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Die Tote von Schoenbrunn

Die Tote von Schoenbrunn

Titel: Die Tote von Schoenbrunn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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was er bisher von sich gegeben hat, war, dass er einen Anwalt haben möchte.“
    „Und? Habt ihr ihm erlaubt, sich einen Anwalt zu nehmen?“
    „Nein. Natürlich nicht. Wir haben ihn die halbe Nacht lang in die Zange genommen. Aber er ist ein Sturschädel, macht seinen Mund nicht auf. Wir stellen uns den Tathergang auf Basis der Aussage von dem Krüppel Zoran folgendermaßen vor: Max von Gutbrunnen hatte sich mit seiner Geliebten in der Menagerie zu einer letzten Aussprache verabredet. Wir nehmen an, dass er sie zu erpressen versucht hat. Das können wir aus dem Inhalt ihrer Briefe schließen. Sie war anscheinend eine ziemlich resolute Person und hat ihm Paroli geboten. Laut Zoran hat sie ihn ja bis zur Weiß­glut getrieben. Und irgendwann, als ihm die Worte ausgegangen sind, hat er zur Mistgabel gegriffen und zugestochen. Eine ganz banale Geschichte. Aber ohne die Briefe, die du mir zukommen hast lassen, hätten wir keine Beweise gegen ihn.“
    Gustav wollte sich gerade darüber freuen, dass sein Freund ihm endlich Anerkennung für seine detektivischen Fähigkeiten zollte, als dieser hinzufügte: „Aber wenn dich dieser Reitlehrer wegen Einbruchs und Diebstahls anzeigen sollte, weiß ich von nichts. Ich werde sagen, dass sie mir von anonymer Hand zugespielt worden sind. Ganz sicher werde ich nicht meinen Kopf für dich hinhalten.“
    Gustav hatte plötzlich keine Lust mehr, Rudi weiter zu begleiten.
    „Ich hab vergessen, dass ich zum Lunch mit dem Erzherzog verabredet bin“, log er und machte kehrt.

24
    Auch an den folgenden Tagen langten Blumensträuße und versiegelte Kuverts bei den Karolys ein. Vera ließ sich nicht erweichen. Sie nahm keine der Einladungen von Graf Seckenberg an, schimpfte sogar über ihn, erklärte Gustav und Dorothea, wie impertinent und geschmacklos sie sein Verhalten fände.
    Der alte Graf benahm sich wie ein verliebter Gockel. Eines Tages passte er Vera tatsächlich zu Mittag vor den Hofstallungen ab, als sie gerade auf dem Weg zu einer Veranstaltung des Österreichischen Frauenvereins war. Er bot ihr an, sie mit seinem Landauer hinzubringen.
    „Ich hab ihm gründlich die Meinung gesagt. Er soll es noch einmal wagen, mich mit seinen Blumensträußen zu belästigen“, echauffierte sie sich, als sie heimkam, und zog sich sogleich in ihr Zimmer zurück.
    Gustav und Dorothea amüsierten sich königlich.
    Nachmittags machte sich Gustav auf den Weg zur Polizeidirektion. Er konnte kaum erwarten zu erfahren, was bei den weiteren Verhören des Reitlehrers herausgekommen war.
    Währenddessen saßen Vera und Dorothea bei einer Tasse Tee und kamen wieder einmal auf das unsäg­liche Thema Männer zu sprechen.
    „Hör bitte endlich auf, mich zu frotzeln. Die Avancen, die mir der Secki macht, konvenieren mir nicht. Ich kann es nicht leiden, wenn er sein Monokel aufsetzt und mich mit seinem vergrößerten Auge lüstern anstarrt. Er ist ein alter Mann, ich habe keine Lust, ihn zu pflegen, das hab ich schon mit meinen Eltern und meiner Schwester hinter mir …“
    Dorothea pflichtete ihr bei, konnte sich aber ein Lächeln nicht verkneifen.
    „Und was ist mit Graf Batheny?“, fragte sie. „Er scheint sich ja auch für dich zu interessieren. Er fragt mich häufig nach dir, fragt, was du machst, wie es dir geht …“
    „Ach hör auf, Dorothea! Ich will mit Männern nichts zu tun haben, das solltest du längst wissen. Das männliche Geschlecht bringt nur Unglück und Elend über uns Frauen. Denk an meine arme Schwester oder an unsere Kaiserin und an all diese armen Frauen in den Vorstädten mit ihren zwölf Kindern und ihren arbeitslosen Ehemännern.“
    „Deine beste Freundin, meine Mama, war glücklich mit Papa.“
    „Ausnahmen bestätigen die Regel. Ich rate dir, vergiss die Männer, liebe Dorothea, sie sind unser Ruin! Auch ich war einst jung und verliebt. Meine große Liebe war ein Feigling. Er hat eine andere, vermögendere Frau geheiratet. Ich teile also das Schicksal meiner geliebten Schwester. Graf Batheny, den du jetzt zu meinen Verehrern zählst, hat Giselle damals mit ihrem kleinen Sohn schmählich im Stich gelassen und eine Frau geehelicht, die seine Eltern für ihn ausgesucht haben.“
    „Was war das für ein Mann, den du geliebt hast? Darf ich das fragen?“
    „Du darfst. Aber ich werde dir nicht antworten. Ich muss jetzt wieder an meine Arbeit. Meine Artikel schreiben sich nicht von selbst. Geh nach Zürich studieren. In diesem konservativen Land wird es noch Jahre dauern,

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