Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)
gekommen ist«, erinnerte sich Guzmán. »Sachen, die stinken, vergesse ich nie. Wird Ihre Ermittlung etwa auch diese Jauchegrube aufstemmen?«
Falcón hob nervös die Hand und befürchtete schon, einen Pakt mit dem Teufel geschlossen zu haben.
»Ich kannte den Namen aus einer früheren Ermittlung, also habe ich Montes aufgesucht und nach Carvajal gefragt. Er hat damals im Fall des Pädophilen-Ringes ermittelt.«
»Okay. Verstehe. Sehr interessant«, sagte Guzmán, und Falcón bewunderte leicht beunruhigt seinen flinken Verstand.
Also versuchte er, sich zurückzuhalten, als er von seinem Gespräch mit Montes berichtete, in dem es um Carvajal, die russische Mafia, den Menschenhandel und seine Auswirkungen auf die Sex-Industrie gegangen war. Dann erzählte er von den beiden von Iwanov und Zelenov finanzierten und von Vega Construcciones ausgeführten Projekten und davon, wie er Montes zweimal nach den Russen gefragt hatte, einmal, als jener sehr betrunken zu sein schien.
»Ich wollte heute Morgen mit ihm reden«, sagte Falcón, »aber ich habe es nicht mehr rechtzeitig geschafft.«
»Glauben Sie, dass er bestechlich war?«, fragte Guzmán.
»Dafür habe ich keinerlei Beweise außer seinem Timing und einem Abschiedsbrief, der meiner Ansicht nach einen hässlichen Unterton hatte«, sagte Falcón und gab Guzmán den Brief. »Nur zur persönlichen Ansicht.«
Guzmán las den Brief und runzelte nachdenklich die Stirn, als wäre sein nüchterner Verstand nicht geneigt, Falcóns fantasievollerer Deutung zuzustimmen.
»Welcher andere Name in Vegas Adressbuch hat Ihre Aufmerksamkeit geweckt?«, fragte Guzmán, als er Falcón den Brief zurückgab.
»Der verstorbene Ramón Salgado«, sagte Falcón. »Es könnte auch völlig harmlos sein, weil Salgado ein Gemälde für Vegas Büro geliefert hat. Aber nach Salgados Ermordung im vergangenen Jahr haben wir auf der Festplatte seines Computers erschütterndes kinderpornografisches Material entdeckt.«
»Da sind aber noch einige ziemlich große Lücken zu füllen«, stellte Guzmán fest. »Was ist Ihre Theorie?«
Wieder machte Falcón eine beschwichtigende Geste. Es gäbe noch mehr zu berücksichtigen, meinte er, und erzählte Guzmán vom geheimen Leben des Rafael Vega.
»Wir hoffen, dass das FBI eine Akte über ihn hat und uns bei seiner Identifizierung helfen kann«, sagte Falcón.
»Sie glauben also, dass er eine Vergangenheit hatte, die ihn eingeholt hat?«, frage Guzmán. »Was dann eine komplett andere Geschichte wäre als eine mögliche Verbindung zu Carvajals Pädophilen-Ring?«
»Die Situation ist mit der Entdeckung von Vegas geheimem Leben komplizierter geworden«, sagte Falcón. »Meine ursprüngliche Theorie habe ich entwickelt, als mir die Namen aus seinem Adressbuch ins Auge fielen. Nachdem ich zum ersten Mal mit Montes gesprochen und eine Verbindung zwischen Vega und den Russen entdeckt hatte, begann ich zu glauben, dass Vega möglicherweise Carvajals Rolle als Kuppler des Pädophilen-Rings übernommen hatte. Aber das Problem dieser Theorie ist, dass ich keinen Hinweis auf ein pädophiles Interesse Vegas gefunden habe, nur seine Verbindung zu Leuten mit solchen Neigungen und die vorteilhaften Geschäftsbedingungen, die er den Russen einräumt.«
»Was hat Sie an einem Selbstmord Vegas zweifeln lassen?«, fragte Guzmán.
»Die Methode, die Sauberkeit des Tatorts und die Tatsache, dass es zwar eine Botschaft gab, man diese aber nicht direkt als Abschiedsbrief bezeichnen kann. Später haben wir überdies herausgefunden, dass Vega den Abdruck seiner eigenen Handschrift nachgezeichnet hat, als ob er selbst herausfinden wollte, was er geschrieben hat.«
»Und was hat er geschrieben?«
»›…in der dünnen Luft sein, die ihr atmet, vom 11. September bis…‹«
»Der 11. September?«, fragte Guzmán.
»Wir vermuten, dass es sich in irgendeiner Weise auf Amerika bezieht.«
»Als Sie mir von seinem geheimen Leben erzählt haben, haben Sie von einer Verbindung nach Amerika gesprochen, die Sie vermuten lässt, dass er mittel- oder südamerikanischer Herkunft war. Nun, die meisten Menschen haben das wegen der Ereignisse in New York im letzten Jahr vergessen, aber es gab zwei 11. September, müssen Sie wissen. Was glauben Sie, woher ich stamme, Inspector Jefe?«
»Sie haben einen Madrider Akzent.«
»Ich habe fast mein ganzes Leben in Madrid gelebt«, sagte er, »deshalb vergessen die meisten Menschen, dass ich eigentlich Chilene bin. Der erste 11. September,
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