Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos
gereizt an.
Die Kriegerin entfernte sich angewidert. Sie war mit ihrer Geduld am Ende, auch wenn sie ihrem Truppführer die Abfuhr nicht nachtrug. Das ist lächerlich, dachte sie. Wir werden nichts aus ihm herausbekommen.
»Wartet«, sagte C'tis ruhig. »Vielleicht habe ich hier etwas.« Sie hatte die dem Mann verbliebene Hand festgehalten und die Veränderungen in seinem Körper registriert. »Er hat eigenartige Substanzen im Blut, doch ihr Pegel sinkt schnell. Vielleicht war dieses Band ihre Quelle, und der Schock geht zum Teil auf Entzugserscheinungen zurück.«
»Wer könnte Menschen so behandeln?« meine T'via unvermittelt. »Das ist ganz übel!«
»Der Große Führer hat das so angeordnet«, lautete die unerwartete Antwort. »Zu unserem eigenen Schutz. Gehorsam ist Gesetz.« Er blickte von Gesicht zu Gesicht, als sähe er sie zum allererstenmal. »Ihr gehört nicht zu den Auserwählten.« Er brach erneut ab, sichtlich verwirrt. »Man hat eure Gesichter nicht verbessert ...« Eine neue und entsetzliche Angst schlich sich in seine Stimme, als er trotzig schrie, »Das Netz wird uns vor Schmerzen schützen!« Er riss seine Hand aus C'tis Zugriff und hob sie vor seine Maske. Mit seinen Fingern betastete er die kalte, glatte Oberfläche, dann schrie er auf. Für jeden einzelnen aus dem Kontrolltrupp war es der gequälteste, entsetzlichste Laut, den er je gehört hatte. Er war angefüllt von der Erkenntnis äußersten Entsetzens, und endete in einem jämmerlichen Schluchzen völliger Hoffnungslosigkeit.
Bestürztes Schweigen.
»Er ist wieder in Ohnmacht gefallen«, hauchte C'tis.
Als der Mann das nächste Mal erwachte, waren J'vina und V'dal nicht dabei. Sie waren weiter in den Tunnel vorgedrungen und versuchten herauszufinden, wohin die Fremden hatten gehen wollen. D'vor hatte den Trupp nicht aufteilen wollen, wusste aber, dass er J'vina etwas zu tun geben musste, um ihre wachsende Unruhe abzuwenden.
C'tis bat den Truppführer und T'via, eine Weile auf Distanz zu bleiben, während sie versuchte, ihrem gequälten Patienten etwas Linderung zu verschaffen. Er wand sich schluchzend - obwohl ihm keine Tränen über seine Metallwangen liefen -, doch schließlich gelang es ihr, ihn zu beruhigen. D'vor hatte ihr gesagt, was sie fragen solle, sobald sich eine weitere Befragung als möglich herausstellte, doch bevor sie Gelegenheit hatte, damit anzufangen, atmete der Mann tief durch und sprach klar und deutlich.
»Eldrin. Das war ... das ist mein Name.«
»Wieso hast du dich vorher nicht daran erinnert?« fragte sie sanft nach.
»Ich war ... ich war etwas anderes. Jemand anderes. Sie haben mich gezwungen, zu vergessen.« Sein Blick wanderte zu dem abgetrennten Handgelenk, und seine gesunde Hand krampfte fest um die der Heilerin, als ihn eine Woge aus Schmerz übermannte. »Es war alles so wundervoll, als wir hierherkamen.«
»Wohin?« fragte C'tis schnell.
»In die Stadt. Da waren so viele Menschen. Und die Energie ...« Er sah die Heilerin aus traurigen Augen an. »Was ist nur schiefgegangen?« fragte er verzweifelt.
»Was hast du hier unten gemacht, in den Höhlen?«
»Den Abfluss gereinigt«, gab er zurück.
»Welchen Abfluss?«
»Den für das Kraftwerk und den Abfall aus der Stadt.«
»Das Gift.«
»Ja. Aber das spielt keine Rolle. Es fließt tief in die Erde, wo es niemandem etwas anhaben kann.«
Ein paar Augenblicke lang herrschte Schweigen. D'vor war froh, dass J'vina nicht dabei war. Er wagte nicht sich vorzustellen, wie ihre Reaktion auf eine solche Bemerkung ausgesehen hätte.
»Was würde geschehen, wenn das Abfließen unterbrochen wird?« fragte D'vor ruhig nach, und C'tis wiederholte die Frage.
»Wir müssten die Energieaggregate stilllegen«, gab er zurück. »Sonst würden sie sich überhitzen und explodieren.«
»Und was geschähe dann?«
»Die gesamte Stadt würde zerstört werden - es würde so heiß werden, dass das Gestein schmilzt. Unvorstellbar.«
»Aber ein weiteres Abfließen gäbe es dann nicht?«
»Danach gäbe es überhaupt nichts mehr.«
D'vor konnte seinen Jubel kaum für sich behalten. Das war die eine verzweifelte Chance, auf die sie gehofft hatten. Wenn es ihnen gelang, die Stadt der Fremden zu zerstören, vielleicht würde dann auch ihr unterirdisches Reich gerettet. Sein Trupp würde wahrscheinlich dabei draufgehen, aber das wäre eine geringer Preis für ihr Volk.
»Wie kommt man von hier in die Stadt?« wollte C'tis wissen.
»Das Netz wird euch' nicht
Weitere Kostenlose Bücher