Die Totensammler
verstehe, warum du das sagst«, erklärt er. »Aus Angst.«
»Alles wird gut«, flüstert Coopers Mutter, ihre Hand fest in Coopers. »Hör auf zu weinen«, sagt sie. Er hat gar nicht gemerkt, dass er weint. Er hebt die Hand und wischt sich über die Augen. »Du wirst uns hier rausbringen«, sagt sie.
»Tut mir leid«, murmelt er.
»Es ist nicht deine Schuld, dass wir hier sind«, sagt sie. »Du bist nicht für das Leben anderer verantwortlich, schon gar nicht für einen geistesgestörten jungen Mann.«
»Ich bin nicht geistesgestört«, sagt Adrian. »Los, Cooper, erzähl ihr von dem Mädchen, das du entführt hast und das ich gefunden habe. Erzähl ihr davon!«
»Was für ein Mädchen?«, fragt Cooper und realisiert, dass Adrian Emma entdeckt haben muss.
»Das Mädchen, das du in Sunnyview zurückgelassen hast. Du wolltest sie töten.«
»Wovon zum Henker redest du?«, fragt Cooper.
»Ich zeig sie euch«, sagt Adrian, »euch beiden. Ich habe sie gefesselt.«
»Du hast hier ein Mädchen, das du entführt hast?«, fragt Coopers Mutter.
»Ich habe sie gerettet «, verbessert Adrian.
»Du hast ein Mädchen gerettet und sie dann gefesselt? Willst du ihr was antun?«, fragt sie.
»Sie verstehen das nicht«, sagt Adrian.
»Weil nichts von dem, was du sagst, irgendeinen Sinn ergibt«, sagt Cooper.
»Du hast Angst vor ihr«, erklärt ihm Adrian. »Du hast immer Angst vor ihr gehabt, weil sie dich dein ganzes Leben lang unter ihrer Fuchtel hatte. Das steht in deinem Buch. Und in sämtlichen Büchern über Serienmörder. Darum ist sie hier. Und darum lügst du. Ich habe meine Familie nicht umgebracht. Ich hatte nie eine Schwester und hab nie ihr Kleid getragen.«
»Lass uns gehen, bitte, ich flehe dich an«, sagt Mrs. Riley zu ihm.
»Ich kann nicht. Er ist zu wertvoll.« Adrian mustert Cooper. »Wartet hier«, sagt er, schließt die Tür und verschwindet.
»Gott sei Dank geht es dir gut«, sagt seine Mutter und nimmt ihn in den Arm.
»Ich werde uns hier rausbringen«, sagt er. »Versprochen.« Allerdings muss er sie bitten, die Polizei erst aufzusuchen, wenn er weiß, dass sie ihn nicht für einen Mörder halten. Dann hört er Schritte vor der Tür. »Er kommt zurück.« Die Tür öffnet sich, und Adrian tritt ein, immer noch die Pistole in der Hand, allerdings außer Coopers Reichweite.
»Ich tu das nur, um dir zu helfen«, sagt Adrian.
»Was?«, fragt Cooper.
»Das hier«, sagt er und hebt sein T-Shirt an. An seinem Gürtel klemmt ein kleiner Walkman. Adrian drückt auf Play, und Cooper hört seine eigene Stimme und die von Adrian, und in diesem Moment ist das Schicksal seiner Mutter besiegelt. Mit ihren neunundsiebzig Jahren hat sie ihr Leben gelebt. Das muss er sich immer wieder sagen. Er möchte daran glauben, dass sie sich opfern würde, um ihn zu retten. Denn so eine Frau ist sie. Er liebt sie. Allerdings liebt er seine Freiheit noch mehr.
Kapitel 49
Inzwischen kenne ich mich hier draußen ein wenig aus und biege auf dem Rückweg von Grover Hills nur zweimal falsch ab. Nach einer Weile fahre ich rechts ran, und während ich im Laptop des Zivilfahrzeugs eine Adresse nachschaue, zieht langsam der aufgewirbelte Staub von der Straße vorbei. Als ich sie gefunden habe, drehe ich den Polizeifunk lauter und lausche den Meldungen aus verschiedenen Teilen der Stadt. Nachbarn von Cooper Rileys Mutter haben Adrian Loaner mit Emma Greens Wagen in der Auffahrt gesehen. Einer der Nachbarn hat die Polizei verständigt, als er beobachtet hat, wie Loaner Rileys Mutter in den Kofferraum verfrachtet hat. Am Tatort wurden blutige Kleidungsstücke gefunden, und auf dem Esstisch lagen Verbandszeug, medizinisches Klebeband und mehrere blutverschmierte Lappen. Adrian hat Mrs. Riley offensichtlich gezwungen, ihn zu verarzten. Während ich meinen Weg fortsetze, trudeln weitere Informationen ein. Draußen vor Sunnyview wurde ein leeres Grab entdeckt, höchstwahrscheinlich war dort Jane Tyrone beerdigt. Fingerabdrücke, die in einer der Gummizellen genommen wurden, stimmen mit denen von der Haarbürste in Emma Greens Wohnung überein. Der Hintergrund auf den Fotos, die Cooper gemacht hat, ist derselbe wie in den Gummizellen von Sunnyview. Mittlerweile suchen Leichenspürhunde das Gelände ab, während die Beamten auf die Bodenradargeräte warten.
Als ich die Stadt erreiche, gerate ich in einen Stau. Es ist fast elf Uhr, und Hunderte jugendlicher Autofreaks haben nichts Besseres zu tun, als mit ihren Kisten über die vier
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