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Die Tote von Harvard

Die Tote von Harvard

Titel: Die Tote von Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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gekommen, daß er schwindeln könnte. Und als ich dort ankam, lag diese Janet Mandelbaum in der Wanne. Wir waren beide ziemlich entsetzt.«
    »Luellens Problem ist«, sagte Joan Theresa, »daß sie trotz allem, was sie mitgemacht hat, immer noch keinem Menschen etwas Böses zutraut.«
    »Wußten Sie zu dem Zeitpunkt, daß es Janet Mandelbaum war?«
    »Nein, das erfuhr ich erst später. Ich zog sie aus der Badewanne, ehe die Campusaufsicht kam. Alle anderen hatten sich bis dahin aus dem Staub gemacht – diese Helden! «
    »Auch Ihr Freund, den Sie vom Studium her kannten?«
    »Den hab ich nirgends gesehen und bin mir inzwischen nicht mal sicher, ob er überhaupt auf dieser Party war.«
    »Warum haben Sie ihn nicht gefragt?« sagte Kate.
    »Ich wollte mich so weit wie möglich aus der Geschichte raus-halten. Mir kam sogar der Gedanke, mein Mann könnte ihn angestiftet haben. Es wäre schlau eingefädelt gewesen: Mit einem Streich hätte er zwei Frauen in Verruf gebracht. Aber ich dachte, je weniger Aufhebens ich mache, desto besser.«
    »Was Frauen immer denken«, sagte Joan Theresa.
    »Die arme Janet jedenfalls hat so gedacht«, stimmte Kate zu.
    »Würden Sie mir den Namen des Mannes sagen, der Sie angerufen hat? Und auch den des anderen, den Sie vom Studium her kennen?«
    »Warum nicht? Wenn Joan Theresa Ihnen traut, dann ich auch.«
    Kate schob einen Notizblock über den Tisch, und Luellen schrieb die Namen hinein. »Der oberste ist der meines Freundes. Der andere der, der mich anrief. Er promoviert auch gerade bei den Anglisten.«
    »Hat die Polizei Sie nach den beiden gefragt?«
    »Nein.« Kate sah, wie die beiden Frauen Blicke wechselten.
    »Wir haben nichts von dem Anruf gesagt. Offenbar wußte die Polizei nichts davon. Die wußte nur, daß ich bei Janet war, als man sie fand. Das stand in ihren Protokollen, mehr interessierte sie nicht.
    Und ich hatte keine Lust, sie aufzuklären.«
    »Meinen Sie nicht, es wäre besser, die Wahrheit zu sagen, die ganze Geschichte?«
    Joan Theresa bedeutete Luellen mit einem Blick: Laß mich nur machen. »Hören Sie, Kate, ich weiß, daß Sie an eine Welt glauben, in der alle Polizisten ehrliche Menschen sind. Ich will ja nicht be-71

    haupten, daß es keine redlichen Polizisten gibt, aber die meisten Leute, die ich kenne, haben einfach nicht das Glück, auf sie zu sto-
    ßen. Aber wenn wir jetzt anfangen, unsere Weltanschauungen zu erörtern, kommen wir nicht weiter. Wir zumindest haben das Gefühl, daß die Polizei sich einen Dreck um Leute schert, die keine Macht haben.«
    Kate schwieg. Sie konnte Joan Theresa nicht widersprechen. Sie hatte genug von Reed gehört; und durch Reed kannte sie einen jungen Polizisten, der die New Yorker Polizei verlassen mußte, weil für jemanden, der die Machenschaften seiner Kollegen nicht deckte, kein Platz war. Kate war auch nicht naiv: Jemand, der so viel Zeit in Fakultätssitzungen verbracht hatte wie sie, wußte, daß das Ideal der Wahrhaftigkeit nur selten praktiziert wird. Die Leute glauben eben an das, was am bequemsten für sie ist, dachte Kate. Tja, und für mich ist es bequem, an die Polizei zu glauben. »Ich gebe zu«, sagte sie, »daß ich in meiner Jugend wahrscheinlich zu viele Filme gesehen habe, in denen das Gute siegt. Aber da ich mich nicht von allen Institutionen losgesagt habe, muß ich einfach daran glauben, daß es bis zu einem gewissen Grad anständig in ihnen zugeht. Aber davon mal abgesehen: Wenn die Polizei herausfindet, Luellen, daß Sie angerufen worden sind und das nicht erwähnt haben, werden Sie dann nicht schlecht dastehen?«
    »Wahrscheinlich. Aber wenn die Polizei es sich in den Kopf setzt, mich zu verdächtigen, stehe ich sowieso schlecht da.«
    »Ganz so ist es nicht. Schließlich haben wir auch noch unsere Gerichte. Und spätestens dort wird auf den Tisch kommen, daß Sie die Polizei belogen haben.«
    »Ich habe nicht gelogen. Ich habe nur Informationen zurück-gehalten. Übrigens – Sie sollen doch eine so große Detektivin sein.
    Sie können mich ja entlasten. Sie haben die richtigen Beziehungen und die richtigen Freunde, oder liege ich da falsch? So funktioniert es doch in Ihren Kreisen, oder nicht?« Sie sah Joan Theresa an. »Oder gehören wir nicht zu den Leuten, für die man seine Beziehungen spielen läßt?«
    Kate spürte, daß sie von Luellen, die jetzt wieder den Tränen na-he war, bei weitem nicht so angetan war wie von Joan Theresa. Aber wer dir sympathisch ist und wer nicht, mahnte sie

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