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Die Toten von Santa Lucia

Die Toten von Santa Lucia

Titel: Die Toten von Santa Lucia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Krohn
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Schuld.
    »Deutsch?«
    » Sì. «
    Unaufgefordert bückte sich die junge Frau, griff unter den Tresen, legte einen Stadtplan und eine Broschüre auf die Glasplatte. Sonja dachte, dass Luzie vor ein paar Wochen an derselben Stelle gestanden haben könnte, um sich mit Informationen zu versorgen. Vielleicht hatte eins der beiden Mädchen auch ihr einen Stadtplan und eine Veranstaltungsbroschüre in die Hand gedrückt. Hatte Luzie nach einer preiswerten Pension gefragt, sich von der Gleichaltrigen Tipps fürs neapolitanische Nachtleben geben lassen? Vielleicht erinnerten sich die Mädchen ja an sie …
    »Wo haben Sie so gut Deutsch gelernt?«, fragte Sonja und legte ihre ganze Überzeugungskraft in die Stimme. Ein Lob wirkte manchmal Wunder.
    »An der Universität«, antwortete das Mädchen, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Toll«, strahlte Sonja sie an. » Bravissima .«
    Ein erstes Lächeln wurde sichtbar. » Parla italiano ?«
    Sonja nickte. » Un poco . Aber nur ein bisschen.«
    »Nein, sehr gut. Wo haben Sie gelernt?«
    »An der Volkshochschule«, sagte Sonja, »wie heißt das auf Italienisch, università del popolo …«
    » Università popolare !« Jetzt strahlte das Mädchen mit den Haarspangen, der Kontakt war hergestellt.
    Sonja holte das Foto aus der Tasche, das sie schon Gentilini gezeigt hatte.
    »Erinnern Sie sich zufällig daran, ob in letzter Zeit dieses Mädchen hier war?«
    »Eine Deutsche?«
    Sonja nickte.
    Das Mädchen mit den Haarspangen musterte das Foto, schüttelte den Kopf. »Antonella, was meinst du?« Sie gab das Foto weiter. Ihre Kollegin zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Sieht gar nicht aus wie eine Deutsche. Spricht sie Italienisch?«
    »Wenig. Aber sie will es lernen«, sagte Sonja. »Vielleicht hat sie sich hier nach einer Sprachenschule erkundigt.«
    »Wann soll das gewesen sein?«
    Die Tür ging auf, eine Gruppe japanischer Touristen kam herein, gleich hinter ihnen drei ältere deutsche Frauen.
    »Vor drei oder vier Wochen.«
    »Nach Sprachenschulen hat in letzter Zeit niemand gefragt. Aber hier kommen jeden Tag so viele Leute, Sie sehen ja selbst. Unmöglich, sich da an Einzelne zu erinnern.«
    »Außerdem sind wir nicht jeden Tag da, nur montags bis mittwochs«, ergänzte das Mädchen mit den Haarspangen. »Kommen Sie übermorgen wieder, vielleicht wissen die Kolleginnen mehr.« Sie wollte sich den Japanern zuwenden, die es unübersehbar eilig hatten. Aber Sonja war noch nicht fertig.
    »Welche Sprachenschule hätten Sie ihr denn empfohlen, wenn sie danach gefragt hätte?«
    Aus den Untiefen des Informationstresens wurde ein schweres Telefonbuch hochgewuchtet und landete mit leichtem Knall auf der Glasplatte. Das Mädchen schlug die entsprechenden Seiten auf, versorgte Sonja auch mit Block und Kugelschreiber.
    »Hier. Die meisten Sprachenschulen liegen im Zentrum. Wenn Sie mich fragen, ich hätte sie zu De Filippo geschickt«, sagte sie.
    » De Filippo? Sei impazzita …?« Antonella, die den deutschen Frauen gerade die farblich verschieden markierten historischen Rundgänge durch die Altstadt erklärte, mischte sich von der Seite ein. »Caruso ist viel größer und vor allem billiger.«
    Ihre Kollegin grinste. »Kriegst du von denen Prozente, Maria?«
    Sonja zog sich an den Rand des Tresens zurück und schrieb sich die Adressen ab. Danach schlug sie auch unter Pensionen nach. Andauernd kamen Touristen herein. Als sie fertig war, verließ gerade eine Gruppe Italiener das Büro. Die beiden Mädchen wirkten ziemlich gestresst. Ihr kam eine Idee.
    »Mögt ihr einen caffè? Offro io .«
    Die beiden strahlten. » Espresso, grazie, troppo gentile .« Antonella rief in einer Bar an.
    Während sie warteten, fragte Sonja, wo man in Neapel günstig übernachten konnte.
    »Pension?«
    »Ja, oder Privatzimmer. Egal.«
    Maria zog die Augenbrauen hoch und lächelte verschmitzt. »Und jetzt wollen Sie wahrscheinlich wissen, welche Pension wir diesem Mädchen auf dem Foto empfohlen hätten, falls sie uns zufällig danach gefragt hätte, richtig?«
    » Fonseca «, sagte Antonella ohne zu zögern. »Was meinst du?«
    Maria nickte.
    »Und die Pension O sole mio ?«
    Das Achselzucken war beredt genug.
    Sonja schrieb dennoch die Telefonnummer ihrer Pension auf einen Zettel. »Nur für den Fall, dass sie in den nächsten Tagen zufällig hier reinschneit und ihr sie wiedererkennt … Wäre es möglich, ihr das hier zu geben?«
    Beide nickten.

9
    Um zur Sprachenschule Caruso zu gelangen, musste man den

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