Die Toten vom Klan
schleudern würden, das aber taten sie nicht. Sie behielten mich im Griff und stiegen mit mir abwärts.
Gefesselt war ich nicht. Ich ließ sie noch in dem Glauben, bewußtlos zu sein, und versuchte, einigermaßen klare Gedanken zu fassen. Der Hieb hatte meinen Hinterkopf erwischt, dort befand sich auch das Schmerzzentrum, und von da strahlte es auch ab. Es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren. Ich fühlte mich auch nicht besonders. In meiner Kehle kratzte es, ich hatte Durst, glaubte aber nicht, daß man mir einen Schluck Wasser gönnen würde. Dann schaukelte es heftig. Meine Träger hatten eine gewisse Distanz überwunden, bevor sie zu Boden sprangen. An der rechten Schulter rutschte ich einem weg, schlug allerdings nicht zu Boden, denn der Mann konnte mich im Nachfangen greifen.
Sie schleppten mich ab. Da ich ihre Schritte nicht hörte, nahm ich an, daß wir über einen weichen Boden gingen. Zudem drang mir ein Geruch in die Nase, den ich kannte, der mir trotzdem nicht geheuer war. Es stank nach fauligem Wasser. Wenn die Schritte gesetzt wurden, hinterließen sie quietschende Geräusche, als würden die Schuhe in Wasser treten.
»Das Feuer!«
Jemand sagte diese beiden Worte. Sie reichten aus, um mich zu alarmieren. Wieder öffnete ich ein wenig die Augen. Es war dunkel geworden. Den Himmel sah ich als graue Fläche hoch über mir. Davor malte sich das Geäst zahlreicher Bäume ab. Blätter zitterten im leichten Nachtwind, der den Geruch von Fäulnis gegen meine Nase wehte.
Ab und zu huschten Lichtspeere durch die Nacht. Sie bewegten sich in einem bestimmten Rhythmus, streiften mal mein Gesicht, wobei ich dann die Augen rasch zukniff.
Aber ich hatte genug gesehen.
Eingerahmt wurde ich von den Männern in den weißen Kutten. Die Mitglieder des Klans schienen vollständig versammelt zu sein. Ich hatte versucht, sie zu zählen. Sechs waren es mindestens. Dann fauchte etwas.
Fackeln waren angezündet worden. Die tanzenden Flammen erhellten die Nacht mit ihrem gespenstischen Licht, schufen ein Muster aus rotem Schein und tiefdunklen Schatten. Wie lange wir unterwegs waren, wußte ich nicht, aber wir gelangten an eine Stelle, die sich die Vermummten ausgesucht hatten. Vielleicht der Ort, wo ich sterben sollte. Sie ließen mich einfach fallen. Für einen mir lang vorkommenden Moment zuckte der Schreck durch meine Glieder, nun tief in einen Schacht oder ein Loch zu fallen. Zum Glück geschah dies nicht.
Ich landete rücklings auf dem weichen Grasboden und spürte, wie die Halme mein Gesicht kitzelten, als wären sie streichelnde Finger. Hände tasteten über meinen Körper, was gar nicht nötig war, denn meine Beretta hatte man mir abgenommen. Den Dolch war ich auch losgeworden, nur das Kreuz hatten sie nicht als Waffe erkannt. Es lag auf meiner Brust, verborgen durch den Hemdstoff.
»Du bist doch wach, verdammter Engländer!«
Meine Güte, die Stimme! Wo hatte ich sie schon gehört? Ich überlegte, kam zu keinem Ergebnis und konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken, als mich ein Fußtritt an der Hüfte traf.
»Mach die Augen auf!«
Ich gehorchte, um mir weitere Tritte zu ersparen. Was ich zu sehen bekam, war deprimierend genug.
Ich lag im weichen Sumpfgras und spürte unter mir das Brackwasser. Das alles ließ sich verkraften. Viel schlimmer waren die Gestalten, die mich umstanden.
Die Leute vom Klan!
Es gab keinen unter ihnen, der nicht diese verdammte Vermummung zeigte.
Kapuzen, die ihre Gesichter bedeckten und an ihrem oberen Ende spitz zuliefen. Sie ließen nur die Schlitze für die Augen frei und schienen nahtlos überzugehen in die bodenlangen Kutten.
Ich konnte nicht erkennen, wer von ihnen die Gruppe anführte, möglicherweise war es der Mann, dessen Stimme mir bekannt vorkam und der sich aus dem Kreis der übrigen gelöst hatte und einen Schritt vorgetreten war.
Erstarrte auf mich herab.
Noch brannten nur die Fackeln. Die Träger standen etwas weiter entfernt, so daß man von Lichtverhältnissen nicht sprechen konnte und wir von einer zuckenden Welt aus roten Flecken und dunkleren Schatten umgeben waren.
Es fiel mir nicht leicht, aber ich hielt dem Blick des Mannes stand. Er beugte sich noch tiefer. Seine Augen strahlten eine gänsehauterzeugende Boshaftigkeit aus.
»Du wirst der erste Weiße seit langem sein, der hier sein verdammtes Leben verliert.«
»Wollt ihr mich teeren und federn?«
»Vielleicht.«
»Und dann?«
»Wartet auf dich jemand.«
»Mr. Voodoo, wie?«
Der Vermummte
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