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Die tote Schwester - Kriminalroman

Die tote Schwester - Kriminalroman

Titel: Die tote Schwester - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Brueggenthies
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sind alle im Voraus bezahlt. Wir verlängern die Schließfächer natürlich nicht, wir wollen sie ja loshaben. Aber einige Besitzer scheinen es dabei nicht eilig zu haben.«
    Zbigniew meldete sich zu Wort.
    »Aber was kann denn 1937 dort unten eingelagert worden sein? Etwas, für das ein Schließfach so lange im Voraus bezahlt wird? Ich meine, das waren Akten , das sah nicht nach Gold aus oder nach Schmuck … «
    »Ich habe keine Ahnung. Und darf auch keine haben. Aber es gibt auch Akten, in denen Umschläge mit Schmuck sind. Oder Münzen. Insoweit sind es nicht zwangsläufig Dokumente, es können auch Wertgegenstände gewesen sein.«
    Zbigniew fragte weiter.
    »Gideon Weissberg, sagt Ihnen der Name etwas?«
    »Nein.«
    »Er war ab 1929 Leiter des Vereins Jüdischer Kaufleute. Drei Jahre später hat er Anna Hansen geheiratet, die wohl aus einer bekannten Industriellenfamilie stammte.«
    Zbigniew spürte, wie Zeynel ihm einen seltsamen Blick zuwarf. Vermutlich zum einen, weil Zbigniew mehr wusste als Zeynel, in einem Bereich recherchiert hatte, den er bislang vernachlässigt hatte. Und zum anderen, weil er begann, die Befragung zu übernehmen.
    »Der Name Hansen ist mir natürlich ein Begriff«, sagte der Bankdirektor. »Die hatten ein Chemiewerk auf der anderen Rheinseite, in Kalk. Und dann gab es diese schreckliche Geschichte.«
    »Schreckliche Geschichte?«
    »Zuerst wurde das Werk bei der Operation Millennium zerstört.«
    »Operation Millennium?«
    Der Bankdirektor sah ihn stirnrunzelnd an.
    »Sie sind nicht von hier, oder? – Der Tausend-Bomber-Angriff 1942 auf Köln. Der Beginn der Zerstörung unserer Stadt aus der Luft.«
    Zbigniew nickte. Ihm war bloß der Begriff nicht bekannt.
    »Und dann«, fuhr der Direktor fort, »starben die beiden Söhne der Hansens innerhalb weniger Wochen an der Front. Ende 1942 haben die Eltern Selbstmord begangen. – Sie waren damals gute Kunden hier … «
    Zbigniew war einen Moment wie vor den Kopf geschlagen. Er stellte es sich vor: Gideon, ohnehin mit großen Problemen beladen, verliert dann noch die Schwiegereltern. Die vielleicht noch eine gewisse Macht hatten. Oder zumindest Geld.
    Aber die Einlagerung der Akten, oder zumindest die Anmietung des Schließfaches, hatte fünf Jahre zuvor stattgefunden. Es konnte keinen Zusammenhang mit dem Niedergang der Familie Hansen geben.
    Ein anderer Gedanke ging ihm durch den Kopf.
    »Ich frage mich gerade … Wenn ein Jude wie Gideon Weissberg hier 1937 etwas einlagert, geht das überhaupt? Was ist mit den Nazis, haben die nicht kontrolliert, was Juden hier gelagert haben? Hätten die nicht die Schließfächer konfisziert?«
    »Peter Stürmer war ein sehr kluger Mensch, das können Sie mir glauben.«
    Zbigniew brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, was er meinte.
    »Gibt es denn überhaupt keine Unterlagen mehr darüber?«
    »Nur eine Originalliste, welches Schließfach bis wann und welche Passwörter. Jedes Schließfach hatte zwei Schlüssel, die haben die Besitzer. Alle anderen Unterlagen sind im Krieg verschollen.«
    »Im Tresorhaus?«
    Der Bankdirektor wirkte verärgert.
    »Dort verschwindet gar nichts. Unser Tresorhaus ist zudem wie ein Bunker gebaut, insoweit war es auch kein Zufall, dass es den Krieg überstanden hat. Nein, die Unterlagen sind verschollen, weil Peter Stürmer wie gesagt ein sehr kluger Mann war.«
    Zbigniew war kurz davor aufzubrausen, da übernahm Zeynel die Gesprächsführung.
    »Gab es denn keine Meldepflicht im Dritten Reich?«
    Der Bankdirektor zuckte widerwillig mit den Augenbrauen.
    »Wir sind nicht wie andere große Geschäftsbanken und waren es nie.«
    Zeynel und Zbigniew sahen ihn irritiert an.
    »Heißt?«, fragte Zeynel.
    »Wir haben nicht die Schließfachinhalte unserer Kunden an die Zentralstelle gemeldet, damit die Nazis sich an den Besitztümern unserer Kunden bereichern konnten.«
    »Mussten Sie das nicht?«
    Der Bankdirektor öffnete den Mund, Zbigniew kam ihm zuvor.
    »Mal abgesehen davon, dass Peter Stürmer ein kluger Mann war.«
    Der Bankdirektor rückte seine Krawatte zurecht.
    »Lassen Sie es mich so sagen: Die Stürmer-Bank hatte immer einen hervorragenden Draht zur Politik. Zitieren Sie mich bitte nicht.«
    Er lächelte, und Zbigniew fragte sich, ob man hier eine Verschwörungstheorie vermuten musste. Ihm fiel etwas ein.
    »Hatten Ihre Vorgänger einen Draht zu Paul Streithoff?«
    »Den Namen habe ich schon mal gehört.«
    »Er war der Arzt einiger mächtiger Nazis.«
    »Oha. Wie

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