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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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die Fersen zurück und starrte ihn mit großen Augen an.
    »Ja, Naisua, das ist möglich. Du hast eine Begabung zum Heilen. Und nun werde ich dich auch meine Magie lehren und dir zeigen, wie du sie nutzen kannst, um die Familie zu führen. Du wirst die Frauen schützen, die Unschuldigen, die am meisten unter dem Fluch leiden.«
    »Aber dein Sohn – unser Sohn – wird doch sicher dein Schüler sein.« Sie legte die Hand auf ihren Bauch.
    »Kann ich auf einen Sohn hoffen? Drei Frauen, jede mit einer Tochter. Nun kann ich das Bett nicht mehr mit ihnen teilen, damit sie keine weitere Tochter zur Welt bringen und den Fluch wieder über uns bringen.« Er sah Naisua in die Augen. »Du bist meine letzte Chance auf einen Nachfolger, kleines Fohlen.«
    »Es wird ganz bestimmt ein Junge. Und du wirst ihm beibringen, wie man ein
Laibon
wird.«
    »Ich habe vielleicht nicht genug Zeit.«
    »Warum?«
    »Ich hatte noch andere Visionen.«
    »Es macht mir Angst, wenn du so redest.«
    »Du brauchst keine Angst zu haben.« Sanft legte er ihr die Hand auf die Schulter. »Naisua, du wirst ein langes Leben haben, und mit der Zeit wirst du Weisheit gewinnen, die Weisheit, die du brauchst, um viele Generationen der Kidongi-Familie anzuleiten. Mit Hilfe meines Geschenks der Magie wirst du gegen den Fluch kämpfen, bis ein weiterer
Laibon,
ein großer
Laibon,
deine Stelle einnimmt.«

Kapitel 4
    Aus Peabodys Ostafrikaführer (5. Auflage):
    Zeig einem Affen nicht die Zähne. (Massaisprichwort mit der Bedeutung: Behalte deine Geheimnisse für dich.)
     
     
    D ienstagmorgen. Das unverkennbare Hupen eines Landrovers weckte ihn. Sein Mund fühlte sich an wie der Boden einen Papageienkäfigs. Er erinnerte sich daran, sehr betrunken gewesen zu sein und sehr schlecht Pool gespielt zu haben, und er erinnerte sich an Benice und die anderen Mädchen, die ihn wie ein Schwarm Haie umgeben hatten. Er drehte sich zu dem leeren Kissen neben sich um und stieß einen erleichterten Seufzer aus. Er wollte keine weiteren Komplikationen. Er wollte keinen Sex mehr mit geheimnisvollen Damen der Nacht.
     
    Die Teilnehmer standen noch eine Weile in der stickigen Hotellobby herum, bevor sie entweder in die Bar oder zu einer der abendlichen Veranstaltungen gingen, die die Organisatoren der Konferenz angeboten hatten. Jack brachte sein Bier in den verlassen wirkenden Garten hinaus. Die Palmen und Hibiskusbüsche waren von unten beleuchtet. Kühler Wind wehte über den Pool, und von irgendwo am Strand drunten erklang der letzte Hit der britischen Band Fine Young Cannibals.
    »Langweilige Konferenz?« Sie hielt das Martiniglas einen Zoll von ihren Lippen entfernt. Die Lippen waren rot.
    »Wie? Nein, eigentlich nicht. Nur ein langer Tag.« Ihr Sommerrock wehte im Wind und passte zu diesem Honoluluabend. »Ich habe Sie nicht auf der Konferenz gesehen«, sagte er und wünschte sich, er hätte den Blick nicht zu ihren Beinen schweifen lassen.
    »Ich bin keine Teilnehmerin.«
    »Woher wussten Sie …«
    Sie sah sich mit nervösen Katzenaugen auf der Terrasse um, dann schaute sie wieder Jack an. In ihrem Blick lag der gleiche unverhohlen abschätzende Ausdruck, der ihn von Anfang an ein wenig beunruhigt hatte. »Sagen wir einfach, ich kenne diesen Gesichtsausdruck.« Sie trank einen Schluck Martini und verbarg damit ihr Lächeln.
    »Sind wir so durchschaubar?« Auch er lächelte.
    »Neunundneunzig Prozent. Hin und wieder gibt es jemanden, der einen überrascht, jemanden, der interessant ist.«
    »Woher wissen Sie, wann Sie diesen Sonderfall vor sich haben?«
    »Intuition. Ich weiß es einfach.« Am Rand eines ihrer ansonsten perfekten weißen Zähne war ein Stück abgebrochen. Ihre Zunge zuckte vor, um es zu verdecken. Er fand das irgendwie erotisch.
    »Sie sind offenbar eine gute Beobachterin«, sagte er.
    »Das bin ich.«
    »Was wissen Sie sonst noch?«
    Sie betrachtete ihn forschend, ließ den Blick langsam über seinen Körper wandern. Er spürte, wie er den Bauch einzog, obwohl er nichts zu verbergen hatte.
    »Hm. Nicht verheiratet. Aber eine feste Freundin … Ein Fachmann. Anfang dreißig. Zweiunddreißig. Ingenieur. Nein. Irgendwas mit Boden. Bodenkonservierung.«
    Er lachte. Überall im Hotel waren die Tagespläne für die Konferenz über Bodenkonservierung ausgehängt. »Brillant!«
    »Schlichte Logik, Dr. Watson.« Sie grinste, und wieder zuckte ihre Zungenspitze zu dem abgebrochenen Zahn. Eine Katze, die sich Sahne von den Lippen leckt. »Noch etwas zu

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