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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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sich, wie lange er warten konnte, bevor es aus ihm herausbrach, aber Bear saß nur da, rauchte seine Zigarette und schaute in den Garten hinaus.
    Als er es nicht mehr ertragen konnte, sagte Jack: »Also … Bear … was ist mit dir?« Er brachte die Worte nur mühsam heraus; sein Hals war plötzlich trocken und eng. »Bist du in Ordnung?«
    »Ich? Weiß nicht.«
    »Du weißt es nicht? Wie ist das möglich?« Er wusste nicht einmal, warum er so wütend war. Lag es daran, dass dieser unzerstörbare Mann vielleicht sterben würde? Oder weil er so nervtötend gleichgültig war? Vielleicht war er aus egoistischen Gründen wütend – immerhin hatte er nicht darum gebeten, dass Bear ihm diese Last, dieses schreckliche Wissen aufbürdete. Er konnte wirklich keine weiteren Probleme brauchen. »Du hast keine Tests gemacht? Wie kannst du es ertragen, es nicht zu wissen?« Seine Stimme war ein Krächzen, weil er angestrengt versuchte, sich seinen Zorn nicht anmerken zu lassen.
    »Du meinst, warum habe ich nicht herausgefunden, ob ich bald sterben werde? Ist es das, was du meinst, Jack? Damit ich mir Gedanken machen und mir Leid tun kann? Damit ich deprimiert sein und vielleicht darum beten kann, dass Gott mir hilft? Oder um eine Wunderheilung? Oder machst du dir Sorgen um den Rest der Welt und fragst dich, ob ich Safer Sex praktiziere?«
    Jack senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Ich verstehe einfach nicht, wie du damit leben kannst.«
    »Ach so. Das ist einfach.« In Bears Lächeln war keine Spur von Groll zu erkennen. Es war das Lächeln eines Mannes, der dieser Frage schon tausendmal gegenübergestanden hatte. »Ich lebe einfach jeden Tag, als ob es mein letzter wäre. Wenn ich früh sterbe, habe ich mein Bestes getan.« Er zuckte die Achseln. »Und wenn ich in Ordnung bin und neunundneunzig Jahre alt werde, nun, dann habe ich keine Sekunde verschwendet.«

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    Teil 2
    Eunoto
       

Kapitel 21
    Aus Peabodys Ostafrikaführer (5. Auflage):
    Die Ehe ist Glückssache. Sie hat keine Augen. (Sprichwort der Massai)
     
     
    D as Mädchen schlüpfte durch die niedrige Tür der Hütte. Ihr kühler Halsschmuck streifte leicht ihre kleinen schwarzen Brustwarzen. Sie wurden hart und empfindlich, als sie daran dachte, mit ihm zusammen zu sein. Sie hatte ihn beobachtet wie ein kreisender Adler, vom frühen Abend bis zur mondlosen Nacht, damit sie wusste, wann er allein war. Nichts, was er getan hatte, hatte sie ignoriert. Kein Wort war ihr entgangen. Vom trüben Lichtschein des Feuers aus hatte sie ihn beobachtet. Wie eine Löwin, die ihre Jungen hütet, hätte sie jede andere
Entito
angegriffen, die sich ihm genähert hätte.
    In der dunklen Hütte flüsterte sie seinen Namen. Er brummte eine Antwort.
    Sie tastete sich im Dunkeln auf seine Stimme zu. An der Bettplattform streckte sie die Hände aus, bis sie sein geflochtenes Haar berührten, dann fuhr sie mit den Fingern über seine schmale Nase. Dort war die kleine Narbe auf seiner Wange, wo ihn ein Übungskampf beinahe ein Auge gekostet hatte. Und dort waren seine vollen Lippen, sein breites Kinn.
    Sie fragte ihn, woher er wusste, dass sie es war. Ihr Flüstern war unnötig. Niemand konnte sie im dunklen Wald des Fleischlagers der
Moran
hören.
    Er hatte einfach nur bemerkt, dass sie ihn den ganzen Abend beobachtet hatte, wie ein Affe Obst anstarrt, das zwischen Leoparden fällt, aber er sagte ihr, dass er schließlich ein Krieger war und ihm nichts entging. Seine breite Brust war kühl. Sie ließ ihre Hand auf seinem Bauch ruhen und fragte ihn, ob sie bleiben könne. Er fragte, warum. Es machte ihm Spaß, sie zu necken.
    Sie spürte seine Bauchmuskeln, die sich unter ihren Fingern bewegten, als er sprach. Als Antwort ließ sie die Hand zu den gelockten Haaren zwischen seinen Beinen gleiten und streichelte dann seine Oberschenkel. Sie spürte eine Spannung in den Muskeln, die sie erfreute. Sie kannte diesen Körper.
    Er schwieg, aber er atmete tief ein, als sie die Finger um ihn schloss.
    Sie versprach ihm ihren Körper, wenn er sie heiraten würde.
    Es war nicht das erste Mal, dass sie während ihrer Liebesspiele einen solchen Vorschlag machte. Er bewegte sich zum Rhythmus ihrer Hand.
    Sie sagte, sie sehnte sich danach, seinen starken Speer in sich zu spüren, seine Säfte zu trinken. Ihm standen große Freuden bevor – viel mehr, als einem
Morani
gestattet waren. Die Liebesspiele waren für Kinder. Sie war eine Frau, er ein Mann, und er würde bald Ältester sein.

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