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Die toten Mädchen von Villette

Die toten Mädchen von Villette

Titel: Die toten Mädchen von Villette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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man es erst mal kapiert hat! Er nennt sich Jacques nach dem jüngeren Bruder in »Die Thibaults«, mit dem er sich identifiziert hat, und Martin nach dem Autor, Roger Martin du Gard, das ist wie ein Anagramm, Jacques Roger Martin. Und er wohnt sogar an derselben Adresse wie die Familie Thibault im Roman.
    – Jacques Roger Martin de Wachter, sagte Bernadette tonlos, und er ist hinter Tatias Koffer her und hat schon gemordet, um das zu bekommen, was drin ist. Aber wo ist er jetzt?
    – In Villette, sagte Philippe mit erstickter Stimme, under soll heute Sophie fotografieren, Tatia soll dabeisein. Ich habe versucht, Martine anzurufen, und ich habe versucht, Tony anzurufen, damit sie die Sache aufhalten, aber ich habe niemanden erreicht, deshalb muß ich selber hinfahren.
    Sie hatten den Wald bei Groenendal passiert und waren auf die Autobahn Richtung Luxemburg gekommen. Die Nadel im Tachometer näherte sich 170 Stundenkilometern, und der Verkehr auf der Überholspur wich Bernadette aus wie die Wellen des Roten Meers Moses’ Stab.
    – Ruf weiter an, sagte Bernadette, ich habe ein Mobiltelefon im Handschuhfach.
    Philippe nahm das Mobiltelefon heraus. Es sah aus wie eine überdimensionale Fernbedienung. Bernadette erklärte, was er zu tun hatte, und er rief im Justizpalast in Villette an und erreichte eine weitere desinteressierte Telefonistin, die sagte, daß bei Martine besetzt sei, ein wichtiges Gespräch, das sie, sei ihr gesagt worden, nicht unterbrechen dürfe.
    – Dann Kommissar de Jonge, sagte Philippe und wartete, während die Telefonistin den Polizeikommissar suchte, der, wie Philippe wußte, mit Martine zusammenarbeitete. Nach einer Weile meldete sie sich wieder und sagte, der Kommissar sei leider nicht in seinem Dienstzimmer, und mehr könne sie da wirklich nicht tun.
    Er rief wieder in der Blinden Gerechtigkeit an, und diesmal hatte er mehr Glück. Tony war zurückgekommen und hörte mit einer Konzentration zu, die durch den Hörer spürbar war, während Philippe versuchte, die Gefahr, in der Tatia schwebte, mit so wenigen Worten wie möglich zu schildern.
    – Diesen Fotografen konnte ich nie leiden, sagte Tony, es wird mir ein Vergnügen sein, mich um ihn zu kümmern.
    Philippe konnte fast sehen, wie die Muskeln in seinen kräftigen Unterarmen anschwollen und seine dunkelblauen Augen hart wurden.
    – Ich gehe sofort zu Sophies Wohnung, aber es besteht die Gefahr, daß sie schon aufgebrochen sind. Du weißt nicht, wo sie ihre verdammte Fotosession machen wollten?
    – Leider keine Ahnung, sagte Philippe und legte auf.
    Ihm fiel ein, daß er vielleicht an seinem Arbeitsplatz anrufen und sagen sollte, daß er später oder eventuell überhaupt nicht kommen würde. Stéphanie hatte die frühe Schicht, und sie klang aufgeregt, als sie hörte, daß er es war.
    – Es waren Polizisten hier und haben nach dir gefragt, sagte sie eifrig, was hast du jetzt angestellt, Philippe?
    – Weiß ich doch nicht, sagte Philippe und versuchte, ungerührt zu klingen, meinst du, die wollten mich festnehmen?
    – Na ja, sagte Stéphanie mit gewissem Bedauern, sie hatten nicht direkt die Handschellen gezückt, und sie haben behauptet, sie wollten nur mit dir reden, weil du wichtige Informationen haben könntest. Ja, stimmt, ich habe eine Telefonnummer bekommen, und ich sollte dich bitten, da anzurufen, wenn du kommst, einen Untersuchungsrichter in Villette. Nein, nicht deine Schwester, es war jemand anders, warte mal, ich habe es irgendwo aufgeschrieben. Doch, da steht’s – François Cooremans heißt er.
    Sie las Philippe die Telefonnummer vor, der sie wiederholte, um sie sich einzuprägen.
    François Cooremans meldete sich sofort. Er klang aufrichtig dankbar dafür, daß Philippe ihn anrief.
    – Wir hatten einen Mord hier, sagte er, ein junger Mann, den wir nicht identifizieren konnten, und Martine, IhreSchwester, kam heute morgen mit Ihrer Tochter Catherine hierher, die gestern mit ihm hier in Villette zufällig zusammengetroffen war und sagte, daß Sie ihn kennen, und wissen, wer er war.
    – Verzeihung, sagte Philippe, ich verstehe nicht ganz. Meine Tocher hat in Villette ein Mordopfer identifiziert und gesagt, es war jemand, den ich kannte?
    – Genau, sagte der Untersuchungsrichter, Ihre Tochter sagte, daß er Giovanni hieß, ein Junge von zwanzig, fünfundzwanzig mit ziemlich langen Haaren und braunen Augen.
    Aus den Augenwinkeln sah Philippe, daß sich die Tachonadel jetzt 180 näherte. Bernadette war gefährlich nahe

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