erfolg. Wäre er selbst auch in der Lage, etwas anderes zu sein als Polizist?
    Immerhin fand Zbigniew im Internet kein Wort davon, dass Streithoff auch der Arzt von höheren Nazis gewesen war. Manche Dinge verschwieg man besser vor der Allgemeinheit. Zbigniew fand allerdings auch nichts darüber, dass er Juden gerettet hatte.
    Alles in allem wirkte Paul Streithoff öffentlichkeitsscheu.
    Zbigniew sah sich auf einer anderen Website einige Bilder des Abstrakten Expressionismus an. Auf den ersten Blick erschlossen sich die Gemälde ihm nicht. Für einen zweiten hatte er gerade keine Muße.
    Was konnte er noch tun, heute?
    Er suchte die E-Mail-Adresse des Standesamts in Bergheim heraus und schrieb eine kurze Nachricht, dass er heute bereits vor Ort recherchiert habe und von einer Dame mit roten Haaren freundlich beraten worden sei.
    ZbigniewerklärtenocheinmalseinAnliegen,dieSuchenachderGeburtsurkundeeinesMädchens,dessenNamenernichtkannte.DasGeburtsdatum,erwussteesjetzt – der13. Juni1943.ZbigniewkorrigierteseineE-MailnachkurzemLesen;ergabnunalsGeburtszeitraumden1.bis30. Juni1943an,daernichtwusste,wanngenauEvaWeissbergnachderGeburtaufeinenBauernhofgegebenwordenwar.UndwieschnelldieneuenElterndasKindangezeigthatten.
    Er las die E-Mail noch einmal und schickte sie mit freundlichen Grüßen ab. Ob das Amt überhaupt darauf reagieren würde?
    Kurz hielt er inne. Dann ließ er eine Suche nach Standesämtern in NRW durchführen. Eine Vielzahl von Hochzeitstipps strahlte ihm bereits bei den Suchergebnissen entgegen. Es

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