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Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Titel: Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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hielten flammende Reden, wobei Sean sich auf den Imperialismus der Briten konzentrierte, der vor nichts zurückschreckte, um seine Herrschaft über die Goldminen zu zementieren, während Violet die Not der Frauen in den Konzentrationslagern ansprach. Sie machte sich damit keine Freunde bei den nationalen Frauenorganisationen – von ihrer Vorgängerin Wilhelmina Sherriff Bain hatte sich das National Council of Women schon ein Jahr zuvor distanziert. Beide waren allerdings lange genug in der Politik, um sich davon nicht schrecken zu lassen. Violet hielt sich zurzeit in Christchurch auf, Sean gar in Wellington. Reverend Burton und Kathleen unterstützten ihre pazifistischen Bemühungen, indem sie Geld für die Stiftung von Emily Hobhouse sammelten, mit der die größte Not in den Lagern gelindert werden sollte. Mit einem Besuch bei Lizzie und Michael in Otago, ihrem ursprünglichen Vorhaben, hätte Atamarie noch mehr Zeit verloren. Also informierte sie ihre Großeltern gar nicht erst von ihrer Ankunft, sondern fuhr gleich wieder zurück.
    Atamaries Herz klopfte heftig, als der Zug in den Bahnhof von Timaru einfuhr. Sie hätte zu gern gewusst, wie es Richard ging. Aber aussteigen und im Krankenhaus nachfragen war undenkbar! Und seine Verletzungen waren ja auch nicht lebensbedrohlich gewesen. Er konnte sich selbst melden, wenn er Kontakt mit Atamarie halten wollte. Wenn nicht … Atamarie war zum Weinen zumute, aber sie beherrschte sich. Der nächste Schritt – wenn es denn einen geben würde – sollte von Richard ausgehen!
    »Irgendwann werden wir einfach rüberfliegen!«, meinte Atamarie zu einer verständnislos blickenden Mitreisenden, als sie am nächsten Tag auf der Fähre zwischen Süd- und Nordinsel vom Seegang durchgeschüttelt wurden. »Es wird schnell gehen und einfach! Bestimmt brauchen wir nur drei oder vier Stunden, und niemand wird mehr seekrank.«
    Die junge Frau überlegte. Dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, da oben würde man auch krank, luftkrank«, sagte sie schließlich und wandte sich zum Gehen. »Und man könnte runterfallen … Während ich noch nie von jemandem gehört habe, der in der Cook-Straße ertrunken ist.«
    »Die Leute machen sich nur darüber lustig!«, meinte Atamarie verärgert, als sie ihrer Mutter bei ihrer Ankunft von der Episode erzählte. Gemeinsam beobachteten sie, wie viele bunte Drachen über Parihaka aufstiegen. Ihr Anblick hatte Atamarie wieder mal aufs Fliegen gebracht. »Aber dies sind fabelhafte manu! Kommt’s mir nur so vor, oder liegen sie besser in der Luft als die, die früher hier gebaut wurden? Und gehört Drachenfliegen nicht überhaupt zur Neujahrszeremonie? Ich dachte, sonst wär’s tapu? «
    Matariki lachte. Sie war unendlich froh, ihre Tochter wiederzusehen – obwohl sie ihr die fröhliche Ferienstimmung nicht ganz abnahm. Irgendetwas hatte Atamaries Freundschaftsbesuch bei Richard Pearse abrupt beendet. Matariki hoffte, dass ihre Tochter später mit ihr darüber reden würde.
    »Ach was«, antwortete sie jetzt. »Man darf jederzeit manu aufsteigen lassen, wenn man die richtigen karakia dazu singt. Und ganz abgesehen von dem Gespräch mit den Göttern – früher machte man das auch regelmäßig, um Botschaften zwischen den Stämmen hin- und herzusenden. Nach dem Tod des Gründers der Ngati Porou sollen die Menschen in Whangara einen manu in den Himmel geschickt haben, den man bis zurSüdinsel sah. Porourangis Bruder Tahu, der Stammvater der Ngai Tahu, konnte ihn daraufhin betrauern.«
    Atamarie blickte etwas skeptisch, sagte aber weiter nichts zu der Geschichte. Auch sie hatte schon von manu gehört, zu deren Beherrschung dreißig Männer nötig gewesen waren. Aber ob das der Wahrheit entsprach? Zumindest hätte man mühelos damit aufsteigen können.
    »Das heutige Drachenfest feiern wir nur, weil Rawiri gerade da ist«, gab Matariki jetzt weiter Auskunft. »Er ist zurück von seiner Wanderung in den Norden, wo er bei so ziemlich jedem tohunga studiert hat, der für den Bau von manu berühmt ist. Er gilt jetzt auch selbst als tohunga , und in dieser Woche unterrichtet er die Kinder im Dorf. Erwachsene natürlich auch, wenn sie Lust haben. Du kannst sicher gern mitmachen.«
    Atamarie nickte interessiert. Rawiri schien die Sache mit dem Fliegen also weiter zu betreiben und ernst zu nehmen. Oder ging es ihm eher um Botschaften für die Götter? Atamarie konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, was er damals erzählt hatte, nachdem Richard und

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