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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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haben wir deshalb seit vielen
Jahrzehnten Ruhe von ihren Angriffen. Doch hätten wir uns damals schon mit
ihnen verbündet, dann ...“
    „Niemand weiß,
was dann gewesen wäre", meinte Libussa versöhnlich. „Vielleicht hätten sie
unser Angebot abgelehnt. Das ist jetzt unwichtig. Lidomir ist wieder bei uns.
Er hat sogar eine Gefährtin gefunden, die freiwillig mit ihm kam.“
    Premysls Hand
strich über ihr Gesicht.
    „Du siehst
immer nur das Gute in den Menschen, Libussa. Doch diese kleine Fränkin ist mir
nicht geheuer.“
    Libussa
lächelte. „Du hast sie herausgefordert. Es war schwer für das Mädchen. Sie
beherrscht unsere Sprache nicht schlecht, doch wie soll sie sich in einem
Streitgespräch behaupten? Du hast der Armen ganz schön zugesetzt, so wie Vlasta
am ersten Abend.“
    „Du hast nicht
bemerkt, wie sie Vlasta schon kurz nach ihrer Ankunft angesehen hat. Mit Widerwillen.
An Vlastas Stelle wäre ich auch wütend geworden.“
    „Wahrscheinlich
ist sie Kriegerinnen einfach nicht gewöhnt. Daher ihr Widerwillen. Gib dem
Mädchen etwas Zeit. Sie wird sich schon bei uns einleben.“
    Mit diesen
Worten wollte sie das Gespräch beenden und dicht an ihn gedrängt
einschlafen. 
    „Sie ist sicher
vieles nicht gewöhnt. Manche Menschen würden sich auf das Fremde einstellen.
Bei dieser Fränkin bin ich mir nicht sicher", fuhr Premysl hartnäckig
fort.
    „Aber was hast
du denn gegen das Mädchen? Sie muss Lidomir aus Liebe gefolgt sein. So eine
hübsche junge Frau hatte sicher genug andere Verehrer."
    „Hübsch ist sie
allerdings", räumte Premysl ein. „Und sie gibt sich große Mühe, darauf
aufmerksam zu machen. Nach der langen Reise hat sie sich gleich herausgeputzt.“
    Libussa lachte.
    „Du versteht
eben die Frauen nicht. Welches junge Mädchen will nicht gefallen und einen
guten Eindruck auf Fremde machen? Na ja, vielleicht abgesehen von Vlasta.“
    „Vlasta ist
ehrlich. Das mag ich an ihr. Diese Fränkin ist es nicht. Ich sah etwas in ihren
Augen, das mir nicht gefiel. Sie ist kein glücklicher Mensch. Verzweiflung und
Bitterkeit können gefährliche Auswirkungen haben, denn sie treiben einen
Menschen zum Äußersten. Das weiß ich selbst gut genug. Zudem habe ich das Gefühl,
dieses Mädchen mag sich selbst nicht leiden. Solchen Menschen fällt es schwer,
andere zu mögen.“
    „So viel weise
Erkenntnisse nach ein paar Tagen", spottete Libussa und schloss glücklich
die Augen. Der Schlaf umfing sie schnell, doch als sie wieder erwachte, war ihr
Körper schweißgebadet.
    „Mutter, bitte,
ich muss mit dir reden!“
    Lidomir stand
vor ihr. Sie bemerkte Premysls verärgerten Blick.
    „Warum musst du
sie mitten in der Nacht wecken? Sie scheint in letzter Zeit geschwächt.“
    Trotzig fuhr
Libussa auf.„Es geht mir gut. Was ist denn geschehen?“
    Lidomir senkte
den Blick. „Eine Dienstmagd hat in Radegunds Becher gespuckt. Meine Frau ist
sehr wütend.“
    „Dann soll sie
sich beruhigen und schlafen. Wir können das auch morgen regeln", erklärte
Premysl. Libussa bemerkte Lidomirs hilfloses Gesicht und zwang sich
aufzustehen.
    „Ich werde mit
deiner Radegund reden. Vielleicht hätten wir euch keine Sächsin als Magd geben
sollen", sagte sie und kämpfte gegen den Schmerz an, der plötzlich wieder
in ihrem Unterleib aufkam. In eine Wolldecke gehüllt eilte sie zur Kammer des
jungen Paares.
    Radegund sah
ohne Schmuck und kunstvolle Frisur fast noch schöner aus. Ihr langes Haar glich
Rabenflügeln, und die dunklen Augen funkelten in ihrem bleichen Gesicht wie
Kohlen. Nur auf ihren Wangen zeigte sich Zornesröte.
    „Ich habe
gehört, du hattest Schwierigkeiten mit Hedwig", begann Libussa.
    „Schwierigkeiten
ist ein zu harmloses Wort. Sie hat in meinen Becher gespuckt! Dafür hat sie
eine Tracht Prügel verdient", zischte die Fränkin. Libussa warf der
Dienerin einen fragenden Blick zu und bemerkte deren trotzig verkrampftes
Gesicht. Hedwig vermied es, ihr in die Augen zu sehen.
    „Laß uns jetzt
bitte allein, wir regeln das später", erklärte sie der Dienerin, die
erleichtert verschwand. Radegund schnaubte.
    „Wird sie denn
jetzt nicht bestraft?“
    „Hör zu
Mädchen“, begann Libussa so sanft und langsam wie sie nur konnte. „Diese Frau
ist eine Sächsin. Ihr ist von den Leuten deines Königs Karl viel Schlimmes
angetan worden. Ihr Mann und all ihre Söhne wurden getötet. Die einzige Tochter
haben die Soldaten verschleppt. Zusammen mit unseren Leuten, die in
Gefangenschaft geraten

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