Die Traenen Des Drachen
Fichtenzapfen gewickelt war. Bul trat die letzte Planke los und reichte Loke seinen Speer, der damit ein gut ellenlanges Stück von der Schnur abtrennte.
Kirgit zog die Hüte über ihre Füße und band sie an den Unterschenkeln fest.
»Die sind gut!« Sie ging ein paar Schritte durch den Schnee und hüpfte dann neckend um Karain herum.
»Jetzt sollen die Kretter nur kommen, ich werde ihnen allen weglaufen.«
Sie stampfte neben ihm in den Schnee und rannte einmal um den Wagen herum. Als sie sah, wie die Waldgeister sie anstarrten, setzte sie sich dicht neben Karain. Karain zuckte zusammen und wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Also blieb er wie eine Stütze sitzen, während Kirgit ihren Kopf an seine Schulter lehnte, um zu schlafen.
Tenn, du lachst. Für dich, der du hier in der Felsenburg geboren bist, ist es ungewöhnlich, deine Gefühle zu verbergen. Ihr nehmt euch gerne in den Arm und mögt es, das Herz und den Atem anderer Menschen zu spüren. So seid ihr zu allen, die ihr für eure Freunde haltet. Aber Karain war noch immer ein Kruginer, und die Kruginer verbergen sowohl Trauer als auch Glück tief in ihrem Innern. Und Kirgit war ein Mädchen. Eine Frau. Und ich sage es, wie es ist: Die Liebe zwischen Karain und Kirgit begann bereits dort. Denn Kirgit hatte ihr ganzes Leben den Sagen der Alten gelauscht, und als sie Karain sah, war sie nicht eine Sekunde im Zweifel. Er war der Vogelmann, auf den das Felsenvolk gewartet hatte. Er war zu ihr gekommen, damit sie ihn nach Hause bringen konnte. Also folgt mir weiter, wenn euch meine Erzählung in vertraute Regionen führt, in unser Land rings um die Felsen. Es ist wichtig, dass ihr mir zuhört, denn damals waren es glückliche Zeiten.
Kirgit teilte sich die Decke mit Karain, und die Waldgeister entzündeten unmittelbar hinter dem Karren ein Feuer, sodass die Planken, auf denen sie saßen, vom Feuer geschwärzt wurden. Sie gingen sparsam mit dem Holz um, das sie vom Wagen abgebrochen hatten, und sammelten Äste und Zweige im Schnee ringsum. Moosmänner verbrennen niemals lebendes Holz, versteht ihr, und so haben sie gelernt, Zweige zu suchen, selbst auf solchen kahlen Ebenen.
Das Pferd kam zurück und stellte sich, satt vom welken Gras, an das wärmende Feuer. Es ist ungewöhnlich für die Tiere der Ebene, zum Feuer zu kommen, doch die Waldgeister haben eine anziehende Wirkung auf alle guten Wesen. Das Pferd wusste, dass es bei ihnen sicher war. Als Bul und Bile die Glut zu einem Haufen zusammengeschoben hatten, legten sie die Zweige darüber und krochen zum Schlafen unter ihre Decken. Karain saß hellwach da, während sie sich hinlegten. Kirgits Kopf ruhte auf seinem Arm.
Wenn ich euch doch nur beschreiben könnte, wie schön es war, die Waldgeister schlafen zu sehen. Und ich glaube wirklich, dass Karain der Einzige war, der das jemals gesehen hat. Während der Nebel aus dem Dunkel, das das Feuer umgab, herankroch, drehten sich die Waldgeister auf die Seite. Ihre Bärte bekamen die gleiche Farbe wie die Schatten der Nacht, und ihre Decken verblichen unter einer dünnen Schicht Schnee. Karain sah hoch, um zu erkennen, wie stark es schneite, doch der Himmel war sternenklar. Als er wieder zu den Waldgeistern schaute, glichen sie Schneehaufen, die rings um das Feuer lagen.
Es war dunkel, als er die Augen öffnete. Er träumte, doch er schlief nicht. Kirgit lag eingerollt an seiner Seite. Die Waldgeister waren kleine Hügel auf dem Boden. Er hob den Kopf und roch die Kälte. Eis glitzerte auf dem Umhang, den er über seine Beine gelegt hatte. Das Pferd stand wie festgefroren neben der rötlichen Glut. Die Stille lastete schwer wie ein Joch auf seinen Schultern.
Aber war nicht dennoch etwas zu hören? Tief in der Nacht, ein Sausen, ein Rhythmus? Etwas, das durch die Luft schwebte? Jetzt sah er es. Ein Teil des Dunkels löste sich und flog auf ihn zu. Karain spürte, dass er seinen Arm vorstreckte. Die Federn pressten sich gegen die Jacke, als der Rabe auf seiner Hand landete. Er faltete die Flügel zusammen und legte den Kopf auf die Seite.
»Karain«, sagte er, »Freund.«
»Ich höre, was du sagst.« Karain sagte das ebenso zu sich selbst wie zu dem Raben. Es überraschte ihn nicht. Wie die Federn in seiner Haut erschien es ihm ganz einfach… richtig.
»Die Verwandlung hat begonnen.« Der Rabe berührte seine Finger mit dem Schnabel. »Mit jedem Tag, der vergeht, wirst du weniger Mensch und mehr Vogel sein.«
Er reckte den Hals, als
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