Die Tote von Harvard
das die Richter bestimmt beeinflussen. Luellens Anwalt hat ihr gesagt, sie müsse ein paar wirklich brave, biedere Bürger auftreiben, mit den richtigen Beziehungen und allem, die vor Gericht aussagen, daß sie der zuverlässigste und ausgeglichenste Mensch ist. Was ja auch stimmt. Na, und zur Verhandlung wird Luellen sich natürlich ver-kleiden.«
»Verkleiden?« sagte Kate. Sie waren stehengeblieben, und Jocasta legte sich Joan zu Füßen. Kate warf dem Tier einen Blick zu, als wäre es eine als Bullterrier verkleidete Schwester. »Verkleiden?«
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wiederholte sie.
»Entschuldigung«, sagte Joan. »Aber so nennen wir es, wenn sich jemand anzieht wie, wie…«
»Ich verstehe. Wie ich. Wegen meiner Kleidung würde ein Richter also auf mich hören und die Kinder dem zusprechen, den ich empfehle?«
»Das würde helfen. Wir haben ein paar solcher Outfits im Haus herumhängen – für Führerscheinprüfungen, Behördengänge und so was. Tut mir leid, ich wollte Sie nicht beleidigen. Außerdem meine ich nicht so was Elegantes, wie Sie anhaben, sondern, na, Sie wissen schon, irgendein Kleid mit Perlenkette und Handtäschchen.«
»Ersparen Sie mir die Einzelheiten«, sagte Kate. »Sie haben mir soeben mitgeteilt, was Sie mir ja auch schon in New York sehr deutlich gesagt haben: daß Sie Frauen wie mich auf jede nur denkbare Weise ausnutzen werden, um das zu bekommen, was Sie wollen.
Warum sollte ich mich von Ihnen ausnutzen lassen?«
»Gute Frage«, sagte Joan. Kate sah sie an und ihr wurde plötzlich klar, daß Joan Angst um Luellen hatte, und das nicht nur wegen der Kinder. Sie hatte Angst, daß Luellen voller Wut Janet in der Männertoilette im Warren-Haus umgebracht hatte – womöglich gar mit den Worten: So, jetzt bist du da, wo du immer hin wolltest! Vielleicht brauchte Luellen wirklich dringend Hilfe, und Joan Theresa bahnte den Weg.
Joan schien Kates Gedanken zu erraten, denn sie ging in die Offensive. »Wissen Sie«, sagte Joan. »Vielleicht glaubt die Polizei ja, Sie hätten Janet umgebracht. Wie steht’s denn mit Ihrem Alibi?«
»Ich weiß nicht«, sagte Kate. »Bisher ist noch nicht sicher, wann und wo sie gestorben ist.«
»Ist es denn nicht in der Männertoilette im Warren-Haus passiert?«
»Nein, sie wurde erst nach ihrem Tod dorthin geschafft.«
»Woran ist sie gestorben? In den Zeitungen stand nichts davon.«
»An Zyankali«, sagte Kate. »Sehr schnell und sehr qualvoll. Falls ich Näheres herausfinde, rufe ich Sie an. Eines kann ich Ihnen aber schon jetzt versprechen: Ich werde nicht schwören, daß Luellen ein prachtvoller Mensch ist, solange ich nicht davon überzeugt bin. So bieder bin ich und werde es wohl immer bleiben.«
»Dann«, sagte Joan, »mache ich mir keine Sorgen. Luellen ist ein prachtvoller Mensch und die geborene Mutter. Sie werden schon sehen. Im Augenblick ist sie nur durcheinander.«
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Alle drei bogen in die Cambridge Street ein.
»Zyankali«, sagte Sylvia später am Abend zu Kate. »Ich frage dich, wo kam das her?« Sylvia hatte die Beine hochgelegt und genoß die Aussicht.
»Das müssen wir unbedingt herausfinden«, sagte Kate. »Und ei-ne Menge anderer Dinge, wenn wir schon dabei sind. Verdammt, Sylvia, lassen wir alle unsere Beziehungen spielen – du deine zu Washington und den höheren Sphären der Harvard-Diplomatie und ich meine zu Wompompouchi oder wo sonst Reed gerade steckt. Die vielen Typen, die du kennst, werden dir doch einen Gefallen tun, wenn du sie darum bittest, oder nicht?«
»Wie erfrischend, Kate Fansler, der großen Detektivin, einmal in die Karten zu sehen! Als erstes bringt sie ihre Freunde dazu, Beziehungen spielen zu lassen! Hätte mir denken können, daß es so läuft.
Natürlich kenne ich eine Menge wichtiger junger Männer und auch einige nicht so junge, die etwas für mich tun würden. Auch Männer können sich heute nicht mehr so sicher sein, ob ihnen Frauen nicht eines Tages bei ihrer Karriere von Nutzen sein können. Nancy Mit-ford hat einmal gesagt, man müsse immer nett zu jungen Mädchen sein, denn man könne nie wissen, wen sie einmal heiraten. Na, diese Verhältnisse haben wir inzwischen Gott sei Dank ein wenig auf den Kopf gestellt. «
»Dein Wort in Gottes Ohr! Also gut, suchen wir uns jemand, der die Polizei hier überredet, uns wissen zu lassen, was sie bisher herausgefunden hat. Dieser ›Jemand‹ kann das so unauffällig tun, wie er es für richtig hält, und sich jeden Vorwand ausdenken, den er will.
Bei deinen
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