Die Tränen des Herren (German Edition)
gefangen gehaltener Brüder einzuholen. Die meisten Templer schlossen sich den bereits ernannten Sprechern an, nur einige weigerten sich weiterhin, Vertreter zu bestimmen und hofften auf eine persönliche Verteidigung. Zuletzt bestätigte Jocelin in einer feierlichen Urkunde alle Erwählten als seine Adherenten.
König Philipp gefielen die Nachrichten überhaupt nicht, die er über die Arbeit der Kommission erhielt.
„Die Prokuratoren haben bereits Verteidigungsschriften eingereicht, die nicht ohne Wirkung geblieben sind.” berichtete Guillaume de Nogaret. “Einige Kommissare äußerten sich öffentlich entrüstet über die bisherige Behandlung der Ordensbrüder. Erzbischof Gregor soll erklärt haben, der ganze Prozess müsse neu eröffnet werden.” Er reichte König Philipp die Abschriften einiger der Verteidigungsschriften.
‘Folgendes soll die Kommission beachten’ las Seine Majestät die Einrede eines Bruders namens Isnard de Montreal.’ Der Orden des Tempels hatte Bischöfe unter seinen Brüdern, die von allen geachtet wurden. Viele Kleriker und Mönche sind aus anderen Orden in den Tempel übergetreten; sie hätten das nicht getan, wäre ein Verdacht gewesen, dass wir Häretiker seien. Auch haben wir vor unserer Gefangennahme nie etwas von solchen Vorwürfen gehört. Wir sind unschuldig, und unser Orden ist unschuldig! Wir haben keines der Verbrechen begangen, die uns zur Last gelegt werden! Wenn ich anders ausgesagt habe vor dem Inquisitor, habe ich gelogen! Und auch vor dem Heiligen Vater in Poitiers! Hiermit widerrufe ich alles, was ich jemals gegen den Orden des Tempels gestanden habe!’
Und eine andere: ‘Der Orden des Tempels ist rein und unschuldig. Wer anderes behauptet, ist ein Ungläubiger und Häretiker, dies schwöre ich, Pietro di Bologna, feierlich. Sämtliche Anklagen sind von Lügnern und Feinden des Ordens fabriziert worden.’
Philipp hob irritiert die Brauen. Was erlaubten sich diese Ketzer, Sodomiter, Verbrecher?! Er nahm ein anderes der Pergamente auf.
‘Ich habe gehört, Meister Jacques, der Visitator von Frankreich und die Provinzmeister des Poitou und der Normandie weigerten sich, den Orden zu verteidigen. Ich bitte Euch, verehrte Herren Kommissare, sorgt dafür, dass sie dem Zugriff des Königs entzogen werden, und dem Nogarets und aller Leute Seiner Majestät! Wir wissen, dass diese Brüder die Verteidigung unseres Ordens nicht wagen, weil sie beständig mit dem Tod bedroht werden! Solang sie in der Hand des Königs sind, werden auch ihre falschen Bekenntnisse bestehen bleiben. Sind sie aus ihr befreit, werden sie sich unserer Verteidigung anschließen...’
„Sieh an, der Komtur Robert von Paris", dachte der König und ließ das Pergament sinken. „Er ist noch genauso stolz und unverschämt wie vor drei Jahren!”
Zweifellos. Enguerrand de Marigny hatte Recht. Der Erzbischofsthron von Sens brauchte dringend einen neuen Inhaber.
Mit einer Handbewegung entließ er seinen Siegelbewahrer und begab sich zu seinem Schreibpult. Er wollte Papst Clemens selbst schreiben, damit jener merkte, wie bedeutungsvoll die Angelegenheit war.
„...Heiliger Vater, als Euer demütiger Sohn, der um das Seelenheil seines Volkes besorgt ist, bitten Wir Euch, lasst die Erzdiözese Sens nicht länger verweist! Lasst die Braut nicht länger trauern und nach ihrem Bräutigam flehen! Erhört das Wehklagen der Gläubigen, die den Angriffen des Bösen ausgesetzt sind wie eine Herde ohne Hirt! Wir bitten Euch, verweigert Eure Zustimmung nicht länger dem Mann, den Gott in seiner barmherzigen Vorsehung bereitet hat, und den Wir Euch als Überbringer dieses Briefes senden! Fürchtet nicht die geringe Zahl der Jahre Unseres Bischofs Philipp, denn was ihm an Erfahrung noch fehlt, wird er durch die Liebe ausgleichen...“
Liebe, o ja! Wahrscheinlich ließ er eine Handvoll Bastarde in Cambrai zurück... Es war nicht leicht, etwas Positives über Philipp de Marigny zu schreiben!
„Leiht Euer Ohr nicht den Neidern“, fuhr Seine Majestät deshalb fort, “den Verleumdern, die Eure Schande und das Verderben der Kirche suchen! Stellt Euch Ihnen vielmehr entgegen und übergebt Philipp de Marigny so bald als möglich das Pallium!“
Erzbischof Gregor besiegelte sorgfältig die Kopien aller bisher eingegangenen Prozesseinreden. Ungeheure Verbrechen schrieen ihm von den Pergamenten entgegen. Da waren Menschen getäuscht, betrogen, verraten worden, zu Tode gefoltert! Wahrhaftig, es stimmte, was Sire
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