Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tote vom Johannisberg

Die Tote vom Johannisberg

Titel: Die Tote vom Johannisberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
Vom Netzwerk:
ich mich an die Bergbesteigung.
    *
    Es war schon nach halb eins, als ich die Ronsdorfer Straße hinauffuhr.
    Jutta hatte mir aus Dankbarkeit für meine Gepäckträgerdienste ihr Luxusgefährt geliehen. Der BMW besaß Servolenkung, natürlich Airbags, Navigationssystem und Fernseher. Auch eine Klimaanlage, anwärmbare Sitze und eine exzellente Stereoanlage mit CD-Player. Auf der Autobahn lag die Reisegeschwindigkeit dieses Gefährts bei zweihundert Stundenkilometern. Wenn man jedoch durch Wuppertal wollte, hatte man dieselben Probleme wie jemand, der in einer uralten Ente sitzt: Sehr schnell wurde auch dieses Fahrzeug, das mehr kostete, als ich in meinem Detektivdasein je verdient hatte, im Stau zum Stehzeug.
    Als ich auf der Schnellstraße den Wasserturm passierte und auf der linken Seite das Kasernengelände sichtbar wurde, war es bereits zwanzig vor. Ich trat ordentlich aufs Gaspedal, die Tachonadel überquerte entgegen der Vorschrift die Hundertermarke.
    Ich bog rechts in die Erbschlöer Straße ein, dann ging es noch einmal links ab, und ich näherte mich dem Parkplatz vor dem städtischen Friedhof. Ein Auto stand neben dem anderen. Alles besetzt. Ich suchte mir weiter entfernt einen Platz und mußte an die dreihundert Meter zu Fuß zurückgehen.
    Mittlerweile war es zehn vor. Die Zeit drängte. Auf dem Rückweg kam ich wieder an dem Parkplatz vorbei, der von den Blechkarossen der Trauergäste überquoll. In einem silbernen Mercedes bemerkte ich einen glatzköpfigen Mann in dunklem Anzug, der unbeweglich auf der Fahrerseite saß. Er trug eine Sonnenbrille mit verspiegelten Gläsern. Eigenartig, bei dem trüben Wetter, dachte ich.
    Der Friedhof zieht sich in einem kleinen malerischen Tal dahin. Man geht von oben ein paar Stufen hinunter und kommt an einem kleinen Verwaltungsgebäude vorbei. Die Gräber sind links und rechts an den Steigungen wie in kleinen Terrassen angelegt; dazwischen stehen hohe Laubbäume, wahrscheinlich Buchen. Gleich am Eingang befindet sich die Totenkapelle. Hier war niemand mehr. Die Feier war offenbar vorbei.
    Ich betrat einen der Wege, die hinunter in das Tal führen. Auf der linken Steigung befindet sich der Teil mit neueren Gräbern. Dazwischen standen unbeweglich Schwarzgekleidete. Die Trauergemeinde. Es waren nicht viele Personen. Ich erkannte die Mallbergs. Dann noch drei, vier ältere Leute, die ich noch nie gesehen hatte. Die Sargträger. Den Geistlichen.
    Ich blieb hinter einer Hecke stehen. Eine Stimme wehte herüber. Es war offensichtlich der Pastor, der da sprach. Nach ein paar Minuten war die Zeremonie zu Ende. Langsam ging Frau Mallberg an das Grab, neben dem in einem Sandhaufen eine kleine Schippe steckte. Sie schaufelte dreimal Sand in die Grube und wandte sich dann ab. Dann kam Mallberg. Seine Miene war wie versteinert. Auch er schippte dreimal Sand hinunter, ging dann ein paar Schritte weiter zu seiner Frau. Die anderen Besucher gingen einzeln an das Grab. Dann kondolierten sie den Mallbergs; schließlich gingen alle gemeinsam hinauf in Richtung Ausgang. Bald lag der Friedhof wieder still da - eine kleine Idylle in der Stadt.
    Ich hatte gehofft, die Beerdigung würde mich irgendwie weiterbringen. Ich würde vielleicht andere beteiligte Personen zu sehen bekommen. Ich hatte nicht damit gerechnet, daß das Ganze in aller Stille stattfinden würde. Noch nicht einmal die Presse schien von der Beerdigung Wind bekommen zu haben, sonst wäre mindestens ein Fotograf hiergewesen. Wahrscheinlich hatte die Polizei so getan, als sei die Leiche noch nicht freigegeben worden.
    Plötzlich bemerkte ich auf der gegenüberliegenden Seite eine Bewegung. Dort gab es offenbar noch einen Beobachter außer mir. Auch er hatte hinter einer Hecke gestanden. Er kam nun heraus und ging zu dem offenen Grab hinüber. Wahrscheinlich ein Paparazzo, dachte ich. Der Mann hatte jedoch keine Kamera dabei. Er hielt zwar etwas in der Hand, doch es war eine Blume. Eine langstielige Rose.
    Er kam an dem Grab an und stellte sich eine Weile davor. Dann warf er die Rose hinein. Als er sich umdrehte, erkannte ich ihn. Ich hatte ihn bereits mehrmals auf Fotos gesehen, und einmal sogar leibhaftig auf der Bühne.
    Es war Satorius.

12. Kapitel
    Ich aß eine Kleinigkeit und besorgte mir einen DIN-A-4-Spiralblock -unabdingbares Utensil für ein Interview. Ich war wirklich gespannt, Satorius, diesen Helden des Wuppertaler Kulturlebens, persönlich kennenzulernen. Aber zuerst stand mir eine andere Begegnung bevor: die

Weitere Kostenlose Bücher