Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)
er die erstaunte Miene der Zuschauer und lobte sein Pferd.
Als er sah, dass seine Schwester und Nemours zurückgefallen waren, tänzelte er weiter auf seinem Pferd und rief ihnen vergnügt zu:
»Kommt zu uns! Catherine hat gemeint, sie könnte uns die Ruinen des alten Château Chenonceau zeigen, das sie gerade erworben hat.«
»Das stimmt nicht ganz, François«, berichtigte ihn Madame Bohier, »an dem Schloss wird bereits gebaut.«
Marguerite und Gaston hatten die anderen noch immer nicht eingeholt und trabten langsam nebeneinanderher. Keiner von beiden hatte Augen für die Schönheiten der Landschaft, die von dem Rest der kleinen Gruppe an jeder Wegbiegung in den höchsten Tönen gelobt wurden.
»Ich werde Euer Bild und diesen zauberhaften Ausritt immer im
Herzen tragen, Marguerite. Davon hatte ich schon so lange geträumt, dass ich nicht mehr zu hoffen wagte, der Traum würde eines Tages Wirklichkeit.«
»Heißt das, Ihr werdet Amboise wieder verlassen?«
»Leider ja.«
»Daran habe ich gar nicht gedacht«, sagte das junge Mädchen leise und sah den Duc de Nemours auf einmal traurig an. »Der König sagt, der nächste Italienfeldzug findet nicht vor dem kommenden Frühjahr statt.«
»Das stimmt, der König bricht sicher nicht vor März oder April auf. Aber ich muss mich um die Armee kümmern, Söldner verpflichten, Pläne entwerfen und mich ins Feldlager begeben.«
»Ach, der Krieg ist also doch so kompliziert?«, seufzte Marguerite und kam mit ihrem Pferd ganz nah zu ihm.
»Ich werde die Erinnerung an Euch auch in meinem Herzen tragen, Gaston. Sehen wir uns denn wieder, wenn Ihr zurück seid?«
»Es gibt nichts, was ich mir sehnlicher wünschen würde.«
»Ich werde Euch schreiben. Wollt Ihr mir antworten?«
»Ach, Marguerite, ich kann es kaum erwarten, Eure Briefe zu beantworten.«
Plötzlich war François neben ihr und sagte:
»Sieh nur, wie schön es hier ist, Marguerite! Würdest du nicht auch gern hier leben?«
»Es ist das Herz der Touraine«, sagte Catherine. »So ein wunderbarer Himmel, und dieses zarte Licht! Hier ist das Val de Loire wirklich am allerschönsten.«
Sie kam so nahe heran, dass sich ihre Pferde berührten, und sagte leise und vertraulich:
»Das Land und die Wälder hier sind großartig, wahrscheinlich sogar die schönsten weit und breit. Ihr könnt jederzeit hierher zum Jagen kommen, wenn Ihr wollt, François. Es liegt ganz bei Euch.
Was mich betrifft, so stehen Euch die Wälder von Chenonceau offen.«
»Wollt Ihr mich denn auch schon dort jagen lassen, wenn ich noch nicht König von Frankreich bin?«
Catherine Briçonnet musste über die vielversprechende Zukunft ihres jungen Gefährten lachen.
»Wie Ihr seht, ja.«
»Habt Ihr Söhne?«, fragte der junge Mann jetzt unbefangen.
»Leider nur einen, und der möchte Priester werden und hat keinen Sinn für die Jagd oder irgendwelche weltlichen Freuden.«
»Wie schade!«
François drehte sich um und sah Alix und Alessandro, die dicht nebeneinanderritten. Van de Veere deutete auf das alte Schloss und fragte:
»Ist das alles, was von der ehemaligen Residenz übrig ist?«
»Außer dem Donjon, den Ihr da seht und den wir gerade renovieren, haben wir alles schleifen lassen. In dem Donjon wohnte früher die Familie Marques.«
»Und was wollt Ihr darum herum bauen?«, fragte Alix.
»Das hängt ganz von unseren finanziellen Möglichkeiten ab«, antwortete Catherine an den Bankier gewandt.
»Ich reise nächste Woche wieder nach Florenz und werde mich, wie versprochen, sofort um diese Angelegenheit und um die Kredite kümmern, um die mich die Comtesse d’Angoulême gebeten hat«, erklärte Alessandro.
François kam mit seinem Pferd dicht neben den Bankier.
»Ist das Darlehen, um das meine Frau Mutter bittet, für mich persönlich bestimmt?«
»Nein, Comte d’Angoulême. Um die Mittel für Eure Privatschatulle kümmert sich Sire de Beaune. Die Gelder, die ich Eurer Frau Mutter leihen soll, sind ausschließlich für die Restaurierung
Eures Familiensitzes Cognac und die Ausstattung von Schloss Romorantin bestimmt.«
»Lasst uns absitzen und uns ein wenig umsehen«, schlug Catherine vor und sprang vom Pferd.
Der alte Bergfried hob sich mächtig von dem wolkenlosen Himmel ab und strahlte so trotz seiner wuchtigen Formen eine heitere Atmosphäre aus. François war begeistert von Chenonceau.
»Ich habe das Gefühl, an einem verwunschenen Ort zu sein«, sagte er leise. »Hier in der Gegend möchte ich auch einen
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