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Die Tränen des Herren (German Edition)

Die Tränen des Herren (German Edition)

Titel: Die Tränen des Herren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
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durchgehalten in der Hoffnung, hier aussagen zu können!“
    „Niemand ist umsonst gekommen! Die Notare haben Eure Namen als Verteidiger in die Listen eingetragen. - Bei Gott, ich weiß, wie Euch zumute ist! Ich habe ebenso wie Ihr gewünscht, dass allen das Zeugnis zur Wahrheit gestattet werde! Doch gebt Eure Verteidigung nicht auf, weil uns dies verweigert wird!“
    „Aber wie können wir irgendjemanden ernennen ohne die Zustimmung unserer Komture und des Meisters?“ wandten mehrere Brüder ein.
    „Mich und Bruder Arnaud hat Meister Jacques zu Prokuratoren des Tempels erklärt. Viele von Euch kennen mich. Wir haben auch die Vollmacht erhalten, uns weitere Brüder zur Seite zu stellen. Jene, die Ihr aussucht, werden wir approbieren.“
    Viel zu kurz waren die zwei Stunden, um alle Fragen zu klären, alle Zweifel zu beruhigen, alle Schwierigkeiten zu erwägen. Ja, die meisten Brüder kannten Jocelin, sie vertrauten ihm, aber dennoch zögerten sie, die eigene Verteidigung anderen zu übergeben. Sie fürchteten die Inquisition und die Leute des Königs, denen es leicht sein würde, einige Sprecher zum Schweigen zu bringen, viel leichter als 500 Ordensbrüder…
    Als die Mitglieder der Großen Kommission ihre Stühle auf dem Balkon wieder einnahmen, hatten sich die Templer  auf vorläufig sechs Brüder geeinigt, die sie vertreten sollten: Jocelin, Arnaud, Kaplan Helias von den freien Templern und Pietro di Bologna und Komtur Robert von den Gefangenen aus dem Louvre. Die Brüder aus den südlichen Provinzen ernannten Isnard de Montreal.
    „Wir werden die Brüder anhören, die Ihr zu Sprechern erwählt habt oder noch erwählen werdet“, versprach Erzbischof Gregor. „Sie sollen frei sein, sich mit Euch zu beraten, vor Gericht zu erscheinen und alle gesetzlichen Mittel zur Verteidigung zu gebrauchen. Während der Dauer des Prozesses werden sie im Bischofspalast wohnen. Wir werden die Verhandlung am Dienstag fortsetzen. Bis dahin entscheidet Euch, Brüder, wen Ihr des Weiteren zu Euren Sprechern bestimmen wollt! Wir werden Euch Notare schicken, um ihre Namen aufzunehmen und was Ihr sonst vorzubringen habt!“
    Erst spät kehrten Jocelin und seine Brüder in die Katakomben zurück, wo Guy, der bei dem kranken Louis geblieben war, auf sie wartete.
    „Nun, wie steht es, Messires?” fragte er aufgeregt.
    „Erzbischof Gregor gestattet uns, Sprecher zu wählen, die den Orden verteidigen sollen. Das Zeugnis der einzelnen Brüder wird aber nicht aufgenommen.”
    „Und können wir widerrufen?” fragte einer der Brüder aus Provins.
    „Die Gesuche auf Widerruf hat die Kommission abgelehnt. Aber wir werden weiter versuchen, sie durchzubringen.”
    In diesem Moment bemerkte einer von ihnen Louis. Langsam, zögernd kam er näher. Aus seinem Antlitz war die stumpfe Gleichgültigkeit verschwunden. Gespannt blickten seine weit geöffneten Augen. Keinen der Brüder schienen sie wahrzunehmen, einzig und allein den Ordensmantel, den Jocelin neben sich gelegt hatte.
    Das rote Kreuz leuchtete im Kerzenschein.
    Dann sank Louis auf die Knie und vergrub weinend sein Gesicht in den Falten des Ordensmantels.
    „Louis, Louis, alles ist gut…“ sagte Jocelin bewegt. Er legte die Hand auf den Kopf seines Mitbruders und spürte dessen Zittern.
    „Ich musste es mit ansehen!“ stieß Louis hervor. „Ich musste sehen, wie sie sie zu Tode folterten - o Gott, o Gott!“
    Trotz des Entsetzens erweckten diese Worte Hoffnung in Jocelin. Louis sprach, endlich!
    „Ihr seid in Sicherheit, mon frère. Niemand wird Euch mehr etwas antun...“
    Louis blickte auf, ergriff Jocelins Hände, umklammerte sie. Langsam begann er zu begreifen, dass die Ordensbrüder um ihn keine Trugbilder waren, sondern Menschen aus Fleisch und Blut. Menschen, die er kannte.
    „Bruder Jocelin... Raoul... Wo bin ich?”
    „In Paris. In den Katakomben von Paris.”
    Louis sah an sich herab, schien erst jetzt zu bemerken, dass er keine Fesseln mehr trug.
    „Ich bin frei? Wie... wie bin ich hier hergekommen?”
    „Wir haben Euch auf dem Marktplatz gefunden, hier in Paris.”
    „Ich kann mich an nichts mehr erinnern... welches Jahr haben wir?”
    „1310, Mai.”
    „1310? Der Bischof von Winchester hat mich verhaftet - vor über einem Jahr!”
    „Kommt, Louis!” Jocelin half seinem Ordensbruder auf. „Ihr müsst etwas essen. Und die guten Neuigkeiten hören!”
    Die Notare der Großen Kommission brauchten zwei Tage, um die Entscheidungen sämtlicher in Paris

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