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Die Tränen der Justitia (German Edition)

Die Tränen der Justitia (German Edition)

Titel: Die Tränen der Justitia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gold
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dann am Abend.»
    «Soll ich für uns kochen?»
    «Eine gute Idee.»
    Kurz vor Mittag klopfte Staatsanwalt Kern an Ferraris offene Bürotür.
    «Grüezi, Herr Kommissär. Hallo Nadine», er nickte ihr kurz zu, «wir haben uns ja schon gesehen.»
    Ferrari runzelte die Stirn. Was heisst denn hier Nadine? Baggert der alte Sack jetzt auch noch seine Kollegin an?! Reicht ein Yvo nicht?
    «Ich wollte dir nur sagen, dass wir ein Verfahren gegen Häring einleiten. Der Richter wird dann vermutlich eine Verfügung gegen ihn aussprechen. Du musst ihr aber unbedingt eintrichtern, dass sie sich sofort melden soll, wenn Häring sich nicht an den Gerichtsentscheid hält.»
    «Geht klar. Danke, dass du Viviane hilfst, Fabian.»
    «Ist mir ein Vergnügen. So, jetzt muss ich wieder.»
    «Nur noch eine Frage, Herr Staatsanwalt. Ist Ihnen in den letzten Tagen etwas Aussergewöhnliches an Kollege Borer aufgefallen?»
    «Aussergewöhnlich? Ich verstehe Ihre Frage nicht.»
    «Wie soll ich sagen … Glauben Sie, er hat etwas zu verbergen?»
    «Ah! Jetzt begreif ich. Sie vermuten, dass ihn jemand mit Lena erpresst. Nein, mir ist nichts Derartiges aufgefallen. Er ist verständlicherweise total von der Rolle, versucht jedoch seine Arbeit zu machen. Soweit ich das beurteilen kann. Wenn Sie es wünschen, beobachte ich ihn unter den neuen Gesichtspunkten.»
    «Das würde uns sehr helfen, danke. Wir wollen natürlich nicht, dass Sie ihn bespitzeln …»
    «Ganz ohne wird es nicht gehen. Doch in diesem Fall heiligt der Zweck die Mittel, wenn dadurch Julia und Lena geholfen ist.»
    Kaum hatte sich Kern verabschiedet, verdunkelte Big Georgs Silhouette den Eingang. Seine stattliche Erscheinung war immer wieder aufs Neue imposant. Der Erste Staatsanwalt hatte gestern Abend unter Kollegen in weinseliger Stimmung ziemlich viel geplaudert. Georg wusste nun, wer mit wem in der Partei was und wo trieb, welche politischen Ambitionen der Erste Staatsanwalt hegte und welchen Hobbys er in seiner spärlichen Freizeit nachging. Nur Borer blieb im Gespräch eine Randerscheinung. Unter guten Freunden gab er Georg einzig zu verstehen, dass er den Staatsanwalt bewusst etwas in der Versenkung verschwinden liess. Im nächsten Frühjahr standen nämlich Wahlen an und sein Untergebener wollte für den Nationalrat kandidieren – genau wie er selbst.
    «Klare Sache. Er füttert Borer mit kleinen, unbedeutenden Fällen, damit er ja nicht in der Öffentlichkeit steht, während Kern die grossen bekommt. So ist er kein Konkurrent im Wahlkampf. Sauber gedeichselt und Borer merkt es nicht einmal.»
    «Wollte dich Borer nicht für den Wahlkampf einspannen?», fragte Nadine.
    «Ja, ich sollte Olivia gnädig stimmen. Wenn ich jetzt höre, was Georg erzählt, überlege ich mir, ob ich ihn nicht doch unterstütze.»
    «Du meinst, um dem Oberheini eins auszuwischen?»
    «Genau.»
    «Verdient hätte er es, aber so ist nun einmal die Politik. Tut mir leid, dass ich nicht mehr herausfinden konnte … Ah ja, nochmals meine Warnung. Mit Reto Geisser ist nicht zu spassen. Wenn ihr den besucht, nehmt zwei oder besser gleich vier Leute zur Verstärkung mit.»
    Eine halbe Stunde später standen Nadine und Ferrari vor Geissers Wohnung. Allein, ohne jegliche Schützenhilfe. Eine zierliche Frau öffnete die Tür einen Spalt. Nadine stellte sich vor und wies sich aus. Die Frau blickte nervös auf den Ausweis, verschwand für einen kurzen Augenblick und kam in Begleitung eines durchtrainierten Enddreissigers zurück. Geisser zeigte kommentarlos aufs Wohnzimmer und gab seiner Frau oder Lebenspartnerin mit einem Wink zu verstehen, dass sie verschwinden sollte.
    «Sie stören meine Privatsphäre. Ich hoffe aus gutem Grund.»
    Ferrari setzte sich an den Tisch, während Nadine die Fotos an der Wand betrachtete.
    «Ob der Grund gut ist, wird sich zeigen.»
    «Wir wollen zu Freunden nach Zürich. Machen Sie es also kurz.»
    «Müssen Sie denn heute nicht arbeiten?»
    «Ich habe frei genommen, baue sozusagen Überstunden ab. Also, was wollen Sie?»
    «Mit Ihnen über Franz Heller reden.»
    «Über Franz? … Was werfen Sie ihm denn vor?»
    «Nichts … noch nichts. Wir ermitteln prophylaktisch.»
    «Quatsch! Sie ermitteln in Mordfällen. Ich kenne Ihr Gesicht aus der Zeitung. Ist Franz wieder im Bau?»
    «Er liegt wahrscheinlich mit seiner neuen Flamme im Bett und geniesst das Leben», schaltete sich Nadine ein.
    «Von Ihnen habe ich auch schon gehört. Sie sollen einen festen Tritt haben.»
    Ferrari

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