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Die Tote von Harvard

Die Tote von Harvard

Titel: Die Tote von Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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nicht vergessen, daß unsere arme Janet keines normalen Todes gestorben ist. Wo möchten Sie denn beginnen, Kate?« Kate befreite sich so graziös wie möglich aus der Umklammerung seines Armes.
    »Ich werde mir Mühe geben, Ihnen nicht zur Last zu fallen«, sagte sie bescheiden. »Wenn es Ihnen lieber ist, können wir Janets persönliche Dinge ja gemeinsam durchsehen.« Sie hoffte, sie klang nicht zu einladend. »Ich möchte mir die Wohnung vor allem deshalb ansehen, um Janet besser zu verstehen. Ich möchte einfach eine Vorstellung davon bekommen, wie sie hier gelebt hat«, fügte sie in etwas bestimmterem Ton hinzu. »Seit der Nacht oder dem Morgen ihres Todes wurde nichts angerührt. Bis auf den Staub und die abgestandene Luft hat sich also nichts verändert.«
    »Teufel, ja«, sagte Bill und riß ein Fenster auf. »Zum Ersticken hier drin. Sehen Sie sich bloß all die Bücher an«, sagte er und sah sich im Raum um. Alle Wände waren mit Regalen zugestellt. »Wie’s scheint, haben die ihr auch nicht weitergeholfen, wie?«
    »Nun«, sagte Kate, »das können wir schließlich nicht wissen, oder?« Sie mußte lächeln. Wenn jemand, der viele Bücher um sich hatte, in Bedrängnis kam, dann schienen all die Leute ringsherum, die keine Bücher besaßen, regelrecht Trost darin zu finden, daß die Bände sich nicht en masse erhoben hatten, um dem Unglücklichen beizustehen.
    »Ich will Ihnen mal meine Meinung sagen«, tönte Bill. »Hätte Janet gelebt wie eine ganz normale Frau, dann wäre das alles nicht passiert. Ich hab gar nichts dagegen, wenn Frauen einen Beruf haben
    – vorausgesetzt, Heim und Kinder kommen zuerst. Außerdem bin ich der Meinung, daß eine Frau, die keine Kinder hat, das Schönste im Leben verpaßt. Meinen Sie nicht auch?«
    »Wenn ich das auch meinte, müßte ich zugeben, das Schönste im Leben verpaßt zu haben. Und das können Sie nicht von mir erwarten«, sagte Kate; sie hoffte, es klang leichthin.
    »Na, manche können ja nichts dazu«, sagte Bill. »Der Tochter von ’nem Bekannten von mir mußten sie alles rausnehmen, Krebs!
    Da kann sie natürlich nur Kinder adoptieren. Aber es geht ja ums Prinzip. Und ich frage Sie: Was ist das Leben ohne Kinder?«
    Kate hütete sich, ihm das zu erzählen. Das Leben mit Kindern hatte gewiß seine schönen Seiten, aber manchmal wünschte sich 123

    Kate, die Eltern freuten sich lieber im stillen daran. Zu oft hatte Kate den Eindruck, daß sie sich mit ihren lauten Entzückensschreien selbst überzeugen mußten. »Ich glaube«, sagte sie, »daß Janet sich für das Leben entschied, das ihr lag. Vielleicht stellte es sich als schwieriger heraus, als sie angenommen hatte, aber das kann einem mit Kindern ja auch passieren, oder nicht?«
    »Ich will ja nur sagen, Janet hatte nichts anderes im Kopf als ihre Karriere. Sie wollte unbedingt eine berühmte Professorin werden –
    und dann, na, dann wurde sie ja auch tatsächlich nach Harvard berufen. Ich muß ehrlich gestehen, wir alle zu Hause waren baff. Ich hab zu meiner Frau gesagt: ›Stell dir vor, unsere gute alte Janet in Harvard, und nur Kerle um sie herum. Dabei kam sie noch nicht mal mit mir und Nick zu Rande, als wir Kinder waren.‹ Nick ist der andere Bruder. Janet war die Älteste und wollte natürlich das Heft in der Hand haben, und es machte sie rasend, daß sie’s nicht schaffte. Und da sagt meine Frau doch zu mir: ›Vielleicht wollte Janet ja bloß deshalb unbedingt so hoch hinaus, weil ihr, du und Nick, als Kinder so böse zu ihr wart.‹ Und dann meinte meine Frau noch, Janet wäre wohl irgendwann zu dem Schluß gekommen, daß alle Männer Schurken sind, na, und darauf ich zu ihr: So unrecht hätt sie damit ja gar nicht gehabt, unsere Janet.« Bill schien die letzten Worte mit einem Klaps auf Kates Rücken begleiten zu wollen, dem Kate aber geschickt auswich.
    »Janet war für die Ehe nicht geschaffen«, fuhr Bill fort. »Und als sie dann heiratete, mußte es unbedingt ein Jude sein. Nicht, daß man bei uns zu Hause was gegen Juden hätte! Aber das war eben typisch Janet. Gleich und gleich gesellt sich gern, sag ich immer. Ein Mädchen sollte nicht jemand heiraten, der ihrer Familie wildfremd ist.
    Wenn eins meiner Mädchen ankam und wollt ’nen Juden heiraten, würd ich aus der Haut fahren, und ich hab keine Angst, das auch laut zu sagen. Auf jeden Topf der richtige Deckel – die Ehe ist schon schwer genug ohne solche Sperenzchen.«
    »Damit haben Sie vermutlich recht«, sagte Kate. Diese

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