Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos
»Aber ich glaube nicht, dass das alles so einfach werden wird, Arden.« Ihre Stimme verriet, dass sie große Angst hatte.
»Für mich hört sich das überhaupt nicht einfach an«, widersprach Arden. »Was macht dir Sorgen?«
»Eine Menge.«
»Und?« fragte er, nachdem er vergeblich darauf gewartet hatte, dass sie fortfuhr.
»Dieses Feuer«, begann sie zögernd. »Es wird weit mehr als nur die Stadt zerstören. Du hast gehört, was sie gesagt haben. >So heiß, dass Stein schmelzen wird.< Was, wenn das Gift dadurch verbreitet statt eingeschlossen und vernichtet wird? Was, wenn diese Explosion, dieses Feuer genau das ist, wovor der Erd-Geist sich fürchtet? Wenn ihn das verrückt macht, dann helfen wir dabei, eben jene Katastrophe herbeizuführen, die wir zu verhindern hoffen!«
»Eine Menge >wenns<«, erwiderte Arden, dem ihre Worte den Mut genommen hatten. »Was können wir stattdessen tun?«
»Ich weiß es nicht«, gestand Gemma jämmerlich. »Ich begreife weder, was hier geschieht, noch was diese neue Logik bedeutet. Ich hatte mich gerade erst mit der Magie abgefunden - und jetzt wird schon wieder alles auf den Kopf gestellt.«
»Vielleicht kannst du die Kreise dafür gewinnen, uns zu helfen«, schlug Arden ruhig vor. »Cai könnte dir doch dabei helfen.« Gemma nahm ihn noch fester in den Arm. Sie wusste, wieviel Mühe ihn dieses Eingeständnis gekostet hatte, der Zauberer könne ihr vielleicht auf eine Weise helfen, wie er es nicht vermochte. Sie wusste, dass Arden, zumindest unterbewusst, in Cai noch immer einen Rivalen sah.
»Vielleicht«, meinte sie leise. »Irgendwie spielt Magie hierbei eine wichtige Rolle. Warum sollte ich sonst der Schlüssel zum Traum sein?«
»Du hast das Buch schon einmal verändert«, erinnerte er sie. »Wir können es noch einmal tun.« Es gibt noch immer Hoffnung. »Es steht keineswegs fest, dass die Zukunft dem Chaos gehört.«
»Das sage ich mir ja auch immer wieder«, erwiderte sie. »Nur nützt es nicht viel.« Eine Weile lagen sie schweigend da, dann fügte Gemma kleinlaut hinzu: »Außerdem habe ich Angst.«
»Die haben wir alle«, erklärte er ihr. »Angst um uns. Wir hatten so wenig Zeit.«
»Aber wir müssen es tun - sonst könnte die gesamte Welt vernichtet werden.«
»Ich weiß ... aber ich möchte dich nicht verlieren.«
»Das wirst du auch nicht«, versprach er, »Was immer geschieht, wir werden zusammenbleiben.«
Das Zelt war voller Träume.
Gemma befand sich wieder im Tal und blickte in die großen, braunen Augen ihrer Namensschwester. Das Baby lächelte, und ringsum erschallte Musik.
Die kleine Gemma sprach. Ihr Stimme war ein sanfter Singsang, kindlich und doch unglaublich erwachsen.
»Ich wollte dich Wiedersehen, Tante Gemma. Es tut mir leid - ich wollte dir nicht weh tun. Mummy meint, mit dir dürfe man nicht spaßen. Warum bist du fortgegangen?«
»Ich musste, Kleines.«
»Du hättest mich in die Berge mitnehmen können, bis ganz hoch oben.«
»Nein. Dafür bist du jung. Zu klein.«
Die Kleine sah sie aus ihren ernsten, braunen Augen vorwurfsvoll an.
Dann plötzlich schwenkte die Szene um auf Gemmas Abschied. Zu ihrer großen Freude war Kris gekommen, um sich von ihr und Gemma zu verabschieden. Der verkrüppelte Mann hatte ein Geschenk mitgebracht, einen dünnen, aus einem unbekannten Material hergestellten, wundervoll gearbeiteten Stab. Er hatte darauf bestanden, dass Gemma ihn mitnahm, hatte aber nicht erklärt, warum. Also packte man ihn zu ihrem Gepäck, und sie ritten gen Süden und stiegen hinauf in die Berge. Hoch hinauf.
Das Zelt war voller Träume.
Arden war Teil eines Kreises aus Menschen. Er kannte sie alle gut, konnte aber ihre Gesichter nicht erkennen. Irgendetwas stimmt nicht mit ihren Gesichtern. Alle blickten nach innen, zur Mitte des Kreises, wo ein Mann aus dem festen Erdboden hervordrang und vor ihnen Gestalt annahm. Mit wachsender Beklemmung erkannte Arden, um wen es sich handelte.
Gemma trat aus dem Kreisbogen hervor, und Arden stieß einen stummen Schrei aus, als er sah, dass ihr Gesicht unter einer Maske aus kaltem Metall verborgen war.
Sie kniete nieder und bot ihren Stab der Kraft, das Symbol all ihrer Magie, jenem Mann dar, der jetzt vor ihnen stand.
Ardens toter Vater nahm ihn mit einem Lächeln entgegen.
34. KAPITEL
Die vier übriggebliebenen Mitglieder des Kontrolltrupps hatten mehrere Tage lang ein tödliches Versteckspiel gespielt. Die Stadt hatte Einheiten stahlgesichtiger Soldaten in die Höhlen
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