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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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Alessandro die Rede sein sollte.
    Catherine Briçonnet hatte ihr auf den ersten Blick gefallen, wahrscheinlich auch, weil sie ihr schmeichelnde Blicke geschenkt
hatte. Da Alix spürte, dass ihr der Onkel ablehnend gegenüberstand, war ihr klar, dass sie die Nichte für sich gewinnen musste. Zumindest sollte sie ein gutes Verhältnis zu ihr entwickeln. Louise war so unzugänglich geworden, seit François dem Thron von Frankreich jeden Tag ein bisschen näherrückte.
    Weil Jason allzu gemächlich vor dem Gespann der Comtesse hertrottete, gab ihm Alix die Sporen. Insgeheim wunderte sie sich, dass es Louise so ganz ohne Weiteres gelungen war, sich aus Blois davonzustehlen, obwohl sie sich doch seit Souveraines Hochzeit nicht mehr auf Amboise hatte blicken lassen. Der Grund für die Reise dürfte die Mühe wert gewesen sein, dachte sie sich dann.
     
    Ohne viel Aufhebens wurden sie in Alessandros Haus begrüßt, weil der Bankier noch gar keine Zeit gefunden hatte, neues Personal einzustellen, und sie nur von Collas und Marika empfangen wurden, die er aus Brügge mitgebracht hatte.
    Das zweistöckige Haus war nicht besonders groß, hatte aber nach hinten hinaus einen schönen Garten und auf der Vorderseite einen Innenhof mit einem Brunnen in der Mitte. In jeder Ecke stand eine kleine weiße Statue im Stil von Anjou.
    Über die Außentreppe mit ihren fünf Stufen kam man in den Hausflur mit dem Empfangssalon auf der einen und dem Wohnzimmer, der Küche und den Gesinderäumen auf der anderen Seite. Ganz am Ende gab es noch einen kleinen, diskreten Salon mit grünen Samttapeten, einem Schreibtisch und einem großen Fenster zum Garten.
    Über eine breite Marmortreppe gelangte man in den ersten Stock mit zwei weiteren kleinen Salons und drei luxuriös eingerichteten Schlafzimmern. Alle Räume waren in bestem Zustand, geschmackvoll möbliert, luftig und geräumig, sodass man sich sehr gern in dem Haus aufhielt.
    Ganz hinten auf der ersten Etage, am Ende des Gangs, führte eine Wendeltreppe zu den Schlafräumen für die Dienstboten.
    Alessandro empfing seine Gäste in einem Salon im ersten Stock. Er hatte sich sehr sorgfältig nach Brügger Art gekleidet, also nicht nach Florentiner Manier – er trug seine lange schwarze Robe aus Samtbrokat mit Hermelinbesätzen –, was ihm ein majestätisches Auftreten verlieh und seine Autorität unterstrich.
    »Ich muss um Entschuldigung bitten«, sagte er zur Begrüßung, »da ich dieses Haus eben erst erworben habe, konnte ich es noch nicht nach meinem Geschmack einrichten. Aber ich bin sicher, hier spricht es sich allemal besser als in einem Gasthaus.«
    Mit einer höflichen Verbeugung nahm er Louises zierliche Hand und führte sie an seine Lippen. Genauso begrüßte er anschließend Catherine.
    »Darf ich vorstellen, Sire Van de Veere? Jacques de Beaune und seine Nichte, Catherine Briçonnet«, sagte die Comtesse d’Angoulême und deutete auf ihre Freunde.
    »Verheiratete Bohier«, schnitt ihr diese das Wort ab und schenkte dem Bankier ein strahlendes Lächeln. »Wenn ich Geschäfte mache, wähle ich meinen Mädchennamen, wenn ich zu Hause empfange, lasse ich mich mit meinem Ehenamen ansprechen. Heute bin ich also Catherine Briçonnet und nicht Dame Bohier, Tochter des Oberfinanzaufsehers der Normandie, obwohl ich meiner Abstammung nach eine echte Tochter von Tours bin.«
    Sie spürte sofort, dass sie den Florentiner irritierte, und taxierte ihn einige Sekunden, um herauszufinden, wie viel flämisches Blut wohl in seinen Adern floss.
    »Aber ich will mit meinen Fragen warten, bis Ihnen Madame d’Angoulême die Ihren unterbreitet hat.«
    Alessandro war nicht sonderlich beeindruckt von diesem Entrée, mit dem sie ohne Umschweife auf die Art ihrer Unterhaltung
zu sprechen kam. Er wandte sich Jacques de Beaune zu, und die beiden Männer unterzogen einander prüfenden Blicken. Die kohlrabenschwarzen Augen des einen bohrten sich in die eisgrauen des anderen, bis der Anflug eines Lächelns über ihre Lippen zuckte.
    »Wenn ich ehrlich bin, ist mir Euer Name nicht ganz unbekannt, Sire de Beaune«, sagte Alessandro und bot ihm einen Platz an. »Ich bin glücklich, dass ich nun endlich das Gesicht zu diesem Namen kenne. Wie kann ich Euch behilflich sein?«
    Jacques de Beaune deutete auf Louise und sagte:
    »Wenn Ihr nichts dagegen habt, lasse ich der Comtesse d’Angoulême den Vortritt, damit sie Euch ihr Anliegen vortragen kann.«
    Louise richtete sich auf und sah den Bankier mit ihren

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