Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tote vom Johannisberg

Die Tote vom Johannisberg

Titel: Die Tote vom Johannisberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
Vom Netzwerk:
werden ermahnt. An einem kleinen Parkplatz erinnert man daran: »Waschen und Reparieren von Autos verboten«.
    Ich hoffte inständig, hier oben niemals eine Panne zu haben. Man konnte geradezu froh sein, kein Auto zu besitzen.
    Zwei Jugendliche mit Baseball-Kappen kamen mir entgegen. Jeder führte einen Pitbull an der Leine. Ich wechselte die Straßenseite und lächelte einem alten Mann zu, der im rosa Jogginganzug auf der Straße stand, die Hände in den Taschen. Von irgendwo her kam Pop-Musik und Geschirrgeklapper. Schließlich hatte ich die richtige Hausnummer gefunden. Sie war mit weißer Farbe auf die dunkle Mauer gemalt worden.
    Ich klingelte und absolvierte einen dämmirigen, muffig riechenden Flur. Die Holztreppe knarrte, das Geländer gab leicht nach. Oben wurde ich von einer Frau mit mindestens zwanzig Kilo Übergewicht empfangen. Soweit ich es bei der funzeligen Flurbeleuchtung sehen konnte, besaß sie eine gesunde, rötliche Gesichtsfarbe. Ihre dunklen Haare hingen in Strähnen herunter.
    »Da haben Sie aber Glück gehabt, daß Sie mich überhaupt erreicht haben. Normalerweise arbeite ich dienstags.« Ich betrat die Wohnung. »Daniel, laß das, bleib schön auf deinem Stuhl sitzen.« Und dann wieder zu mir: »Wissen Sie, ich kassiere beim Spar in Barmen, und neuerdings haben die da bis acht auf. Kommen Sie doch rein.«
    Daniel war ein Kleinkind, das in der winzigen Küche auf einem hölzernen Stühlchen thronte, mich und Birgit Jungholz quietschend anlachte und so stark hin- und herruckelte, daß das Möbel mitsamt dem Kind umzufallen drohte. Da der Kleine nicht in der Lage war, diese Katastrophe vorherzusehen, störte ihn die Gefahr natürlich überhaupt nicht - genausowenig, daß sein blaugelbes Lätzchen, das er um den Hals trug, von oben bis unten bräunlich besabbert war. Alles war in den kalten Schein einer Neonleuchte getaucht, die an der Decke hing. Birgit Jungholz schien das endlose Quietschen des Kindes nicht zu stören.
    »Möchten Sie Kaffee?« rief sie mir fröhlich entgegen, und ich überschlug, wieviel ich von der pulsschlagfördernden Flüssigkeit heute schon zu mir genommen hatte.
    »Vielleicht lieber ein Wasser«, sagte ich.
    Ich quetschte mich an einen mit Wachstuch bedeckten Tisch auf einen Plastik-Klappstuhl. Die Tischdecke war mit fotografisch getreuen Motiven von riesigen Tomaten bedeckt. Man bekam so richtig Lust auf Spaghetti. Wenn zwei Leute am Tisch saßen wie jetzt, konnte man nicht mehr so ohne weiteres aufstehen und hinausgehen. Dazu war es zu eng. Ich versuchte, dem schwankenden, quietschenden und sabbernden Daniel nicht zu nahe zu kommen. Birgit Jungholz, die ebenfalls Platz genommen hatte, griff hinter sich, holte ein Glas und eine Wächtersbach-Tasse aus einem Preßspan-Regal.
    »Einen Moment, ich muß eine neue Flasche aus der Vorratskammer holen. Außerdem muß das Kind ins Bett.« Sie stand auf. Plastik schrammte geräuschvoll über PVC-Fliesen. Daniel wurde in die Höhe gehoben. Er stieß einen weiteren Quietscher aus und verschwand dann in den Händen seiner Mutter im hinteren Bereich der Wohnung, wo ich so etwas wie ein Gitterbett gesehen hatte. Kurz danach war Birgit Jungholz wieder da und setzte sich. Daniels Quietschen ertönte nun schallgedämpft durch die Tür.
    »Sie wollen also etwas über Regina wissen. Ich verstehe nicht so recht, warum. Haben Sie was mit der Polizei zu tun?« Sie sagte das nicht abwehrend oder mißtrauisch, eher neugierig.
    »Ist die Polizei bei Ihnen gewesen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich bin ein Privatermittler.«
    »Ein Detektiv? Ich dachte, so was gäbe es nur im Fernsehen.« Sie öffnete die Flasche und goß mir Wasser ein. Sie selbst griff ohne aufzustehen zur Kaffeemaschine, die auf dem Bord stand, und schenkte sich ein.
    »Das gibt’s auch in Wirklichkeit. Ansonsten haben Sie recht: Ich versuche etwas über Regina Mallberg herauszufinden.«
    »Und was?«
    »Vor allem, wie sie umkam.«
    Sie nahm einen Schluck Kaffee. »Haben Sie das nicht in der Zeitung gelesen?«
    Ich ging nicht darauf ein.
    »Sie waren doch mit Regina eng befreundet. Ist Ihnen ihr Tod nicht nahegegangen?«
    Sie setzte die Tasse ab und machte ein ernstes Gesicht. »Das kann man wohl sagen. Aber ich hatte in letzter Zeit nicht mehr so viel Kontakt zu ihr …«
    »Was heißt ›in letzter Zeit‹?«
    »Na ja, so die letzten Monate.«
    »Haben Sie gewußt, daß Sie ein Kind erwartete?«
    Sie blickte erstaunt auf. »Nein. Wer hat Ihnen das gesagt?«
    »In ihrem

Weitere Kostenlose Bücher