Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
Vom Netzwerk:
Kriegskrüppel, dem nur das Betteln an den Kathedralen bleiben würde. Und Gott der Allmächtige würde es mit Wohlgefallen sehen, wenn Vornehme wie sie ihm Kupfermünzen in den Bettel warfen, weil seine Wunden besonders grässlich aussahen.
    Ihm schienen ähnliche Gedanken durch den Kopf zu gehen, seine Miene verfinsterte sich nämlich. »Was suchst du hier eigentlich?«, fragte er heiser.
    Ima beugte sich noch weiter vor, obwohl er ihr mit seinen Ausdünstungen den Atem raubte. »Ein Pferd suche ich«, raunte sie. »Wo sind die Pferde untergebracht?«
    Er betrachtete sie im Dämmerlicht.

     
    »Ein Pferd«, murmelte er. Sie nickte langsam. Seine Augen verkleinerten sich. Er packte ihre Hand und drückte sie gegen sein Gemächte, schnell, gezielt und bereit, die ganze Zeit schon. Ima blieb die Luft weg vor Entsetzen, doch sein Griff war wie eine Eisenklammer, er drückte ihre Hand auf seinen pulsierenden Schwanz, rieb sie dort hin und her, und dann war es auch schon geschehen. Sein Becken zuckte ihr heftig entgegen, stoßweise wurde es nass an ihren Fingern, ein herzhaftes Stöhnen beendete die Sache. Sie riss die Hand weg. Keinen Moment später ließ sie sie gegen seine raue Wange klatschen, was die Unschuld jedoch nicht zurückbrachte, die Schmach, benutzt worden zu sein, nicht tilgte und das Ereignis nicht ungeschehen machte. Er packte ihren Ärmel, um sie am Weglaufen zu hindern.
    »Wie kannst du es wagen«, zischte sie aufgebracht, »dafür gehörst du gehängt!« Da lächelte er freundlich und ließ sie los, um über ihre Wange zu streichen.
    »Du willst ein Pferd. Ich hole dir eins. Ich hole dir das beste Pferd.«
    Sie schluckte hinunter, was ihr auf der Zunge lag, und sie blieb auch hocken, obwohl alles in ihr nach Flucht schrie. Verflucht! Das Pferd und das, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte, waren wichtiger. Die Scham über den hohen Preis würde bleiben, ob sie das Pferd nun nahm oder nicht.
     
    Gérard hatte nicht gesehen, wo ihre Hand gelandet war und wie man sie gezwungen hatte, sich zu erkaufen, was verboten war. Er sah nur, wie nah sie bei dem Bettler hockte, dass sie aus seinem Krug trank und dass ihr blondes Haar ihr über die Schulter fiel. Schon das hielt er kaum aus, doch ein Rest an Klugheit ließ ihn im Schatten ausharren.
    Den ganzen Nachmittag hatte er sie gesucht, um ihr einen guten Platz auf dem Schiff in die Heimat zu verschaffen, denn auch wenn sie ihm dauernd ihre Herkunft unter
die Nase rieb, wollte er doch nur das Beste für sie. Er konnte sich ja schon denken, wie es ablaufen würde, wenn Soldatenhorden die verfügbaren Schiffe mit Gewalt enterten …
    Zu lange waren diese Männer sinnlos festgehalten worden, Rücksicht kannte hier niemand mehr. Sobald jemand zum Aufbruch blies, würde kein Stein auf dem anderen bleiben, und im Getümmel würden auch Menschen zu Tode kommen. Ima musste fort von hier, sie durfte nicht bleiben, ganz gleich, was die Herzogin sich dachte. Sie gehörte doch ihm mit Haut und Haaren - sein Weib, das er mit seinem Leben beschützen würde, komme, was da wolle … Gérard holte tief Luft.
    Die beiden waren plötzlich verschwunden. Panisch schaute er sich um und schlich näher. Hinter dem nächsten Zelt, wo Männer im Hungersuff unflätige Lieder vom Beineabhacken grölten, wehte ihr Haar im Abendlicht. Wie ein Zauberwesen flog sie hinter dem zerlumpten Soldaten her, ohne dass ihr jemand in den Weg trat oder sie belästigte. Hinter der letzten Zeltreihe blieb der Soldat stehen und breitete den gesunden Arm aus. Wenn er sie anfasst, bring ich ihn um!, dachte Gérard, doch der Mann lud sie nur ein, den Blick auf den Bach zu richten, wo Pferde bis zu den Fesselgelenken im Wasser standen und soffen. Ein kurzer Wortwechsel, dann verschwand der Mann. Gérard witterte seine Chance.
    »Ima!«, flüsterte er, so laut es ging. »Ima! Sieh her!« Sie schaute stattdessen dem Soldaten hinterher, ungeduldig auf den Zehenspitzen tanzend. »Ima!« Drüben am Wasser wurden die Pferde unruhig. Zwei Männer sprachen miteinander, einer lachte. Die Spätabendsonne schien auf Imas Gesicht, und er sah, wie sie sich nervös auf die Lippen biss. Ein übler Verdacht stieg in ihm hoch. »Ima!« Von den Feuern wehte der Geruch von Essen herüber - oder was sie
hier Essen nannten. Dünne Suppen mit einem Hauch von Inhalt und einer Ahnung von Fleisch - er erinnerte sich noch gut an den ranzigen Abfall und an schmieriges Brot …
    Der Mann kam zurück und brachte ein gesatteltes

Weitere Kostenlose Bücher