Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
Tibbs den Lederriemen, der über Mähnenkamm und Stirn des Pferdes zu den Trensenringen führte und das Pferd damit zwang, den Kopf unnatürlich hoch zu tragen. Rosie sah mit ungläubiger Bewunderung zu. Wie konnte er das nur wagen? Fence einfach so befehlen, seine Argumente in den Wind schlagen … Dieser Mr. Tibbs musste ein einflussreicher Mann sein. Und irgendwie erinnerte er Rosie an jemanden. Aber jetzt musste sie Diamond wirklich zur Startlinie lenken.
Joe Fence grinste jetzt nicht mehr. Er war deutlich verärgert, und Rosie machte seine Miene schon wieder Angst. Natürlich, er musste glauben, dass sie seinen Kunden auf die Sache mit dem Hilfszügel gebracht hatte. Dabei hatte Mr. Tibbs sich vorher schon gewundert.
Joe Fence hielt die Zügel kurz, als die Pferde in leichtem Trab über die Startlinie gingen. Rosie behielt die sanfte Zügelverbindung bei. Diamond blieb gelassen, obwohl Spirit’sDream neben ihr lief. Rosie hielt sie in dieser Position, als Joe beschleunigte. Dabei blickte sie zu dem Rapphengst hinüber. Spirit’s Dream war zweifellos schnell – und trabsicher war er auch, bestimmt brauchte er keinen Aufsatzzügel, wenn man ihn ordentlich trainierte. Aber er war nervös und wollte an Diamond vorbei. Fence schien unschlüssig zu sein, ob er ihn jetzt schon gehen lassen sollte, die Runde war schließlich noch nicht mal zu einem Drittel vorbei. Rosie erleichterte ihm die Entscheidung, indem sie Diamond ihr Tempo beibehalten ließ, während der Hengst vorpreschte. Joe grinste triumphierend, als er die Stute überholte.
Rosie verdrehte die Augen. Diamond hielt Dreams Tempo locker, obwohl das Rennen nun wirklich schnell wurde. Sie pullte nun auch ein wenig, aber Rosie wirkte beruhigend auf sie ein. Es brachte nichts, sich vor der Zielgeraden zu verausgaben. Und dann waren sie an der kurzen Seite vorbei, und das Ziel kam in Sicht.
»Jetzt!«
Rosie schnalzte und gab Diamond die Zügel vor. Sie war selbst überrascht, wie schnell die Stute anzog. Diamond flog voran, setzte sich mühelos neben Spirit’s Dream und wurde atemberaubend schnell, als der jetzt weiter beschleunigte. Die Pferde jagten nebeneinanderher – Rosies Herz tanzte vor Glück, und sie sandte sogar Joe Fence einen beseelten Blick hinüber. Der achtete allerdings gar nicht darauf. Mit verkniffenem Gesicht kämpfte er mit seinem Hengst, der sich auf keinen Fall von der fuchsfarbenen Stute überholen lassen wollte. Aber im Trab wurde es nun offensichtlich eng für Spirit’s Dream. Diamond verließ die Gleichaufposition und schob sich vor ihn. Sie wurde immer noch schneller. Rosie hätte laut aufjubeln können. Noch nie hatte sie ein so schnelles Pferd vor sich gehabt, Diamond übertraf all ihre Erwartungen!
Und Fence neben ihr kapitulierte vor der Kraft des schwarzen Hengstes. Spirit’s Dream zog ihm die Zügel aus der Hand und galoppierte an – triumphierend schoss er an der brav weiter trabenden Diamond vorbei. Über Rosies Gesicht zog ihr süßestes Lächeln. Sie jedenfalls brauchte sich keine Gedanken zu machen. Diamond ließ sich von schnelleren Pferden nicht irritieren. Joe Fence schaute sie wutentbrannt an, als sein Sulky an ihrem vorbeirollte.
»Schnell ist er ja«, bemerkte Mr. Tibbs mit nachsichtigem Grinsen, als Fence vor ihm hielt. »Nur an der Gangart müssen Sie noch arbeiten.«
»Ich habe Ihnen gesagt, dass er den Overcheck braucht …«
Joe Fence begann mit einer Reihe von Entschuldigungen, aber Rosie hörte nicht hin. Sie sah zu ihrer Überraschung Dr. Taylor und ihre Nichte Roberta von einer der Tribünen steigen.
»Rosie, das sah ja wunderbar aus!« Roberta lächelte strahlend und umarmte ihre Tante, als Rosie vom Sulky stieg. »Vincent hat mich abgeholt, und wir dachten, wir treffen dich sicher hier an. Und was für eine Überraschung, wir kriegen gleich ein Rennen geboten!«
Roberta klang freundlich, wenn auch etwas bemüht. Wie ihre Mutter verabscheute sie Pferderennen. Aber die elegante Diamond vor dem leichten Sulky und die sonst so schüchterne Rosie, die sie souverän über die Bahn führte, hatten sie ehrlich beeindruckt.
Vincent Taylor war regelrecht aus dem Häuschen. »Rosie, das ist unglaublich! Ich habe noch nie ein Pferd so mühelos laufen sehen. Zumal der Hengst sehr schnell ist. Am letzten Renntag hat er gewonnen, nicht wahr, Mr. Fence?« Der Tierarzt wandte sich an Joe, der endlich wieder Land sah.
»Da hören Sie es, Mr. Tibbs. Wenn ich vorstellen darf, der Bahntierarzt. Wenn’s
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