Die Totgesagten
werden können. Wenn sie sich nur diese Dummheiten aus dem Kopf geschlagen und aufgehört hätte, sich selbst und uns Schande zu machen. Vor allem Sofie zuliebe. Stellen Sie sich doch mal vor, was für eine Belastung so etwas für ein Schulkind bedeutet! Das ist doch ein gefundenes Fressen, auf so was stürzen sich doch sofort alle Klassenkameraden. Das musste Marit einsehen. Es hätte nicht funktioniert. Es hätte einfach nie funktioniert.«
»Es hat aber vier Jahre lang funktioniert. Anscheinend hatte sie keine allzu große Eile, zu Ihnen zurückzukehren.« Patriks Gesichtsausdruck war verdächtig mild.
»Das war nur eine Frage der Zeit, alles nur eine Frage der Zeit.« Wieder verrückte Ola die Gegenstände auf dem Tisch. Dann wendete er sich mit Nachdruck an die beiden Polizisten auf dem Sofa. »Aber ich verstehe nicht, was das jetzt noch für eine Rolle spielt! Marit ist tot, und wenn Sofie und ich endlich nichts mehr mit dieser Person zu tun habenmüssen, können wir ein ganz normales Leben weiterführen. Wozu noch in der Vergangenheit wühlen?«
»Weil einiges darauf hindeutet, dass Marits Tod kein Unfall war.«
In dem kleinen Wohnzimmer wurde es unangenehm still. Ola starrte sie an. »Kein … kein Unfall?« Er blickte vom einen zum anderen. »Was meinen Sie damit? Hat jemand …?« Er brachte den Satz nicht zu Ende. Falls seine Verblüffung nicht echt war, war sie gut gespielt. Patrik hätte in diesem Moment viel für einen Blick in Olas Kopf gegeben.
»Ja, wir glauben, dass jemand bei Marits Tod die Finger im Spiel gehabt haben könnte. Bald wissen wir mehr. Aber bis dahin sind Sie unser heißester Kandidat.«
»Ich?« Ola starrte sie fassungslos an. »Aber ich könnte Marit niemals weh tun! Ich habe sie doch geliebt! Ich wollte, dass wir wieder eine Familie werden!«
»Und auf Grund dieser großen Liebe haben Sie Marit und ihre Freundin bedroht?« Patriks Stimme triefte vor Sarkasmus.
Beim Wort »Freundin« fing es in Olas Gesicht an zu zucken.
»Aber sie war doch wie vernagelt! Wahrscheinlich hatte sie eine Midlife-Crisis, die Hormone haben ihr das Hirn vernebelt, und dann hat sie alles hingeschmissen. Wir waren zwanzig Jahre zusammen, können Sie sich das vorstellen? Mit sechzehn haben wir uns in Norwegen kennengelernt. Ich dachte, es wäre für immer. Wir haben viel …« Er zögerte. »… viel Scheiße zusammen durchgemacht, als wir jung waren, und wir hatten alles, was wir brauchten. Und dann hat sie einfach …« Ola war laut geworden. Seine wild gestikulierenden Hände verrieten deutlich, dass er noch immer nicht begreifen konnte, was vor vier Jahren geschehen war.
»Wo waren Sie am Sonntagabend?« Patrik sah ihn ernst an.
»FragenSie mich nach meinem Alibi? Allen Ernstes? Sie wollen tatsächlich mein Scheißalibi für Sonntagabend?«, erkundigte sich Ola ungläubig.
»So ist es«, antwortete Patrik ruhig.
Ola schien kurz davor, die Beherrschung zu verlieren, riss sich aber zusammen. »Ich war den ganzen Abend zu Hause. Allein. Da Sofie bei einer Freundin übernachtet hat, kann es niemand bestätigen. Aber es war so.« Sein Blick war trotzig.
»Niemand, mit dem Sie telefoniert haben? Kein Nachbar, der angeklopft hat?«, fragte Martin.
»Niemand.«
»Tja, das ist nicht so günstig«, bemerkte Patrik lakonisch. »Das bedeutet nämlich, dass Sie weiterhin unter Verdacht stehen. Sofern sich herausstellt, dass Marits Tod kein Unfall war.«
Ola lachte bitter. »Sie sind sich also nicht einmal sicher und verlangen ein Alibi von mir.« Er schüttelte den Kopf. »Sie müssen wahnsinnig sein.« Dann stand er auf. »Ich will, dass Sie jetzt gehen.«
Patrik und Martin erhoben sich ebenfalls. »Wir waren sowieso fertig. Allerdings könnte es sein, dass wir wiederkommen.«
Ola lachte wieder. »Das werden Sie bestimmt.« Er ging in die Küche, ohne sich zu verabschieden.
Patrik und Martin fanden den Weg zur Tür allein. Vor dem Haus blieben sie stehen.
»Und, was denkst du?« Martin zog seinen Reißverschluss bis zum Hals hinauf. Die Frühlingssonne wärmte noch nicht richtig, und der Wind war kühl.
»Ich weiß nicht«, seufzte Patrik. »Wenn wir sicher wären, dass wir in einem Mordfall ermitteln, wäre es einfacher, aber so …« Er seufzte wieder. »Wenn ich bloß wüsste, woran mich das ganze Szenario erinnert. Irgendetwas kommt mir …« Er verstummte und schüttelte verbissen den Kopf. »Es fällt mir einfach nicht ein. Ich werde die Sa chenoch einmal mit Pedersen besprechen,
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