Die Totenfrau des Herzogs
Schafgarbe auftrug. Vielleicht wanderte der Ärger auf den Spatel, sodass die Dame unter seinen Strichen stöhnte, vielleicht ließ er die Salbe brennen. Vielleicht zog auch Gott gerade seinen Segen von Imas Werk, weil Er die Pläne der Dame missbilligte und sie dafür leiden sollte.
»Hört auf«, fuhr sie nämlich hoch, »hört auf und lasst mich schlafen!«, und die Runzeln in ihrer Stirn zuckten wie schwarze Striche. »Hört in Gottes Namen auf, Ima, es schmerzt mich jetzt zu sehr. Bitte lasst ab davon. « Ima stand auf und ließ den Salbenwisch fallen.
»Wenn Ihr mich braucht, ruft nach mir, ma dame «, sagte sie mit aller Haltung, die sie aufbringen konnte. »Wir können es auch später zu Ende bringen.« Sicaildis nickte schwer atmend und winkte mit der Hand wie zum Dank.
Ima räumte stumm ihre Sachen zusammen. Den Salbenwisch warf sie auf einen Haufen mit Unrat. Das soeben Erlauschte hätte sie gern dazugeworfen, doch nun saß es in ihrem Kopf fest. Thierry betrat das Zelt und stellte die Weinkaraffe ab. Ima zog ihn in die Ecke. Ihr Herz schlug heftig, Worte fand sie keine.
»Das war nicht nett von dir, ihr wehzutun«, flüsterte Thierry nach einer Weile und drückte ihren Arm.
»Das war nicht nett von ihr«, raunte Ima zurück, froh über die Ablenkung. »Warum kann sie nicht einfach höflich bleiben?«
»Schsch«, machte der Mönch. Sein magerer Körper spendete Ruhe, und erschöpft ließ sie den Kopf an seine Schulter fallen.
»Hast du draußen Gérard gesehen?«, fragte Thierry. Ima schüttelte den Kopf. »Mir kam es so vor, als suchte er dich …«
»Hmm«, brummte sie und starrte vor sich hin. In ihrem Kopf drehte sich alles.
»Er … er sah nicht froh aus, Ima.«
»Hmmm …«
Thierry versuchte, einen Blick in ihre Augen zu erhaschen, doch das wusste Ima zu verhindern. Gérard schob sich vor den Plan der Herzogin. Thierry hatte Gérard gesehen, und er sah nicht froh aus.
»Habt ihr euch gestritten, Ima?« Thierry konnte man nichts vormachen, dazu kannten sie sich zu gut.
Ima seufzte. »Nein. Haben wir nicht.« Sie schluckte. »Doch. Doch, irgendwie schon. Er ist ein verdammter Soldat, man kann ja nicht mit ihm reden.« Unglücklich starrte sie vor sich hin. Thierry strich ihr sanft über den Rücken. »Wenn das hier alles vorbei ist, werdet ihr reden können.« Ima war sich sicher, dass das nicht so sein würde - dazu waren zu viele Worte zwischen ihnen gefallen, er verachtete sie doch für ihren Hochmut und ihre Arroganz. Und sie …
»Er liebt dich«, flüsterte der Mönch. »Ich weiß, wie das aussieht, Ima.« Und aus dem schmalen, verschwitzten Mönchsgesicht tauchte unvermittelt ein Lächeln auf, welches verriet, wie glücklich und schön Thierry vor langer Zeit einmal gewesen sein musste. »Ich weiß, wie es sich anfühlt. Er liebt dich. Und du liebst ihn. Das weiß ich doch auch, Ima.«
Statt einer Antwort barg Ima den Kopf an seiner Schulter, um die Tränen, die sich plötzlich hervorwagten, in den groben Stoff zu entlassen. »Ja«, flüsterte sie irgendwann, »ja, verdammt noch mal. Ich liebe ihn …« Und Thierry schwieg mitfühlend, weil er das am besten konnte und weil es ihrem Geständnis nichts hinzuzufügen gab. Dicht beieinander kuschelten sie sich an die Waffentruhe, die in der einzig kühlen Ecke hier im Zelt stand, die Plane hatte nämlich ein Loch - und Ima fiel in einen unruhigen Schlummer …
Die Herzogin war eingeschlafen. Sie hatte sich während des ganzen Tages bewundernswert gehalten, nun sah man ihr die Erschöpfung an. Ihre Wangen hatten eine ungesunde rote Farbe angenommen, und schwarze Schatten umschlossen ihre Augen. Ein paar Schweißperlen rannen ihr an den Schläfen herab, und sie atmete ungleichmäßig. Vermutlich schlug ihr Herz viel zu schnell. Ima warf einen kritischen Blick auf die gesalbten Beine, die eigentlich wieder eingewickelt gehörten. Doch Sicaildis dafür wecken? Ima wollte ihr jetzt lieber nicht in die Augen sehen müssen.
Der kurze Schlaf hatte ihr gutgetan, sie fühlte sich frisch und bereit für neue Gedanken. Gérard war ihr wieder entrückt - zum Glück, er brachte sie doch nur durcheinander. Hier im Zelt war ohnehin so viel geschehen, was ihre Gedanken beschäftigte, was ihr die ganze Zeit schon Unruhe bereitete. Jedes gehörte Wort tanzte in ihrem Kopf herum. Tötet ihn . Tut es für Apulien . Was sie gehört hatte, brannte ihr unter den Fingernägeln, brannte ihr im Herzen und im Bauch, und das Wissen machte sie krank. Auch
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