Die Totgesagten
kann ich es mir nicht mehr leisten. Wahrscheinlich muss ich es in einem halben Jahr verkaufen.«
»Ich weiß aus eigener Erfahrung, wovon du sprichst.« Erica spielte auf die Zeit an, in der Lucas beinahe ihr und Annas Elternhaus verkauft hätte. Das Haus, in dem sie nun lebte.
»Ich weiß einfach nicht, was ich mit meinem Leben anfangen soll.« Dan strich sich mit den Fingern durchs kurze blonde Haar.
»Na, ihr Stimmungskanonen«, rief Patrik, der gerade in den Flur trat.
»Wir unterhalten uns gerade. Dan überlegt, was er mit seinem Haus machen soll.« Erica stand auf und gab ihrem zukünftigen Ehemann einen Kuss. Auch Maja hatte bemerkt, dass der Mann ihres Lebens den Raum betreten hatte,und wedelte aufgeregt mit den Armen, um aus ihrem Hochstuhl gehoben zu werden.
Theatralisch breitete Dan die Arme aus. »Was ist denn nun los, Maja? Ich dachte, das zwischen uns wäre etwas ganz Besonderes! Und du machst dem erstbesten Kerl schöne Augen. Tja, die Jugend von heute – kein Sinn mehr für Qualität.«
»Hallo, Dan.« Patrik klopfte ihm lachend auf die Schulter. Dann nahm er Maja auf den Arm. »Bei diesem Mädchen ist Papa die Nummer eins.« Er küsste seine Tochter und rieb das unrasierte Kinn an ihrem Hals, woraufhin sie vor Schreck und Entzücken aufjuchzte.
»Musst du nicht die Kinder vom Kindergarten abholen?«
Erica machte eine Kunstpause. Dann antwortete sie mit breitem Grinsen: »Anna holt sie ab.«
»Was sagst du da? Anna hat das Haus verlassen, um die Kinder abzuholen?« Patrik sah verdattert aus.
»Dieser Held hier ist mit Anna spazieren gegangen, hat ein bisschen Hasch mit ihr geraucht und dann …«
»Stimmt gar nicht«, lachte Dan. »Erica hat mich gefragt, ob ich nicht versuchen könnte, einen kleinen Spaziergang mit Anna zu machen, damit sie ein bisschen in Schwung kommt. Anna hatte nichts dagegen, und dann sind wir eine schöne große Runde gegangen. Anscheinend hat ihr die frische Luft sehr gutgetan.«
»Das kann man wohl sagen.« Erica zauste Dans Haare. »Was hältst du davon, dich noch ein wenig länger in unseren bewundernden Blicken zu sonnen und mit uns zu Abend zu essen?«
»Kommt darauf an, was es gibt.«
»Mann, bist du verwöhnt«, lachte Erica. »Aber heute sei es dir ausnahmsweise verziehen. Es gibt Hühnerpfanne mit Avocado und Basmatireis.«
»Okay, einverstanden.«
»Wie schön, dass wir Ihren hohen Ansprüchen genügen, Monsieur Le Gourmet.«
»Mitdem Urteil möchte ich lieber warten, bis ich probiert habe.«
»Spiel dich nicht so auf.« Erica fing an, das Essen vorzubereiten.
Ihr war ganz warm ums Herz. So ein guter Tag. Ein richtig guter. Schließlich drehte sie sich zu Patrik um und fragte ihn, wie es ihm ergangen war.
D asGute hatte das Schlechte überwogen. Oder etwa nicht? Manchmal, wenn ihn nachts die Alpträume quälten, war er sich nicht mehr so sicher. Am helllichten Tag war er jedoch überzeugt, dass das Gute überwogen hatte. Das Böse war nur ein Schatten gewesen, der in den dunklen Ecken lauerte, und hatte seine hässliche Fratze nie gezeigt.
Sie hatten sie geliebt. Unendlich geliebt. Oder vielleicht hatte er sie doch am meisten geliebt. Und vielleicht hatte sie ihn am meisten geliebt. Zwischen ihnen hatte immer eine ganz besondere Verbindung bestanden. Nichts konnte zwischen sie kommen. Alles Hässliche und Schmutzige glitt an ihnen ab.
Seine Schwester zeigte keine Eifersucht. Sie wusste, dass sie Zeugin von etwas Einzigartigem war. Mit dem sie niemals hätte konkurrieren können. Sie ließen sie teilhaben. Ließen sie unter die Decke ihrer Liebe schlüpfen. Damit auch sie etwas abbekam. Es gab keinen Grund, eifersüchtig zu sein. Nur wenigen war es vergönnt, eine solche Liebe zu erleben.
Nur weil ihre Liebe so ungeheuer groß war, hatte sie die Welt der beiden begrenzt. Und sie hatten sich dankbar begrenzen lassen. Wozu hätten sie andere Menschen gebraucht? Was hatten sie in der feindlichen Welt verloren? Unheimlichwar es dort, hatte sie gesagt. Dort draußen würde er nicht zurechtkommen. Er war ein Unglücksrabe. Ständig verlor er etwas, stieß etwas um, machte etwas kaputt. Hätte sie sie hinausgelassen, wären furchtbare Dinge passiert. Unglücksraben konnten dort nicht bestehen. Aber sie sagte es immer so liebevoll. »Mein Unglücksrabe.«
Ihre Liebe war genug für ihn. Und für seine Schwester. Jedenfalls meistens.
D asganze Konzept war zum Kotzen. Lustlos hob Jonna die Waren vom Band und zog sie über den Scanner, um den Strichcode
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