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Die Totenmaske

Die Totenmaske

Titel: Die Totenmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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Sitzblock, ein entschuldigendes Lächeln auf der sonst unbeweglichen Miene.
    Leon senkte den Kopf, um sein Handy auf neue Nachrichten zu prüfen. Dabei fiel sein Blick auf den Teppichläufer im Mittelgang. Die Schmutzspuren waren vorhin noch nicht dort gewesen. Leon beugte sich seitlich aus der Reihe und tat so, als wäre ihm etwas heruntergefallen. Überrascht stellte er fest, dass die Spur zu Frau Nauen führte – besser gesagt, zu ihren cremefarbenen Wildlederpumps, deren untere Ränder einen rötlichen Schmutzrand aufwiesen, was so gar nicht zu der gepflegten Erscheinung im Sonntagsstaat passte. Starr blickte Frau Nauen nach vorn, während ihr Mann ununterbrochen im Flüsterton auf sie einredete. Ihre beringten Finger klopften unablässig auf ihr Knie.
    Leon lehnte sich nachdenklich zurück. Die Frau würde wohl kaum den Verhandlungsbeginn verpasst haben, weil sie noch einen Waldspaziergang unternehmen wollte. Das Handy in seiner Hand vibrierte und kündigte eine eingehende SMS an. Leon musste die beiden Worte von Zoe dreimal lesen, bevor er einen Zusammenhang herstellen konnte.
    Hilfe, Stein.
    Sofort legten seine Gedanken den Geschwindigkeitsmodus ein. Ein paar Zahnräder drehten sich in Leons Kopf, dazwischen klemmte eine Idee. Er versuchte, sie aus seinem Unterbewusstsein hervorzulocken. Der Steinbruch, hämmerte es in seinem Kopf. Sie war in Gefahr! Leon sprang von seinem Platz und eilte zur Tür. Dort zog er sich einen Beamten zur Seite und wies ihn an, Frau Nauen zu observieren. Notfalls sollte er sie hier festhalten, bis Leon zurückkehrte. Dann lief er los, ohne die Einwände des Polizisten zu beachten. Sollte er sich doch etwas einfallen lassen, wie er die Frau aufhalten konnte! Leon war in Gedanken längst bei Zoe. Die kurze Nachricht wirkte so verzweifelt auf ihn, dass er mit Mühe die aufkommende Panik unterdrücken konnte. Sie musste verletzt sein und kaum in der Lage, mehr als diese beiden Worte zu schreiben. Er musste sie so schnell wie möglich finden, irgendwo im Steinbruch. Wenigstens gab es nur den einen in der Gegend, aber der war nicht gerade klein. Verflucht!
    Er rannte durch den Pulk von Demonstranten, schubste sich rücksichtslos den Weg frei. Plakate fielen klappernd hinter ihm auf den Boden. Wütende Zurufe folgten, die Leon genervt ignorierte. Diese Leute waren beinahe schlimmer als Schaulustige bei Unfällen! Standen im Weg herum und verhinderten Ermittlungsarbeiten oder Rettungsversuche. Es war doch immer dasselbe!
    Im Wagen betätigte er die Hupe. Doch die Menschenmenge vor ihm wurde immer dichter. Er legte den Rückwärtsgang ein und fuhr im Eiltempo aus der schmalen Straße heraus.

    Der Rettungshubschrauber kreiste über dem Steinbruch. Leon gab dem Piloten per Handy die Koordinaten von der Stelle durch, an der er glaubte, Zoe auf einem Felsvorsprung liegen zu sehen. Zumindest hoffte er, dass das gelbe Leuchten in der Ferne auf ein Kleidungsstück hinwies. Ihr T-Shirt vielleicht. Das mit dem grinsenden Smiley darauf. Jenem Grinsen, auf das man in Zoes Gesicht oft vergeblich wartete.
    Er war zu weit weg, um Genaueres zu erkennen. Der einzige Hinweis in Zoes SMS hatte ihn auf die andere Seite des Steinbruchs geführt. Dort, wo das Auto von Boris Nauen abgestürzt war. Wie ein Verrückter hatte er die Gegend abgesucht und dabei ständig Zoes Namen gerufen. Die Sorge um sie raubte ihm beinahe den Verstand. Als seine Suche erfolglos blieb, war er mit den Nerven am Ende. Es war zermürbend, auf diese Weise zu erkennen, dass Zoe ihm mehr bedeutete, als er angenommen hatte. Viel hatte das nicht mehr mit dem kühlen Kopf eines Profiermittlers zu tun. Irgendwann hatte er auf der anderen Seite des Steinbruchs eine reglose Gestalt entdeckt und versucht, mit der Zoomfunktion seines Handys mehr zu erkennen. Doch leider wurde die Vergrößerung nur pixelig, so dass er letztlich nur vermuten konnte, dass Zoe dort lag. Den Hubschrauber hatte er rechtzeitig angefordert, weil er nicht wusste, was mit Zoe passiert war – ob sie verletzt war oder Schlimmeres.
    Leon eilte zu seinem Wagen. Um die andere Seite des Steinbruchs zu erreichen, musste er auf die Landstraße zurückkehren. Ein Umweg, den er hinnehmen musste, auch wenn es ihm noch so schwerfiel. Obwohl er mit Vollgas die Straße entlangraste, saß ihm während der ganzen Fahrt die Gereiztheit im Rücken wie ein gehässiger Dämon. Er musste sich zur Ruhe zwingen. In der Ferne sah er, wie der Hubschrauber über den Baumwipfeln zur Landung

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