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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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kleinen Siedlung, die sich in die Falte eines Hügels schmiegte.
    »Sie haben einen akademischen Grad in Agrarwissenschaften«, sagte sie.
    Er warf ihr einen Blick zu. »Woher wissen Sie das?«
    »Die Agenturen bekommen alle Einzelheiten. Oh, Sie wirken besorgt, Mr. Morgan«, sagte sie lächelnd. »Hüten Sie ein schreckliches Geheimnis?«
    »Nein! Ganz bestimmt nicht.«
    Der Witz war ihm offenbar entgangen, und sie fragte sich, ob sie ihn irgendwie beleidigt hatte.
    »Warum erwähnen Sie das jetzt?«, fragte er.
    »Ich frage mich einfach, ob Sie die Bodenkonservierungsarbeit selbst beaufsichtigen werden, oder … oder …«
    »Oh, ich verstehe. Nein, um die technischen Einzelheiten kümmere ich mich nicht. Diesmal nicht. Ich organisiere nur. Ich kümmere mich um die Organisation vor Ort.« Sein Lächeln kehrte zurück. »Und Sie sind Ärztin?«
    »Nein. Ich habe bei AmericAid eine gewisse medizinische Ausbildung erhalten, aber ich bin wie Sie für die Verwaltung zuständig. Meine Aufgabe ist es, das Projekt anzuschieben. Die Zustimmung der Regierung zu erhalten.« James Onditi und seine lüsternen Andeutungen fielen ihr plötzlich wieder ein.
    Sie fuhren in die kleine Siedlung. Auf dem abgeblätterten Schild stand:
Willkommen in Kopsiti.
    »Aber wenn das Projekt erst in Gang gebracht wurde, werde ich an etwas anderem arbeiten. Es gibt so viel zu tun.«
    Jack murmelte etwas, als der Landrover durch ein Schlagloch am Straßenrand rumpelte.
    »Stimmt etwas nicht?«
    »Dieser Verrückte in dem Laster hinter uns.« Er warf einen Blick in den Rückspiegel. »Er versucht, mich in diesen Kurven zu überholen. Hat er den Verstand verloren?«
    Malaika warf einen Blick über die Schulter. Der Laster, dessen hohe Ladung mit einer flatternden grünen Segeltuchplane bedeckt war, klebte an der Stoßstange des Landrovers. »Seien Sie vorsichtig. Diese Leute können nicht fahren.«
    »Das ist eindeutig! Er würde über mich wegbrettern, wenn ich hier langsamer würde.«
    Als der Lkw zu überholen begann, rutschte er in ein Loch und schob den Landrover seitlich in den Graben am Straßenrand. Jack und Malaika wurden nach vorn geworfen und hingen kurz in der Luft. Jack versuchte sofort, das Fahrzeug wieder von dem weichen Boden wegzumanövrieren, aber das hintere Ende bewegte sich nur in einer trägen Drehung.
    In einem Schuppen an der Bushaltestelle, der direkt in ihrem Weg stand, wartete eine kleine Gruppe von Menschen. Malaika rief: »Jack!« Er versuchte, den Wagen wieder unter Kontrolle zu bekommen, während die entsetzten Wartenden in alle Richtungen davonrannten. Die Bretter des Schuppens splitterten und klapperten. Hühner kreischten und verschwanden in einer Explosion von Federn. Das Auto kam ruckelnd zum Stehen. Staub senkte sich über sie wie eine Decke.
    Malaika hielt in dem stickigen Auto die Luft an. Sie wartete. Sie wartete auf ein Zeichen von Verletzung oder Tod. Es waren stets die Geräusche, Afrikas Stimmen, die das Ausmaß einer Tragödie angaben. Jack berührte ihre Schulter. »Ist alles in Ordnung?« Er flüsterte nur. Bevor sie etwas sagen konnte, erhob sich hinter ihnen im Busschuppen lautes Klagen.
    Jack sprang aus dem Auto. Malaika folgte ihm. Eine Frau weinte hysterisch, ein bewusstloses junges Mädchen auf dem Schoß. Die Menge bildete rasch einen engen Kreis um die beiden, und alle starrten sie an und redeten aufeinander ein. Malaika drängte sich durch, sank neben dem verletzten Mädchen auf die Knie und begann es zu untersuchen, zog die Lider hoch und betastete Rücken und Glieder.
    Jack sagte: »Können wir sie bewegen?«
    Sie überprüfte eine weiche Schwellung an der Seite des Kopfes des Mädchens. Hier hatte das Blut zu fließen begonnen. Schließlich sagte sie: »Ja, sehr vorsichtig.«
    Jack schob die Arme unter das Mädchen und trug sie zum Landrover, wo Malaika die hintere Tür öffnete. Er legte sie sanft auf den Sitz. Malaika kehrte zu der älteren Frau zurück, um sie zu beruhigen, umarmte sie und tätschelte ihre fleischigen Schultern. Als das Heulen zu bedrücktem Schluchzen wurde, brachte Malaika mit sanften, ruhigen Worten in Erfahrung, was sie wissen mussten. Sie schaute Jack über die Schulter der Frau hinweg an und sagte: »Es gibt ein Krankenhaus in Kericho. Fahren wir.«
    Malaika drängte sich auf dem vorderen Sitz an ihn, damit die andere Frau, die erheblich breiter war als sie, einsteigen konnte. Sie behielt ihre Patientin im Auge, als Jack den Landrover aus dem flachen Graben, wo

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