Die tote Schwester - Kriminalroman
gesagt, ich habe den Namen gehört.«
»War die Bank durch solche Verbindungen geschützt?«
»Dazu kann ich keine Auskunft geben. Aber ich denke, die Bank wäre ohnehin geschützt gewesen. Grundsätzlich waren die Nazis ja sehr daran interessiert, dass die Wirtschaft funktionierte. Simon Immermann glaubte bis zuletzt, seine vormalige Bedeutung in dieser Stadt würde ihn vor der Deportation in den Osten bewahren.«
Zeynel räusperte sich etwas ungeduldig, sein historischer Wissensdurst war wohl befriedigt.
»Kommen wir doch bitte mal zu dem heutigen Überfall zurück. Über den Zugang zu Schließfächern, da wird doch eigentlich Buch geführt, soweit ich das kenne. Lassen Sie sich von den Menschen, die Zugang zu einem Schließfach haben wollen, nicht die Ausweise zeigen?«
»Natürlich. Aber bei diesen uralten Schließfächern haben wir damals Anonymität zugesichert, und daran halten wir uns auch heute noch. Vermutlich hätte die Bankenaufsicht etwas dagegen, aber da es nur noch fünf Schließfächer betrifft … Nun vier … «
Zeynel fasste sich an die Stirn.
»Der Bankangestellte hat ausgesagt, dass Lena Beinke fast überrascht war, dass sie nicht ihren Ausweis vorlegen musste. Ursprünglich wollte sie allein zum Schließfach gehen.«
»Der Mann nicht?«
Zbigniew war überrascht. Das wusste er nicht.
Zeynel fuhr fort.
»Mit dem jetzigen Wissen könnte man das natürlich so interpretieren, dass der Mann sich erst in dem Moment entschied, mit hineinzugehen, als klar war, dass er den Ausweis nicht vorlegen musste. Sie dürften in dem Moment noch überhaupt nicht mit Komplikationen gerechnet haben. Der Mitarbeiter hat das Passwort erst unten abgefragt?«
»Ja.«
»Warum?«
»Man kann es ja schlecht im Foyer aussprechen. Wir haben für die Schließfachrelikte keine einheitliche Regelung.«
Zbigniew war sich nicht sicher, ob er wirklich alles verstanden hatte. Und dann war da noch etwas. Ein Stück weit vor seinem Hirn lag ein Gedanke, den er nicht fassen konnte.
Zeynel ergriff wieder das Wort.
»Sagt Ihnen zufällig der Name Edina Venzke etwas?«
Der Bankdirektor schüttelte den Kopf, verneinte.
Ein paar Sekunden lang herrschte Stille. Der Direktor nutzte dies, um aufzustehen.
»Sie können sich hier gern weiter besprechen. Ich bin noch ein wenig unten, stehe Ihnen für weitere Fragen zur Verfügung.«
Zeynel erhob sich, schüttelte ihm die Hand.
»Vielen Dank, Herr Dr. Stürmer«, sagte er.
Zbigniew schauderte.
Damit hatte er nicht gerechnet. Ein Nachfahre von Peter Stürmer, der Mann, über den er gerade so positiv geredet hatte.
Der Direktor verließ das Büro.
»Entschuldigung«, rief Zbigniew ihm plötzlich hinterher.
Der Bankdirektor sah sich um.
»Ja?«
Der Gedanke hatte sich aus Zbigniews Hirn herausgewunden.
»Das Passwort, um an das Schließfach zu kommen … wie wurde das generiert, damals?«
Der Bankdirektor schmunzelte; er ahnte natürlich, worauf Zbigniew hinauswollte.
»Das wurde natürlich überhaupt nicht generiert. Der Schließfachbesitzer hat einfach eines angegeben. So wie früher bei diesen alten Sparkonten. Ein Geheimwort.«
»Besteht irgendeine Möglichkeit, dass wir erfahren, wie das Geheimwort lautet?«
Der Bankdirektor überlegte kurz.
»Nun. Im Prinzip nicht … «
»Es wäre wichtig. Vielleicht können wir durch das Passwort irgendeinen Hinweis darauf erhalten, wer der Besitzer des Schließfaches war. Oder wer es nicht gewesen sein kann.«
»Nun … «
Der Direktor ging wieder zu seinem Schreibtisch, schaltete einen Computer ein.
»In Anbetracht dessen, dass das Schließfach ja nun nicht mehr existiert … bzw. nicht mehr seinen Inhalt schützt … «
Es dauerte, bis der Computer hochgefahren war. Zbigniew und Zeynel tauschten einen Blick, von dem vermutlich keiner der beiden wusste, wie er ihn deuten sollte.
»Haben Sie die Passwörter da im Rechner?«
»Ja, codiert, aber die betreffenden Mitarbeiter kennen den Code. Wir haben auch bei den neuen Schließfächern noch einige zusätzlich passwortgebundene, da ist das der gleiche Code.«
»Was passiert eigentlich, wenn das Schließfach nicht mehr bezahlt ist? Ich meine, was wäre 2012 passiert?«
»Na, wenn es nicht bezahlt wird, können wir das Schließfach öffnen und es ausräumen.« Der Bankdirektor blickte auf seinen Bildschirm. »So, einen Moment noch.«
»Musste der Bankangestellte, der die Täter bedient hat, das auch so nachsehen?«
»Ja, genau. Es befinden sich mehrere Rechner im Haus.
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