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Die toten Mädchen von Villette

Die toten Mädchen von Villette

Titel: Die toten Mädchen von Villette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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sagte sie, wo war das?
    – Ja, Sabrina war ja mit in der Prozession, sagte er, sie war so ne Tänzerin auf dem Salome-Wagen. Nach der Prozession haben wir sie auf der Place de la Cathédrale gesehen, sie lief herum und wurde in dem Kostüm, das sie anhatte, fotografiert. Dann haben wir sie in einer Kneipe an der Grande Place, La Cave du Cardinal, getroffen, und da war sie mit den Bertrand-Mädchen. Ja, Sabrina und Peggy hängen ja immer zusammen, aber jetzt hatten sie auch Nadia bei sich.
    – Hast du gesehen, ob sie mit jemandem geredet haben? fragte Martine.
    – Ja, ein paar Typen, die ich nicht kenne, haben mit ihnen geschäkert und geflirtet. Vor allem mit Sabrina, sie ist aufgefallen, es gefällt ihr, im Mittelpunkt zu stehen.
    Er unterbrach sich.
    – Es gefiel ihr, im Mittelpunkt zu stehen, meine ich. Verdammt, wie schrecklich, ich kann nicht fassen, daß es wahr ist.
    – Habt ihr Autos auf der Straße gesehen? fragte Martine. Denk ein wenig nach, es kann sehr wichtig sein.
    Gregory überlegte eine Weile.
    – Ein paar Autos haben uns überholt, sagte er langsam, aber die kamen aus Villette. Ich meine, die können damit ja nichts zu tun haben, oder? Ich erinnere mich jedenfalls nicht, was für Autos es waren. Aber es war niemand, den ich kannte.
    – Dann bin ich vorläufig fertig, sagte Martine. Du siehst etwas mitgenommen aus. Möchtest du nach Hause gefahren werden? Das kann ich veranlassen. Du mußt eine Weile warten, aber du kannst so lange hier im Auto sitzen bleiben.
    – Ja, sehr gern, sagte er dankbar und kauerte sich in der Ecke des Rücksitzes zusammen, während Martine und Julie zu dem abgesperrten Gebiet zurückgingen. Alice Verhoeven war eingetroffen und hatte schon eine rasche Untersuchung der toten Mädchen vorgenommen, während Martine mit Gregory redete. Sie stand neben Christian de Jonge, immer noch in der mittelalterlichen Tracht, die sie früher am Tag bei der Prozession getragen hatte, noch ein surrealer Einschlag in einer schon surrealen Szene. Ihre Schatten fielen auf die Straße, lang und schwarz.
    – Kannst du schon irgend etwas sagen? fragte Martine, als sie Alice Verhoeven begrüßt hatte.
    – Ja, sagte die Ärztin, sie sind überhaupt noch nicht lange tot, sie haben kaum zu erkalten begonnen. Ich würde sagen, sie sind erwürgt worden, das Mädchen unten am Fluß mit einer Art Ligatur und die beiden anderen möglicherweise mit einem Arm, so.
    Sie demonstrierte, indem sie von hinten den Arm um Martines Hals legte, so daß ihre Armbeuge direkt vor Martines Kehlkopf lag.
    – Aber du könntest definitiv sagen, daß sie durch das Zutun eines anderen gestorben sind? Sie haben nicht irgendwo ein paar Drogen geknabbert oder so etwas?
    – Nein, du kannst ruhig davon ausgehen, daß sie ermordet worden sind, sagte Alice Verhoeven.
    – Anzeichen von sexuellen Übergriffen?
    Alice Verhoeven runzelte die Stirn.
    – Nicht bei den beiden armen Kleinen, die hier oben im Gras liegen. Bei der Kleinen unten am Fluß bin ich weniger sicher, etwas ist in ihre Vagina eingeführt worden, aber möglicherweise nach dem Tod, da ist fast kein Blut. Aber darüber kann ich nach der Obduktion mehr sagen. Ich fange mit ihr an, sobald die Körper ins Leichenschauhaus gekommen sind und ihr sie offiziell habt identifizieren lassen. Es ist wohl das Beste, ich fahre zuerst nach Hause und ziehe mich um.
    Sie hob ihre mittelalterlichen Röcke und ging zu ihrem Mercedes, der außerhalb der Absperrung geparkt war.
    – Was für ein verdammter Alptraum, sagte Christian wie ein Echo von Martines eigenen Gedanken. Drei tote Teenager und ein Sexualmörder, der in Villette frei herumläuft, an einem Abend, an dem die ganze Stadt auf den Beinen ist und das Bier praktisch die Straßen runterfließt. Das gibt morgen die totale Panik, keiner wird sich daran erinnern, was ihm eventuell aufgefallen ist, an Details, die für uns bedeutsam sein könnten.
    – Und vergiß nicht die Busladung europäischer Journalisten, die hergekommen sind, um zu hören, was für eine wunderbare Kulturhauptstadt Villette ist, sagte Martine düster, ganz zu schweigen von den Fernsehteams, die wegen der Prozession und dem Konzert hier sind. Wir werden morgen viele Nachrichtensendungen anführen, fürchte ich.Wir müssen wohl eine Pressekonferenz abhalten, auch wenn ich nicht weiß, was wir sagen sollen.
    Sie fröstelte in ihrem dünnen Leinenhemd, als ein Zug kalter, feuchter Luft vom Fluß hereinzog. Wie unglaublich dumm, mitten in der Nacht

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