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Die toten Mädchen von Villette

Die toten Mädchen von Villette

Titel: Die toten Mädchen von Villette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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fliehen?
    Drei tote Teenager ausgerechnet an dem großen Festabend von Villette – es war schwer, sich einen schlimmeren Alptraum vorzustellen.
    – Aber wir wissen noch nicht, ob sie ermordet worden sind, sagte sie, oder? Sie können in einem Klub irgendwelche Pillen bekommen haben oder auf eine elektrische Leitung getreten sein, oder …
    Christian nickte neben ihr.
    – Stimmt, sagte er, aber bis auf weiteres müssen wir vomSchlimmsten ausgehen und annehmen, daß es Mord ist. Aber tödliche Pillen in einem Klub wären fast noch schlimmer.
    – Wo sind die Jungen, die sie gefunden haben? fragte Martine.
    – Der eine ist ja in Richtung Zentrum geradelt, um die Notrufnummer anzurufen, sagte Christian, aber der zweite sitzt hier. Du willst ihn wohl gleich als ersten verhören. Er weiß, wer die Mädchen sind und wo sie wohnen, deshalb versuchen wir, einen kommunalen Polizeiinspektor aufzutreiben, der uns helfen kann, die Angehörigen zu verständigen. Der Junge sitzt da drüben auf dem Stein.
    Er nickte einer zusammengekauerten Gestalt ein Stück außerhalb des Lichtkreises der Scheinwerfer zu.
    Martine ging zu dem Jungen und stellte sich vor.
    – Ich heiße Gregory Vincent, sagte er, stand auf und verbeugte sich höflich. Er hatte dicke dunkle Haare, die ihm in die Augen fielen, trug Jeans und Jeansjacke und war vielleicht neunzehn, mit einem flaumigen Ansatz von Schnurrbart auf der Oberlippe und Spuren von Akne an den Wangen. Sogar im schwachen Widerschein der Scheinwerfer war zu erkennen, daß er blaß und unwohl aussah.
    Sie ließen sich in einem der Polizeiwagen nieder. Martine setzte sich mit Gregory auf den Rücksitz, Julie setzte sich auf den Beifahrersitz vorn und machte die Beleuchtung an der Decke an.
    – Aha, Gregory, sagte Martine, du hast also die Mädchen gefunden, kannst du erzählen, was passiert ist?
    Der Junge verschränkte die Arme über der Brust, als versuche er, sich selbst etwas zu wärmen. Er hatte Schweißperlen am Haaransatz und roch nach Bier.
    – Ja, Madame, sagte er fügsam, ja, Freddy und ich, wirwaren in Villette gewesen, und wir waren auf dem Heimweg, mit dem Fahrrad, meine ich. Dann mußte ich … ööh …
    Er sah die beiden Frauen verlegen an.
    – Ja, ich mußte also pissen, und das hier ist eine gute Stelle, man muß nicht direkt an der Straße stehen. Dann bin ich zum Fluß runtergegangen und hab da gepinkelt, und als ich fertig war und gerade den Reißverschluß hochziehen wollte, hab ich zufällig nach links geguckt, und da saß Sabrina, Mann, wie peinlich! Ich hab ja zuerst nicht gesehen, daß sie tot ist, da hab ich was zu ihr gesagt, aber sie saß einfach völlig still da, ohne sich zu bewegen. Und da bin ich zu ihr gegangen und hab ihren Arm angefaßt, und da hab ich gemerkt, daß sie tot ist.
    Er erschauerte bei der Erinnerung und sah Martine schuldbewußt an.
    – Und da hab ich gekotzt, ich konnte nicht anders, alles kam einfach hoch. Ich hab versucht, es über dem Wasser zu machen, aber ich weiß nicht, das ging vielleicht nicht. Und genau da hat Freddy mich gerufen, da hatte er Nadia gefunden, und dann fanden wir Peggy. Und da haben wir beschlossen, daß Freddy reinradeln und es anzeigen sollte, es ging ihm nicht so schlecht wie mir, und ich bin hiergeblieben und hab gewissermaßen aufgepaßt …
    – Weißt du, wie spät es war, als ihr die Mädchen gefunden habt? fragte Martine.
    Er zögerte.
    – Ich hab nicht auf die Uhr geguckt, sagte er, aber es muß gleich nach Mitternacht gewesen sein. Wir haben uns den Anfang des Konzerts angehört, aber dann sind wir abgehauen, diese Hiphopband, die spielen sollte, ist ja das letzte, und danach jede Menge Oper. Oper, was! Und wir sind schnell gefahren, vom Zentrum bis hier so zwanzig Minuten.
    – Du kennst anscheinend die Mädchen, sagte Martine, wie heißen sie, und wo kommen sie her?
    – Ja, das sind Sabrina Deleuze, sagte er, und dann die Bertrand-Mädchen, Peggy und Nadia, ihre kleine Schwester. Sie wohnen in Givray. Wir haben sie in Villette gesehen, sie wollten den letzten Bus nach Hause nehmen, aber dann ist es doch komisch, daß sie hier sind? Die Bushaltestelle ist ja an der Abzweigung nach Givray, und das ist fast einen Kilometer von hier, in Richtung Villette.
    Wir müssen rausfinden, ob die Mädchen den Bus erreicht haben, notierte Martine für sich, und wenn sie ihn nicht erreicht haben, wie sie dann nach Hause kommen wollten.
    – Du hast gesagt, du hast die Mädchen im Laufe des Tages schon gesehen,

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