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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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sachlich und erbarmungslos. Ein
Schluchzen wurde laut. Libussa hielt es für ratsam, falsche Hoffnungen im Keim
zu ersticken.
    „Ich sah den
Tod Vojtans von den Lemuzi", zwang sie sich zu sagen. „Wenn er unter den
Gefangenen war, dann auch sicher die anderen.“
    Sylva von den
Kroaten, Vojtans Gefährtin, klammerte sich weinend an ihre unbewegliche Mutter.
    „Einige konnten
vielleicht fliehen", kam es nun von Lechos Irina. „Wir sollten den Göttern
opfern und beten, damit sie wohlbehalten bei uns ankommen. Du musst eine
Zeremonie veranstalten, Libussa von den Tschechen, um die Gunst der Götter zu
gewinnen.“
    Zustimmende
Rufe drangen durch den Saal. Radka schien verärgert. „Ich sagte doch:
Klageweiber!“, flüsterte sie Libussa zu. Obwohl die Trauer um Lecho dunkle
Ringe unter ihre Augen gemalt hatte, hielt sie öffentliches Wehklagen für ein
Zeichen von Schwäche.
    „Für Zeremonien
ist jetzt keine Zeit!“ Die Stimme der Kroaten-Fürstin schnitt durch den Saal
wie eine Schwertklinge, so scharf und kräftig ertönte sie mit einem Mal.
„Zeremonien hätte man vor dem Kampf veranstalten sollen, nicht jetzt. Unsere
Länder sind in einer gefährdeten, unsicheren Lage. Wir müssen die Aufgaben der
Männer übernehmen, bis unsere Jungen alt genug dazu sind. Besinnt euch auf eure
Pflichten, Fürstinnen, und hört auf zu klagen und euch das Haar zu raufen, denn
dadurch wurde noch kein Toter zum Leben erweckt. Wir tragen Verantwortung
gegenüber unserem Volk!“
    Es war still
geworden. Betreten wischten einige der Anwesenden sich die Tränen von den
Wangen. Libussa warf der alten Frau einen dankbaren Blick zu, während Radka die
Versammlung im Saal eröffnete.
     
    Drei Tage später befand sich
Libussa wieder auf dem Heimweg. Die Versammlung war nicht ergebnislos gewesen
und allen Frauen der fürstlichen Clans schien nun klar geworden zu sein, dass
sie ihr Bestes geben mussten, um ihre Ländereien allein zu verwalten und zu
schützen. Libussa hatte einen Überblick, wie viele Krieger ihrem Volk noch zur
Verfügung standen. Diese sollten verstärkt geeignete Leute im Umgang mit Waffen
ausbilden. Sylva von den Kroaten würde sich mit einer Gefolgschaft nach
Zabrusany begeben, um dafür zu sorgen, dass Ordnung gewahrt blieb. Das
Lemuzi-Gebiet lag verführerisch nahe an Mähren, und es war vielleicht mit einem
Angriff zu rechnen, falls die Kunde, es gäbe dort keine Fürsten mehr, nach
außen drang.
    Libussa machte
Pläne, was sie selbst gleich nach ihrer Rückkehr nach Praha erledigen würde.
Solange sie ihr Denken auf wichtige, alltägliche Dinge richtete, fühlte sie
sich gefeit vor dem Grauen, das stets in greifbarer Nähe war. Die Reise nach
Zatec hatte ihr Erleichterung verschafft, da sie in einer fremden Umgebung
abgelenkt war, doch als Praha immer näher rückte, überkam sie Angst vor dem
Augenblick, wenn die Mauern der Festung vor ihr auftauchen würden. Mit Premysl
hatte sie Praha erbaut und nun würde sie dort allein den Rest ihrer Tage
verbringen. Sie versuchte, sich Lidomirs und Scharkas Gesichter in Erinnerung
zu rufen, denn die vertraute Todesssehnsucht war wieder in ihr wach geworden.
Vielleicht würde der rasende Schmerz mit den Jahren zu sanfter Trauer
verblassen, so dass die Erinnerung ein kostbares Gut wäre anstatt einer
bohrenden Qual.
    Sie beschloss,
auch in Chrasten und Tetin, Thetkas Wohnsitz, nach dem Rechten zu sehen, denn
diese Festungen waren nun ebenfalls verlassen. Nur die Mägde und ein paar
verbliebene Knechte hielten sich wohl dort noch auf. Sie sollten die Bauten
instand halten, denn eines Tages würden sich vielleicht Vojen oder eines ihrer
eigenen Kinder dort niederlassen wollen.
    Premysl, Krok,
Thetka, Eric und Vlasta, sie alle waren aus ihrem Leben verschwunden. Sie
konnte sich glücklich schätzen, dass sie noch ihre Kinder hatte. Und Kazi. Das
rief sie sich immer wieder in Erinnerung, doch der tröstende Gedanke
verschaffte ihr nur geringe Erleichterung. Sie ließ ihren Tränen freien Lauf,
denn es hatte keinen Sinn, dagegen anzukämpfen.
     
    Die Tage vergingen ohne große
Ereignisse. Offenbar hatte die Kunde, wie ungeschützt ihr Volk war, sich noch
nicht im Umland verbreitet, denn der von Radka befürchtete feindliche Angriff
fand nicht statt. Libussa trat wieder als Ratgeberin und Schlichterin von
Streitfällen auf, was sie von ihrem eigenen Kummer ablenkte. Kazi war ohne
weitere Erklärungen in Praha geblieben und hatte nach ihren Kindern schicken
lassen.
    So

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