Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
einer Angestellten. Ein- oder zweimal die Woche war das kein Problem, aber öfter gefiel es weder Claire noch Kathleen.
»Ich habe auch den Eindruck, sie missbraucht uns als Kindermädchen«, meinte Kathleen eines Nachmittags, als Juliet endlich gegangen war. »Sie kann’s doch gar nicht abwarten, bis deine Paika ihr das Baby abnimmt.«
Paika war Claires Hausmädchen. Die junge Maori-Frau liebte Kinder.
»Nicht nur euch«, bemerkte Heather, die sich gerade in einem neuen kanariengelben Kleid vor dem Spiegel drehte. »Bei uns schaut sie auch mindestens einmal die Woche vorbei. Nicht dass es mich stört, die Kleine ist reizend, und im Moment schläft sie ja auch meist, nachdem irgendjemand sie gewickelt hat. Aber in ein paar Monaten läuft sie. Dann patscht sie euch hier die Kleider an und wirft mir die Staffeleien um. Wobei unsere Rosie auch nicht so begeistert davon ist, sich um sie zu kümmern, wie deine Paika. Rosie mag Pferde, Kinder versorgt sie nur, wenn sie muss. Na ja, und ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber wir finden Juliet keine sooo anregende Gesellschaft, dass wir deshalb einen Kindergarten eröffnen würden …«
Juliet musste also bald erleben, dass sich die Frauen der Dunediner Gesellschaft zurückzogen. Sie saß wieder stundenlang zu Hause und ließ ihre schlechte Laune an Patrick aus, wenn er heimkam. Dabei bemühte er sich von Herzen, sie glücklich zu machen. An einem der seltenen Wochenenden, die Juliet und Patrick in Lawrence verbrachten, ertappte Michael seinen Sohn sogar beim Goldwaschen.
»Es macht euch doch nichts aus, oder?«, fragte Patrick mit schiefem Lächeln.
Michael seufzte. »Doch, Patrick«, meinte er schließlich. »Es macht uns etwas aus. Wenn du schon fragst, will ich auch ehrlich antworten. Du bist unglücklich, und du lebst über deine Verhältnisse. Und du bringst uns alle in Gefahr. Wo willst du das Gold verkaufen, Patrick? In Dunloes Bank? Oder bei einem Goldhändler? Der wird Fragen stellen. Ich verkaufe es meist in kleinen Mengen in unterschiedlichen Städten, wo ich gerade Schafe verkaufe oder ausstelle. Das geht dann durch als ›Wir schürfen ein bisschen zum Vergnügen, und letzte Woche waren wir unglaublich erfolgreich. Wo? Ach, irgendwo am Lake Sowieso, ich merk mir die Stellen nicht.‹ Und die Maori schicken verschiedene Leute rum, kein Goldaufkäufer erinnert sich an irgendeinen Maori, der kleine Summen einlöst. Aber dich kennen die Farmer und die Bankiers, du berätst doch auch über Darlehen und Anleihen. Wenn du plötzlich mit Gold auftauchst, und dann immer wieder …«
»Es ist nur dieses eine Mal, ich … Juliet will ein Klavier …«
Patrick ließ die Goldpfanne sinken und setzte sich ins Gras neben den Bach. Ein paar Augenblicke lang fand er Frieden in der Betrachtung des Wasserfalls vor der Kulisse der grün bewachsenen Berge, dem Wald und den Weiden.
Michael rieb sich die Stirn und ließ sich neben seinem Sohn nieder. »Wir werden ihr eins schenken«, meinte er dann. »Das lässt sich machen, kein Problem. Aber ich fürchte, sie wird dann gleich den nächsten Wunsch äußern. Du musst ihr Grenzen setzen, Patrick, sosehr du sie liebst.«
Michael nahm seinem Sohn die Goldpfanne aus der Hand und warf den Inhalt zurück in den Bach. In dem schwarzen Sand, bis zu dem Patrick die Steine und die Erde vom Grund des Baches ausgewaschen hatte, leuchtete es golden auf, als er aufs Wasser traf.
Patrick biss sich auf die Lippen. »Aber sie tut mir leid«, gestand er dann. »Sie … sie findet keine rechten Freunde in Dunedin, sie ist einsam, das alles überfordert sie …«
Michael hob die Hände. »Sie hat gewusst, worauf sie sich einließ, als sie dich geheiratet hat. Nun muss sie sich damit abfinden. Und wenn sie sich langweilt und keine Hausarbeit machen will, dann muss sie sich das Geld eben selbst verdienen, das sie braucht.«
Patrick sprang auf und warf seinem Vater empörte Blicke zu. »Aber sie … sie kann doch nicht …«
»Sie hat sich bis jetzt ganz gut durchgeschlagen«, meinte Michael gnadenlos. »Sie ist gebildet, sie hat Umgangsformen … vielleicht braucht ein Hotel eine Empfangsdame. Als Verkäuferin in Lady’s Goldmine könnte ich sie mir auch vorstellen. Vielleicht können Kathleen und Claire jemanden brauchen. Demnächst kann sie auch Klavierstunden geben. Tu nicht so, als beschränkten sich ihre Fähigkeiten auf das eine, Patrick. Damit setzt du sie herab!«
Patrick errötete. »Ich frage jetzt nicht, wie du
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