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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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Ein Laster rumpelte vorbei. Jack drückte sich tiefer hinter den Busch und fragte sich, ob man ihn gesehen hatte. Der Laster fuhr durch den Bach und blieb am
Boma-
Eingang stehen. Er hörte Rufe und Gelächter, als Mengorus Wachen sich dort sammelten.
    Mengoru kam den Hügel herunter und fing sofort an, Befehle zu geben. Die Männer begannen, das Elfenbein aus einer der Hütten in den Laster zu laden. Bald schon waren ihre Hemden dunkel von Schweiß. Onditi stand neben Mengoru, die Hände in den Hosentaschen, und beobachtete die Arbeit.
    Das Dorf versank im Zwielicht, noch bevor alle Stoßzähne verladen waren. Jack hatte das Interesse an den Aktivitäten der Männer verloren und wartete nur darauf, dass es endlich dunkel genug wurde, damit er sich bewegen konnte. Das Krachen der Autotür ließ ihn aufhorchen. Ein paar Worte wehten über den Bach zu ihm, dann wurde eine weitere Tür zugeworfen.
    Der Dieselmotor sprang an. Scheinwerfer bohrten ihre Strahlen in das Laub über Jacks Kopf. Er drückte sich flach auf die harte, feuchte Erde, als der Laster vorbeirollte. Die Männer am Dorftor lachten und redeten, bis der Laster außer Sicht- und Hörweite war.
    Jack schaute zum dunkellila Himmel hinauf. Ein bleicher Halbmond stieg auf. Er würde warten, bis es vollkommen dunkel war.
     
    Bear Hoffman fragte sich, ob ihn in all seinen vierundfünfzig Jahren eine Frau hätte inspirieren können, das zu tun, was Jack gerade tat. Wäre er ihr durch halb Kenia gefolgt und aus dem Gefängnis ausgebrochen, und hätte er versucht, sie vor einer Bande bewaffneter Elfenbeinwilderer zu retten? Er dachte darüber nach, dann kam er zu dem Schluss, dass er das wahrscheinlich getan hätte. Nicht unbedingt wegen der Frau, aber er hatte immer Spaß an einem guten Kampf. Deshalb sitze ich auch hier mit einer Kugel im Bein, dachte er bedauernd.
    Er betrachtete den Verband. Im Mondlicht war nicht viel zu sehen, aber er bemerkte einen Blutfleck auf dem Sitzpolster von Ingas Auto. Er rieb daran. Der Fleck breitete sich auf dem Material aus. Er seufzte und schaute auf die Uhr. Jack war seit über einer Stunde weg. Bear fragte sich, ob alles in Ordnung war. Er hasste es, dass er nicht dort unten bei ihm sein und helfen konnte.
    Wie sehr sich Jack in der letzten Zeit verändert hatte! Bear konnte kaum glauben, dass er es noch mit dem gleichen Burschen wie vor sieben oder acht Monaten zu tun hatte. Unmöglich! Damals war Jack vollkommen kalt gewesen. Nichts hatte in seine sorgfältig gehütete Isolation eindringen können. Und jetzt war er dort unten im Dorf und riskierte seinen Hals für eine Frau.
    Bear fragte sich, warum er, ein Mann, der mehr Frauen gehabt hatte als der Sänger einer Rockband, nicht so empfand. Zu alt?, überlegte er. Nein. Seit Violet ist es einfach nicht mehr dasselbe. Was sollte das alles?
    Bear kannte sich gut damit aus, wenn es darum ging, die Teile einer Person einzusammeln und zusammenzusetzen. Wie ein Puzzle – immer ein Stück nach dem anderen. Er hielt sich nicht für zynisch oder berechnend. Es hilft mir, sie besser kennen zu lernen, das ist alles, war die Erklärung, die er sich selbst gab. Am Anfang hatte er mit Jack nichts anfangen können, obwohl er sich ziemlich um ihn bemüht hatte. Wie kann man herausfinden, was im Kopf eines anderen vorgeht, wenn es keine Risse in der Fassade gibt?
    Aber dann war Malaika aufgetaucht. Ohne sie hätte Bear vielleicht nie den wirklichen Jack kennen gelernt, er wäre ihm ein Rätsel geblieben. Doch auch dann hätte er Jacks Gesellschaft genossen. Jack war einfach Bears Typ von Mann. Aber nachdem er so viel offener geworden war, hatte Bear einen wirklich liebenswerten Menschen entdeckt. Jacks Zynismus bezüglich der UN war verschwunden. Er würde nie das sein, was die Bürokraten in New York einen »Karriere-Feldarbeiter« nannten, aber er arbeitete angestrengt an seinen Projekten, umging so manches Mal die UN -Bürokratie und riskierte dabei seinen Hals. Er war lässiger geworden, ließ sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen – inzwischen lachte er eher über Rückschläge, statt zornig und frustriert zu sein. Er hatte begonnen, seine Gefühle zu zeigen.
    Bear hatte den Schmerz gespürt, als Jack ihm vom Tod der Frau in Hawaii und seinem Anteil daran erzählt hatte, aber er war sicher, dass sein Freund im Lauf der Zeit lernen würde, damit zu leben.
    Jacks Angst, dass man ihn vor Gericht stellen würde, war unbegründet. Bear nahm sich vor, ihm zu sagen, dass er sich

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