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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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feststellen können, um wessen Fahrzeug es sich handelte. Der Vigile redete sich mit der Vorschrift bei Notfällen heraus. Gasgeruch sei gemeldet worden, was hätten sie schon anderes tun können. Ob er es vorgezogen hätte, in die Luft zu fliegen, fragte er, und Laurenti legte mißmutig auf. Dann stopfte er den Anzug in eine Plastiktüte und machte sich zu Fuß auf den Weg zur Reinigung in der Via Lazzaretto Vecchio. Als Silvana ihn freundlich begrüßte, nach Laura und den Kindern fragte und über den Gestank seines Anzugs scherzte, rang er sich ein müdes Lächeln ab. Erst auf dem Rückweg ordneten sich seine verwirrten Gedanken.
    Irgendwann waren sie zum Du übergegangen. Sie hatten ausgezeichnet zu Abend gegessen und viel getrunken. Rohe Seezunge? Ja, sie hatten wirklich rohen Fisch gegessen, das hatte er nicht geträumt. Sie hatten sogar darüber geredet, daß sie nicht mehr fahren sollten und es vernünftiger wäre, ein Hotel zu suchen. Wäre das wirklich vernünftiger gewesen? Proteo Laurenti war plötzlich nicht mehr so sicher. Andererseits …
    Heute früh würde er zu Hause endlich sauber machen, den Müll, die Pizzaschachteln, Bierflaschen, Kippen und den Kaffeesatz in feste, schwarze Plastiksäcke füllen. Er durfte diese Guati im Schlafzimmer nicht vergessen, die dort vor sich hinstanken. Eine neue Kaffeemaschine mußte er auch kaufen. Außerdem Zeitungen und Lebensmittel. Er verspürte große Lust, Ordnung zu machen. Aber zum Einkaufen brauchte er den Wagen. Also rief er Sgubin an, damit er ihn zum städtischen Abschleppplatz brachte. Zwanzigtausend Lire für ein Taxi, das war ihm zuviel. Er hatte in den letzten Tagen dem Staat schon genug Geschenke gemacht: die Bücher, die Reinigung, das Abendessen in Cittanova.
     
    Als er auf die Straße kam, wartete Sgubin schon auf ihn.
    »Buongiorno, Antonio.«
    Sgubin runzelte die Stirn. Sein Chef nannte ihn nur sehr selten beim Vornamen. Erstaunlich genug, daß er ihn überhaupt behielt.
    »Wie geht’s?«
    Laurenti winkte ab. »Fahr mich bitte hoch zu den Vigili Urbani, die Dummköpfe haben meinen Wagen abgeschleppt.« Der Blick, den er ihm zuwarf, machte Sgubin klar, daß eine witzige Bemerkung über das Verhältnis des Chefs zu seinem Wagen fehl am Platz war.
    »Was war gestern noch los?« fragte Laurenti.
    »Du hast nichts verpaßt. Wir waren zweimal auf dem Viale XX Settembre, weil einer von den Rechtsextremen mit einer Axt Bier bestellen wollte. Ein anonymer Anruf. Als die Streife eintraf und ihn festnahm, rotteten sie sich zusammen. Die Kollegen mußten Verstärkung anfordern. Die Typen sind dann sofort verduftet. Das ist der Nachteil des Viale. Zuviele Bars. Die haben sich einfach in die Kneipen in der Nähe verdrückt. Aber von zweien haben wir die Personalausweise und ein paar andere haben die Kollegen in der Kartei erkannt. Sie werden heute vernommen. Es würde mich wundern, wenn sie nicht bald redeten. Bevor es ihnen selbst ans Leder geht, packen die meisten aus.«
    »Ist die ›Bellavia‹ endlich zu?«
    »Ja. Das Ordnungsamt war um achtzehn Uhr endlich soweit.«
    »Und sonst?«
    »Nicht viel.«
    »Dann ist ja gut.« Laurenti sank in seinen Sitz zurück und legte unter dem kritischen Blick Sgubins seine Beine auf die Ablagefläche unter der Winschutzscheibe. »Halt mal da vorne kurz an. Ich will mir den ›Piccolo‹ kaufen.«
    Sgubin hielt am Ende der Via Diaz auf einem Behinderten-Parkplatz.
    »Bin gleich zurück«, sagte Laurenti und ging in den Laden, in dem er sich auf dem Weg zur Arbeit sonst jeden Morgen die Zeitungen holte. Außer in dieser Woche. Zuletzt war er am vergangenen Sonntag hier, als die Bora nera den Schnee durch die Stadt trieb.
    »Warst du Skilaufen?« fragte Gianna, als er den Laden betrat.
    »Ja, daher die Farbe«, sagte Laurenti, der wie ausgekotzt aussah.
    »Laura habe ich auch die ganze Woche nicht gesehen. Ich dachte mir schon, daß ihr unterwegs seid. Willst du den ›Piccolo‹?«
    »Ja. Und den ›Corriere‹ auch«, sagte er wie jeden Samstag.
    »Dreitausendsiebenhundert.«
    »Gib mir bitte noch eine Schachtel Marlboro und ein rotes Feuerzeug.«
    Gianna runzelte die Stirn. »Schon das zweite Mal in dieser Woche, Proteo.« Sie legte die Zigaretten auf den Tresen. »Ich dachte, du rauchst nicht.«
    »Sag mal, Gianna, überwachst du mich? Ich rauche wirklich nicht! Die brauche ich für die Arbeit. Was machts?«
    »Zehntausendachthundert und grüß Laura von mir.«
    »Wenn ich sie sehe«, murmelte er übellaunig vor

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