Die Totensammler
er ein Kleid.«
»Du lügst!«
»Das Kleid seiner Schwester, es war ihm zwar zu klein, aber er hat es trotzdem getragen.«
»Du armer Junge«, sagt Coopers Mutter zu Adrian, »was hattest du nur für eine Mutter, dass sie dich so schlecht erzogen hat?«
»Sie waren nicht daran schuld«, sagt Adrian. Er schwenkt die Pistole von der Mutter auf Cooper, und dem gefällt nicht, wie seine Hand zittert.
»Hattest du mehr als eine Mutter?«, fragt sie.
»Ich habe nur eine der beiden getötet«, brüllt Adrian, und Cooper stellt sich mit ausgestrecktem Arm halb vor seine Mutter. »Die andere … die andere ist eines natürlichen Todes gestorben, und ich hab nie irgendwelche Finger verspeist oder ein Kleid getragen! So was würde ich nie tun!«
»Ich möchte, dass du sie gehen lässt«, sagt Cooper.
»Bist du sicher? Willst du das wirklich? Dass deine Mutter da draußen rumläuft und allen erzählt, was für ein Mensch du wirklich bist?«
Das ist ein Argument. Er hat darüber nachgedacht, seit Adrian gedroht hat, sie herzubringen.
»Ich habe dir geholfen«, sagt Coopers Mutter zu Adrian. »Ich habe dir das Bein verbunden, und so dankst du es mir? Du bist unhöflich und ungezogen. Wenn ich deine Mutter wäre, würde ich mich jetzt schämen.«
»Mum.« Cooper gibt ihr mit einem Blick zu verstehen, dass sie jetzt besser den Mund hält.
»Schau mich nicht so an, Cooper. Ich werde nicht mit meiner Meinung hinterm Berg halten.«
Sie wird sie noch beide umbringen.
»Ich wusste, dass sie eine böse Frau ist«, sagt Adrian. »So steht es in den Büchern. Denk nur dran, was sie überall rumerzählen wird, wenn ich sie gehen lasse. Mag sein, dass sie mir nicht glaubt, aber die Polizei wird ihr auf jeden Fall zuhören und sich ihren Reim darauf machen, und dann wird sie rausfinden, dass ich nicht gelogen habe.«
»Lass sie gehen«, sagt Cooper, doch er klingt nicht überzeugend, und er weiß, dass seine Mutter das merkt.
»Cooper? Stimmt denn irgendwas von dem, was er sagt?«, fragt sie und tritt vor ihn, dreht sich zu ihm um und schaut ihm in die Augen.
»Natürlich nicht«, sagt er.
»Alles«, sagt Adrian.
»Halt den Mund, junger Mann«, sagt Coopers Mutter und wirft Adrian einen stechenden Blick zu, bevor sie sich erneut ihrem Sohn zuwendet. »Sag mir, dass du niemandem was angetan hast«, sagt sie.
»Er ist verrückt«, sagt Cooper. »Ich schwöre dir, er ist verrückt und hat sich das alles ausgedacht.«
»Versprich’s mir. Versprich mir, dass du niemandem was angetan hast«, sagt sie, als würde sie mit ihm schimpfen.
»Sehen Sie doch, das ganze Blut auf seinen Klamotten«, sagt Adrian, der offenbar verzweifelt versucht, sie von der Richtigkeit seiner Worte zu überzeugen. »Fragen Sie ihn, wie es dahin gekommen ist!«
»Ich habe jemandem geholfen«, sagt Cooper. »Da war dieses Mädchen. Adrian hat sie niedergestochen. Und ich habe versucht, sie zu retten, doch vergeblich«, sagt er, und plötzlich kommt er sich vor wie ein Kind, das seine Mutter belügt und sich nichts sehnlicher wünscht, als dass sie ihm glaubt. Und wenn sie es tut, was dann? Wie kann er sie dazu bringen, der Polizei nichts davon zu erzählen, dass Adrian ihn die ganze Zeit als Serienmörder bezeichnet hat?
Er glaubt nicht, dass er das schafft. Seine Mutter ist fast achtzig, und achtzigjährige Frauen erzählen ständig irgendwelchen Schwachsinn – von dem irgendwas irgendwo hängen bleiben wird. Es muss eine Möglichkeit geben, es mit ihr zusammen hier rauszuschaffen und gleichzeitig die Rolle des Opfers und die des Helden zu spielen. Immer vorausgesetzt, dass die Fotos nicht gefunden wurden.
»Sie hat mich von oben bis unten vollgeblutet, es war schreck lich«, sagt er, »wirklich schrecklich. Ich habe alles getan, um sie zu retten, aber … aber es ging nicht«, sagt er.
Seine Mutter nimmt seine Hand. »Alles wird gut«, sagt sie.
»Er hat mir erzählt, wo das tote Mädchen ist«, sagt Adrian. »Woher wusste er das? Diese Frage stellt bestimmt auch die Polizei!«
»Welches tote Mädchen meint er?«, fragt Coopers Mutter. »Das, das du retten wolltest?«
»Ein anderes«, sagt Cooper. »Er hat viele getötet.«
»Und was ist mit dem Daumen? Er schneidet anderen Menschen die Daumen ab und sammelt sie in Gläsern! Ich hab’s selbst gesehen!«
» Du schneidest sie ihnen ab«, sagt Cooper.
Adrian hebt die Pistole, und Cooper stellt sich erneut vor seine Mutter. Ist gleich alles vorbei? Dann lächelt Adrian plötzlich. »Ich
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