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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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noch kommen würde.
    »Fast hätte ich es nicht mehr geschafft, Ima. Aber nur fast.« Sein Mund zuckte unfreiwillig, er fühlte sich wie ein kleiner Junge, dem es gelungen war, ein großes Pferd zu besteigen.
    »Ich … ich muss auf dieses Schiff, weißt du.« Sie lächelte schüchtern. Er schaute wieder weg. Wenn er sich bewegte, ging es besser mit der Luft, und das Herz schrumpfte ein wenig. Er wanderte einmal um sein Pferd herum, ohne Grund, aber die Starre löste sich. Entsetzt fragte er sich, warum sie ihn nur so hilflos machte. Wann hatten sie sich das letzte Mal gesehen? Vor Monaten? Und auch da nur kurz, denn Trota war dabei gewesen und hatte aus ihrem Unmut über den Besuch des ungeliebten normannischen Soldaten kein Hehl gemacht. Dabei hatte er sich förmlich angemeldet und Ima nicht einmal angefasst, was ihm wirklich schwergefallen war, immerhin wusste er ja, wie sie sich anfühlte und dass man ihre Rippen zählen konnte, wenn sie die Luft anhielt …
    Doch die alte Kräuterziege hatte ihm Ima einfach vor der Nase weg in ihr Krankenhaus verschleppt, und er war mit einem sehnsüchtigen Blick von ihr in die nächste Taverne geflohen. Nur ungern erinnerte er sich an die Folgen …
    Was für eine Laune des Allmächtigen, dass Er Ima nun in Kriegsgebiet bringen sollte! Das konnte nicht Sein Ernst sein, sondern nur eine närrische Idee der alten Herzogin, die Gérard im Übrigen ähnlich abstoßend fand wie die alte Ärztin - und sei es nur, weil sie ihm jetzt Ima nehmen wollte. An etwas anderes konnte er nicht mehr denken, und der Friede, den er in ihrer Gegenwart eben noch empfunden hatte, verging wie ein Bild in der aufgewühlten Pfütze.

    »Du gehst nicht auf das Schiff«, sagte er atemlos. »Da gehst du nicht hin.«
    »Ich muss, Gérard. Die Herzogin …«
    »Dann komme ich mit!«
    Traurig schüttelte sie den Kopf. »Das geht nicht. Wir legen auch gleich ab.« Hinter ihnen ertönte tatsächlich Geschrei, Sicaildis’ Stimme hob sich von den anderen ab.
    »Du - du hast keine Vorstellung, wo du da hinfährst, Mädchen.« Dann fiel ihm ein, dass sie ziemlich genau wusste, was auf sie zukam, immerhin war sie vor gut einem Jahr als unfreiwillige Küchenhilfe mit Roberts Heer nach Rom gezogen. »Du - das ist nichts für Frauen …«
    »Der Herzog liegt im Sterben, Gérard«, sagte sie schnell und mit gesenkter Stimme. »Er ließ sie rufen. Sie will zu ihm. Sie will ihn noch einmal sehen, bevor Gott ihn zu sich ruft. Verstehst du?« Und dann sah sie ihm in die Augen, und ihm wurden die Knie weich über albernen Weibergedanken. Würde sie das auch tun? Für ihn, wenn es so weit war? Übers Meer fahren, um in seiner letzten Stunde bei ihm zu sein? Ihn zu halten, wenn er starb? Er schluckte. Die Frau brachte ihn so sehr um den Verstand, dass er sich schämte. Und nun lächelte sie auch noch, und ihre Augen strahlten wie zwei traurige kleine Sterne aus dem schmalen Gesicht …. Er riss am Sattel herum, der Hengst schnaubte leise.
    »Ich … ich komme mit dir.«
    »Aber Gérard, was willst du denn …«
    »Und, junger Herr? Gebt Ihr ihn mir?«, mischte sich der Wirt nun doch ein - zuckersüß, um die Szene nicht zu stören, an der er sich die ganze Zeit schon weidete. Bevor er die Hand nach dem Zügel ausstrecken konnte, war Ima vorgetreten und reichte ihm eine goldene Münze.
    »Reicht das? Schwört bei Gott, dass Ihr das Tier wie Euer eigenes pflegt. Es gehört einem Ritter des Guiscard
und interessiert damit auch den Herzog. Der Ritter wird in ein paar Tagen zurückkehren und ein wohlgefüttertes Pferd vorfinden wollen.« Die leichte Drohung in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Am Kai wurde es laut, Rufe ertönten, ein Pferd galopppierte an ihnen vorbei, das rhythmische Rufen der Seeleute erklang.
    »Ima, das Schiff!« Gérard zupfte an ihrem Mantel, in der anderen Hand immer noch den Zügel des Hengstes. Die Münze wechselte den Besitzer, der Wirt verbeugte sich vor der edlen, großzügigen Dame, dass seine Nase beinah die Knie berührte, und seine Nachbarn kicherten blöd. Gérard packte ihn am Ohr. »Wenn Ihr ihm auch nur ein Haar krümmt, Spitzbub …«
    Eine kleine, feste Hand griff nach der seinen. Jetzt oder nie. Ein Gedanke, ein Herzschlag - jetzt. Sie sahen sich an, dann liefen sie los, auf den Kai zu, während es hinter ihnen anzügliche Bemerkungen hagelte über heruntergekommene Ritter in Lumpen und über Damen, die es offenbar nötig hatten, es sich von Lumpenrittern besorgen zu lassen. Die Menge

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