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Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Titel: Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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bestimmt nicht durch die jüngsten Geschehnisse ausgelöst worden, sondern steht am Ende einer ganzen Reihe von Ereignissen. Ich bin ans Ende meines Weges gekommen und musste feststellen, dass es eine Sackgasse war, ohne Möglichkeit der Umkehr, um all das noch zu tun, was ich hätten tun sollen. Es gab nur einen Ausgang, den ich klaren Blickes, wenngleich nicht mit reinem Gewissen gewählt habe.
    Meine Gründe, mir selbst das Leben zu nehmen, sind die einzigen Gründe, die es für einen Selbstmord gibt. Ich bin schwach und egoistisch. Ich habe meinen Sohn vernachlässigt. Und so ist es mit all meinen familiären und persönlichen Beziehungen gewesen, und der Grund dafür ist vermutlich meine Eitelkeit. Der Preis dafür war Einsamkeit. Mein Sohn sitzt im Gefängnis. Meine Familie ist meiner überdrüssig. Meine Gemeinschaft hat mich verbannt. Meine Zunft meidet mich. Für den Fall, dass Sie es nicht wissen, Eitelkeit braucht ein Publikum. Das Leben in Isolation ist mir unerträglich geworden. Ich habe keinen, vor dem ich auftreten kann, deshalb bin ich niemand.
    Wahrscheinlich wirkt es absurd, dass ein Mensch von meinem Ruhm und meinen bequemen Lebensumständen dieses Ende gewählt hat. Ich spüre, dass ich kurz davor bin, zu weitschweifigen Erklärungen auszuholen, aber am Ende würde nur der Torre Muga seine Stimme erheben. Ich bitte um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten, Javier. Bitte geben Sie den anderen Brief meinem Sohn Sebastián. Ich hoffe, es gelingt Ihnen, ihm dort zu helfen, wo ich so einzigartig versagt habe.
    Con un abrazo
    Pablo Ortega
    P.S.: Ich habe Ihnen meine Sammlung nicht mehr gezeigt. Bitte genießen Sie sie nach Belieben.
    P.P.S.: Bitte benachrichtigen Sie meinen Bruder Ignacio. Seine Nummer steht in dem Adressbuch auf dem Küchentisch.
    Falcón las den Brief mehrmals durch, bis er von dem Geräusch einer elektrischen Winde aus seinen Gedanken gerissen wurde. Er stand in der Tür, als Ortegas verschmierter und aufgeblähter Leichnam durch das Loch im Boden gehievt wurde. Der Notarzt zog ihn zur Seite und ließ ihn auf den Betonboden nieder. Ortega hatte sich einen großen, flachen Stein an die Brust gebunden und einen weiteren in seine blauen Shorts gestopft. Falcón rief den Médico Forense und bat Felipe, weitere Fotos zu machen. Dann setzte er sich zu Alicia Aguado und las ihr Ortegas Brief vor.
    »Ich glaube nicht, dass er so betrunken war, wie er tut.«
    »Ich habe drei leere Flaschen Muga gefunden.«
    »Die hatte er aber noch nicht intus, als er den Brief geschrieben hat«, sagte sie. »Er hat seine Schuld bekannt, aber sehr genau darauf geachtet, nichts Konkretes zuzugeben. Dass er bestreitet, dass der Selbstmord etwas mit den ›jüngsten Ereignissen‹ zu tun hat, ist interessant. Ein klassischer Fall von Leugnung. Er kann sich dem, was seiner Ansicht nach durch die jüngsten Ereignisse enthüllt werden wird, nicht stellen.«
    »Die einzigen mir bekannten jüngsten Ereignisse sind Rafael Vegas Tod und mein Angebot, seinem Sohn zu helfen.«
    Cristina kam von der Befragung der wenigen anzutreffenden Nachbarn zurück. Am gestrigen Vormittag hatte Ortega seine Hunde ausgeführt, war zwischen 11 und 17 Uhr zweimal mit dem Wagen weggefahren und beide Male etwa eineinhalb Stunden fort gewesen.
    »Würden Sie sich die Mühe machen, Ihre Hunde auszuführen, wenn Sie sie umbringen wollten?«, fragte Falcón.
    »Offenbar war es eine alltägliche Routine«, sagte Ferrera. »Sein Nachbar hat seinen Hund zur selben Zeit ausgeführt. Und selbst zum Tode Verurteilte haben ein Recht auf Nahrung und Bewegung.«
    »Ihre Tötung hatte etwas mit seinem eingestandenen Narzissmus und seiner Eitelkeit zu tun. Sie waren ein Teil von ihm, nur er wusste, wie man sie richtig liebt«, sagte Alicia Aguado. »Sie haben ihn gestern Morgen getroffen, bevor er ausgegangen ist. Worüber haben Sie da gesprochen?«
    »Ich habe mich für seine Beziehung zu Rafael Vega interessiert; wie er ihn kennen gelernt hatte, ob vielleicht über Raúl Jiménez. Ich hatte ein Foto, das ihn mit mehreren Gästen auf einer von Jiménez’ Partys zeigt und ihn offensichtlich nervös gemacht hat. Außerdem habe ich mit ihm über den Fall seines Sohnes gesprochen. Dann bin ich gegangen – nein, das stimmt nicht. Er erzählte mir von einem wiederkehrenden Traum, ich verabschiedete mich, kam jedoch noch einmal zurück, um ihn etwas zu fragen, was ich vergessen hatte, und sah, dass er in seinem Garten auf die Knie gesunken war und

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