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Die Tote von Harvard

Die Tote von Harvard

Titel: Die Tote von Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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liegen.«
    »Na gut«, sagte Bill nach einer langen Pause. »Sie hat doch nichts hineingeschrieben, oder?« fügte er dann mißtrauisch hinzu.
    »Ich meine, irgendwas Persönliches?«
    »Mir ist nichts aufgefallen«, sagte Kate. »Sehen Sie doch am besten selbst nach.«
    Bill nahm das Buch, konnte aber nichts Handschriftliches darin entdecken. Mit einem Nicken gab er es ihr zurück. Kate schrieb einen Scheck über den Preis des Buches plus einem kleinen Zuschlag aus (Buchpreise steigen mit alarmierender Geschwindigkeit) und überreichte ihn Bill. »Vielen Dank, daß ich mich umsehen durfte«, sagte sie. »Vielen Dank für Ihre Großzügigkeit.«
    »Keine Ursache.« Jetzt, wo abzusehen war, daß Kate bald gehen würde, strahlte Bill wieder. Kein Zweifel, Kate war für ihn keine Frau, um die es sich lohnte, Aufhebens zu machen. »Falls Sie mal in den Mittelwesten kommen – besuchen Sie uns doch. Alles Gute!«
    Während Bills leere Phrasen ihr noch durch den Kopf hallten, floh Kate fort von Janets vorübergehendem Heim und die Treppe hinunter. Sie hatte das Gefühl, zu verstehen, warum Janet, die mit solchen Brüdern aufgewachsen war, später eher förmliche Beziehungen zu Männern vorzog. Bill, das mußte Kate zugeben, war dazu angetan, einem für den Rest des Lebens die Lust auf Sex zu nehmen.
    130

Elf
    Während der drei Jahrhunderte seines Bestehens hat sich Harvard von einem konfessionell gebundenen College für junge Männer zu einer angesehenen Universität entwickelt – ist dabei immer eine männliche Bastion geblieben, die sich sehr schwer tut, zu erkennen, daß sich in der Auffassung der Geschlechterrollen einiges verändert hat.

    Bericht des Komitees zur Untersuchung über den Status von Frauen an der
    Geisteswissenschaftlichen Fakultät

    »Ich habe dich hergebeten, Kate«, sagte John Cunningham am nächsten Tag, »weil die Detektei, die du unbedingt haben wolltest, etwas herausgefunden hat – aber nichts, was uns viel weiterhilft«, fügte er schnell hinzu, als er Kates erwartungsvollen Blick sah.
    »Trotzdem«, sagte er, »ich glaube nicht, daß das Geld zum Fenster hinausgeworfen ist. Die Detektei hat einen guten Ruf, und ob du es glaubst oder nicht, einer ihrer Angestellten war früher Philoso-phieprofessor. Irgendwann beschloß er dann zu leben, anstatt über das Leben nachzudenken, erzählte er mir. Und da er sich an Universitäten auskennt, gab ich ihm den Auftrag. Harvard habe ich übrigens informiert, daß er sich dort ein bißchen umsehen wird. Schließlich wollen wir uns nicht mehr Unannehmlichkeiten einhandeln als unbedingt nötig.«
    »Und Harvard hatte nichts dagegen?«
    »Sagen wir so: Ich habe den Rektor mit großem Zeremoniell darum gebeten. Außerdem darfst du natürlich nicht vergessen, daß ich ein berühmter und erfolgreicher Zögling von Harvards juristischer Fakultät bin, dieser Universität jährlich eine großzügige Spende zukommen lasse und darüber hinaus mit großem Erfolg ein Treffen meines Jahrgangs organisierte, bei dem nicht nur der 25. Jahrestag unseres Examens gefeiert wurde, sondern auch die Spenden so groß-
    zügig flossen wie der Alkohol.«
    »Und du hast damals Harvards ›juristische Rundschau‹ herausge-geben. – Sag mir eins«, sagte Kate, »angenommen, du wärst kein so herausragender Absolvent gewesen, sondern einfach guter Durchschnitt, hättest dich irgendwo als Anwalt niedergelassen und trätest meistens als Pflichtverteidiger vor Gericht auf – zum Beispiel von inhaftierten Frauen –, hättest also nie viel Geld gemacht und Harvard 131

    nie mehr als zehn Dollar im Jahr gespendet. Weiter angenommen, eine der Frauen, die du vertrittst, stände wie Moon unter Mordankla-ge. Hätte Harvard dir dann die Erlaubnis gegeben, dort herumzu-schnüffeln?«
    »Kate, wir beide sind reich und privilegiert, dein Problem ist nur, daß du, im Gegensatz zu mir, deswegen Schuldgefühle hast. Denn hättest du in Harvards juristischer Fakultät studiert, wärst auch du Herausgeberin der ›juristischen Rundschau‹ gewesen und hättest jedes Jahr einen Batzen gespendet. – Willst du nun hören, was die Detektei herausgefunden hat oder nicht?«
    »Entschuldige John. Ich fühl mich im Augenblick nicht gerade tipptopp, wie die Engländer sagen würden.«
    »Warum um Himmels willen sollten die Engländer so was sagen?
    Erklär es mir bitte nicht! Kommen wir lieber auf den Fall zurück, der uns beide so fieberhaft beschäftigt und bei dem sich folgendes herausgestellt hat: In

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