Die Totenfrau des Herzogs
wünscht.«
Borsa starrte ihn an. Erst hatte es den Anschein, als wollte er richtig wütend werden, doch dann nickte er nur lange und nachdenklich. Gérard nickte zurück. So war es wirklich. Für einen Moment gab er sich dem gefühlvollen Gedanken hin, wie es wohl wäre, wenn Ima stets an seiner Seite wäre … als Gefährtin … die ihm des Nachts das Lager wärmte …
»Ja, vermutlich habt Ihr recht.« Roger starrte vor sich hin. »Vermutlich verzehrte mich die kindliche Eifersucht. Ich sollte dafür Abbitte leisten und neben ihr sitzen, wenn er seinen letzten Atemzug tut. Kommt mit mir ins Zelt, tapferer Recke. Einen Herzog lässt man nicht allein sterben.« Es klang ironisch und nicht wirklich nett, doch Gérard hatte nicht die Kraft, sich gegen die Einladung zu wehren, obwohl er Sterbende und enge Kriegszelte furchtbar bedrückend fand.
»Kommt und nehmt einen Becher mit.« Das Gesicht des jungen Herzogssohnes verzog sich zu einem spöttischen Grinsen. »Gut möglich nämlich, dass die Beichte bei meinem Vater etwas länger dauert, da wollen wir doch nicht verdursten.«
Im Zelt war es voll geworden. Gérard entdeckte Ima am Lager des Kranken. Die Herzogin hockte daneben, mit gefalteten Händen, und rührte keinen Finger. Er fragte sich, warum ihn das so störte. Es hatte ihn nicht zu stören, denn sie betete. Vielleicht störte es ihn, weil er mehr mit Frauen anzufangen wusste, die ihre Hände sinnvoll benutzten - sei es, um ihm körperliches Entzücken zu bereiten oder … Frauen wie Ima. Liebevoll ruhte sein Blick auf ihrem gesenkten blonden Scheitel.
Ima tauchte gerade ein Stück Schaffell ins Wasser, drückte es aus und wusch damit dem Herzog sehr sanft und vorsichtig
um den Hals und über die Brust. Die Mönche brummten ärgerlich, nur Bruder Thierry stand unbeteiligt bei ihnen. Gérard erinnerte sich daran, dass man schmutzig starb und erst als Toter gewaschen wurde. Das sah dem Herzog ähnlich, auch hier seinen eigenen Weg zu gehen und sich nicht um die Meinung der Betbrüder zu scheren, von denen er sich sein Leben lang von Sünden freisprechen, aber niemals hatte beherrschen lassen.
Ima fuhr mit dem Fellstück an den Armen entlang und nässte den Bauch. Wassertropfen, die von der Brust herunterliefen, fing sie auf und wusch noch einmal beinah zärtlich über die eingefallene Brust, der sich flache Atemzüge entrangen. Sicaildis kniete neben dem Lager des Guiscard und flüsterte ihm ins Ohr. Ihr Zeigefinger fing spielerisch einen Tropfen auf, und fast hatte es den Anschein, als läge dort ein frisch verliebtes Paar, als sie ihm den Tropfen zeigte und damit ein Lächeln auf sein Gesicht zauberte. Sie küsste ihn auf die Wange und strich ihm mit einer Geste über das ergraute Haar, die zeigte, wie schön sie ihren Mann auch jetzt auf dem Sterbebett immer noch fand. Ima tat ihre Arbeit unauffällig nebenher, keinen Laut hörte man von ihr. Nur das leise Plätschern des Wassers und das Prasseln der Tropfen, wenn sie ihr Fellstück auswrang.
Roberts Gesicht hatte unter ihren Händen einen friedlichen Ausdruck angenommen. Gérard zupfte an seinem Bart. Auch das störte ihn, verdammt. Ihre zarten Hände, die jetzt die Schultern trockneten und sanft mit dem Seidentuch am Hals entlangfuhren - Eifersucht durchzuckte ihn und gleichzeitig wilde Scham, denn Robert war dem Tod geweiht.
Aber er war auch ein Mann, und der Blick, mit dem der Herzog Ima jetzt bedachte, obwohl seine Frau ihn liebkoste, war für Gérard fast zu viel.
War sie sich der Blicke bewusst? Wenn es so war, dann
hatte sie sich gut im Griff, denn sie setzte ihre Waschung fort, fuhr mit dem nassen Fell die langen Beine entlang, die einmal jedes wilde Pferd hatten bändigen können und die kraftvoll auf dem Weg nach Konstantinopel gewesen waren. Sie wusch seine imposanten großen Füße, und auch seine Männlichkeit, die Roberts Blicken nichts mehr hinterherzuschicken wusste, weil der Körper verlosch. Er stöhnte leise, als sie ihn auf den Rücken drehte, ihn dort wusch und ein frisches Laken unterzog. Jeder der anwesenden Männer war in Gedanken versunken, und nicht bei jedem schienen sie keusch zu sein, weil Gott die Angelsächsin einfach mit überirdischer Schönheit überschüttet hatte, das fand jedenfalls Gérard, der sie eifersüchtig mit seinen Blicken bewachte. So mancher hier täte gut daran, so dachte er finster, seinem Gebet eine Vergebungsbitte hinterherzumurmeln. Und am liebsten - am liebsten hätte er sie dort weggeholt. Doch
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