Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Titel: Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
Vom Netzwerk:
nicht?
    »Inspector Jefe, meines Wissens leiten Sie die Ermittlungen im Todesfall Ihres Kollegen Inspector Jefe Alfonso Montes.«
    Falcón schwieg zwei Minuten lang, in denen Guzmán mehrmals blinzelnd aufblickte wie ein unter der Erde lebendes Tier.
    »Verzeihung, Inspector Jefe«, sagte er dann, »aber das ist die unverfänglichste Eröffnungsfrage, die mir einfällt.«
    Falcón beugte sich vor und schaltete das Diktiergerät aus.
    »Sie wissen, dass ich Ihnen, solange dieses Gerät läuft, nur die nackten Fakten nennen kann.«
    »Nun, das wäre doch ein Anfang«, sagte Guzmán, »und dann ist es an mir, Ihnen den Rest aus der Nase zu ziehen. So läuft das in meiner Branche für gewöhnlich.«
    »Sie kennen die Fakten bereits«, sagte Falcón. »Ein Polizist hat sich in den Tod gestürzt. Die eigentlich interessante Geschichte liegt in den persönlichen Gründen, die ihn dazu getrieben haben.«
    »Und wie kommen Sie darauf, dass ich mich für diese persönlichen Gründe interessiere und nicht zum Beispiel eine Enthüllungsstory über ›Korruption bis ins Herz der lokalen Regierung und Verwaltung‹ recherchiere?«
    »Möglicherweise kommt das am Ende dabei heraus, aber Sie müssen mit der persönlichen Geschichte anfangen. Sie müssen die Gründe verstehen, die einen angesehenen und nicht erkennbar lebensmüden Beamten dazu gebracht haben, etwas so Drastisches zu tun.«
    »Muss ich das?«, fragte Guzmán. »Normalerweise halten sich Journalisten oder zumindest solche mit meinem Ruf an die Fakten. Wir berichten über Fakten, stützen uns auf Fakten und schließen von kleinen Details, die wir entdecken, auf größere Zusammenhänge.«
    »Dann schalten Sie Ihr Gerät wieder ein, und ich werde Ihnen die offiziell bestätigten Fakten zum Tod eines bei seinen Leuten und seinen Vorgesetzten hochangesehenen und geschätzten Kollegen vortragen.«
    Guzmán legte Block und Stift auf den Tisch, lehnte sich zurück und musterte Falcón. Er spürte, dass er, wenn er die richtigen Worte fand, profitieren konnte und dass es dabei nicht nur um seine Arbeit ging. Er war allein nach Sevilla gekommen, bewundert und, so glaubte er, respektiert von den Journalistenkollegen – aber allein. Er konnte einen Freund gebrauchen, und diese Möglichkeit erkannte er in seinem Gegenüber auf der anderen Seite des Schreibtischs.
    »Ich habe immer alleine gearbeitet«, sagte er nach längerem Nachdenken. »Das musste ich, weil es in bedrohlichen Situationen einfach zu gefährlich war, mit der Unberechenbarkeit anderer Menschen zu operieren. Ich wollte immer nur für meine eigenen Gedanken und Taten verantwortlich und nicht das Opfer anderer sein. Ich habe zu viel Zeit in der Gegenwart gewalttätiger Menschen zugebracht, um gedankenlos zu sein.«
    »In einer Geschichte wie dieser schwingt immer etwas von einer Tragödie mit«, sagte Falcón. »Die einen fühlen sich verletzt und verraten, während andere unter Verlust und Trauer leiden.«
    »Wie Sie sich vielleicht erinnern, Inspector Jefe, habe ich eine Reportage über die Todesschwadronen der Guardia Civil gemacht, die von der Regierung losgeschickt wurden, um terroristische Zellen der ETA auszuschalten. Ich begreife die Tragödie des Verrats von Werten im Allgemeinen wie im menschlichen Sinne. Die Auswirkungen waren überall spürbar.«
    »Um eine Richtung für ihre Ermittlungen zu finden, müssen Polizisten Vermutungen nachgehen, die vor Gericht unzulässig sind«, sagte Falcón.
    »Ich habe Ihnen ja gesagt, dass ich an die Fakten glaube«, sagte Guzmán, »aber das hat Ihnen scheinbar nicht besonders gefallen.«
    »Informationen sind keine Einbahnstraße«, sagte Falcón und lächelte zum ersten Mal.
    »Einverstanden.«
    »Wenn Sie etwas Explosives entdecken, erzählen Sie es immer zuerst mir, bevor es in Ihrer Zeitung erscheint.«
    »Ich werde es Ihnen erzählen, aber ich werde es nicht verschweigen.«
    »Okay, also die Tatsachen: Ich kannte Montes bis Ende letzter Woche überhaupt nicht. Ich war und bin immer noch mit den Ermittlungen im Todesfall Rafael Vega beschäftigt.«
    »Der verdächtige Selbstmord von Santa Clara«, sagte Guzmán, nahm seinen Block und zeigte mit dem Stift auf Falcón. »Pablo Ortegas Nachbar. Krise in der Gartenstadt – das ist übrigens keine wirkliche Schlagzeile.«
    »Ich bin in einem Adressbuch auf ein paar Namen gestoßen, unter anderen auch auf Eduardo Carvajal«, sagte Falcón.
    »Der Anführer des Pädophilen-Rings, der bei einem Autounfall ums Leben

Weitere Kostenlose Bücher