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Die Tote von Harvard

Die Tote von Harvard

Titel: Die Tote von Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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der fraglichen Nacht, der Nacht, ehe Janets Leiche in der Männertoilette des Warren-Hauses gefunden wurde, beschloß eine große Zahl von Erstsemestern, die ganze Nacht aufzubleiben und zu feiern. Was genau sie zu feiern hatten, weiß ich nicht, aber das ist ja auch unwichtig. Jedenfalls begannen sie im Weld-Haus, dann zogen sie durch einige der anderen Häuser; irgendwann mein-ten sie wohl, etwas frische Luft würde ihnen guttun und ließen sich ziemlich bekifft unter irgendwelchen Bäumen nieder. Für uns interessant daran ist, daß in jener Nacht so viele Kids auf dem Campus waren. Und egal, wie bekifft oder betrunken sie gewesen sein mö-
    gen, unser Detektiv hält es für ausgeschlossen, daß ihnen entgangen wäre, wenn jemand eine Leiche von irgendwoher ins Warren-Haus geschleppt hätte. Moment«, sagte Cunningham und hob die Hand.
    »Ich weiß, was du sagen willst. Ich hab es auch gesagt: Wenn man bedenkt, was Studenten heutzutage alles in der Öffentlichkeit tun, in welchem Zustand sie waren und daß sich junge Leute heute sowieso über gar nichts mehr wundern und grundsätzlich nichts ungewöhnlich finden – wie hätten sie da etwas merken sollen? Na, ich sag’s dir.«
    »Bitte«, sagte Kate.
    »Es hat sich nämlich herausgestellt, daß zwei Studentinnen just auf den Stufen vorm Warren-Haus die Nacht verbrachten. Daß unser Detektiv sie aufstöberte, war zum Teil Glück, vor allem aber seiner Geschicklichkeit zu verdanken. Jedenfalls kam unserem gewitzten und hochgebildeten Detektiv die Idee, zu prüfen, ob es in jener 132

    Nacht irgendwelche Beschwerden gab. Und es hatte welche gegeben, wiederholte sogar, von zwei Studentinnen, die im Weld wohnen.
    Und diese beiden sind nun wirklich interessant, denn sie paßten von Anfang an nicht ins Computerbild… unterbrich mich nicht… ich erklär’s dir schon. Um möglichst zueinander passende Studenten zu finden, die sich hier in einem der Häuser ein Zimmer teilen, ver-schickt die Harvard-Verwaltung Fragebögen an die frisch immatri-kulierten Studenten. ›Kann keinen Rauch vertragen, spiele nur Punk-Rock‹ und dergleichen. Klingt wie ein Alptraum, was? Aber das ist ja Gott sei Dank nicht unser Problem. Jedenfalls hatten diese beiden Mädchen als einzige eingetragen: muß RUHE haben, hasse Rockmusik und Lärm, will in Frieden arbeiten. Natürlich hat der Computer sie als Gespann ausgespuckt. Und bald waren sie das berüchtigte Paar vom Weld-Haus, das immer um Ruhe bat. Ich weiß nicht recht, ob die beiden die einzigen geistig gesunden Wesen in Harvard sind oder ob sie in einem Kloster besser aufgehoben wären. Aber ich fürchte fast, sie wären hier wie dort fehl am Platz.«
    »So abwegig kann ich die beiden nicht finden«, sagte Kate. »Als ich studierte, was weiß Gott entsetzlich war, hatte man wenigstens nachts seine Ruhe. Glaub mir, ich bin schon zu jeder Tages- und Nachtzeit über den Campus gegangen, und immer kam aus irgendwelchen Fenstern laute Musik oder anderer Lärm. Manchmal spielen die Kids ihre Platten mit voller Lautstärke regelrecht zum Fenster hinaus. Die beiden mögen ja langweilige Musterschülerinnen sein, aber wieso soll heute niemand mehr sein Recht auf Ruhe einklagen dürfen? Ich habe einmal mit meiner Nichte Leighton darüber gesprochen, worauf sie meinte, wer Ruhe haben will, soll sich Ohropax in die Ohren stecken. Ich fand es angebrachter, die Diskussion nicht fortzusetzen.«
    »Was mich sehr erstaunt bei dir«, sagte Cunningham. »Jedenfalls gaben die beiden die Hoffnung auf, Schlaf zu finden, gingen hinüber ins Studentenhaus und spielten Billard. Sie sind wirklich ein bemerkenswertes Paar, das muß man ihnen lassen. Später gingen sie dann zum Warren-Haus und verbrachten den Rest der Nacht auf der Treppe. Sie schwören, sie hätten die ganze Zeit über das menschliche Schicksal meditiert und nicht geschlafen. Sie sind felsenfest davon überzeugt, daß niemand das Warren-Haus hätte betreten können, und schon gar nicht mit einer Leiche, ohne daß sie es gemerkt hätten. Sie saßen dort bis zum Morgengrauen, bis der Verkehr begann. Und außer ihnen waren noch all die anderen Studenten auf dem Campus.
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    Deshalb ist unser Detektiv überzeugt, daß die Leiche nicht in der Nacht transportiert wurde. Das läßt zwar keine konkreten Schlüsse zu, aber doch einige Mutmaßungen.«
    »Welche?« fragte Kate.
    »Wirklich Kate, was ist nur mit dir los? Früher warst du schneller von Begriff. Na, daß Janet Mandelbaum

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