Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos
Innern einer Wolke, schon vergessen?«
Bilder ihres schwindelerregenden Aufstiegs blitzten vor seinen Augen auf, und eine ganze Weile stand er da und wirkte verloren und unsicher. Zanas Stimmung wechselte von Verzweiflung zu Zuneigung für ihren verwirrten Begleiter. Inmitten all des Wahnsinns, der hier geschah, war dies etwas Wirkliches, Menschliches - damit konnte sie etwas anfangen.
»Bist du wirklich so alt, wie du behauptest?« fragte sie ihn. »Im Augenblick siehst du aus wie ein kleiner Junge.«
Cai schüttelte den Kopf und lächelte matt.
»Gehen wir zurück in die Halle«, schlug er vor. »Dort sind wir angekommen, vielleicht können wir von hier verschwinden, wenn wir dorthin zurückkehren.«
Zana verkniff sich die Bemerkung, dass derartige Logik unter den gegebenen Umständen nicht passend schien, und stand auf. Sie verließen die Bibliothek langsam, setzten vorsichtig ein Fuß vor den anderen, als erwarteten sie, jeden Augenblick im Boden zu versinken. Die Flügeltüren schlossen von selbst sich hinter ihnen. Der Bienenschwarm summte friedlich über ihren Köpfen, ansonsten war es in der Halle still.
»Die Türen sind alle mit Symbolen verziert«, bemerkte Zana. »Nur die großen dort drüben nicht.«
Sie machten eine Runde durch die Halle und betrachteten die Schnitzereien: eine Eichel, ein Kleeblatt, eine Rose, ein Falke. Durch die Sprünge rings um den Rahmen der unmarkierten Türen zog es, doch sie wagten nicht, die Klinke anzufassen.
»Was jetzt?« fragte Zana, doch Cai machte ihr ein Zeichen, still zu sein. Von oben waren gedämpfte Stimmen zu hören. Als sie sich umdrehten, um einen Blick auf den Treppenaufgang zu werfen, öffnete sich auf der Empore eine Tür, und Wynut kam heraus. Er blickte über das Geländer und wickelte seine langen Finger um die oberste Stange. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, ertönte aus dem Raum hinter ihm Shantis Stimme.
»Das sollte er eigentlich längst wissen!« schimpfte er erzürnt. »Das kann unmöglich der Grund dafür sein, dass wir aufgehalten werden. Deine Berechnungen müssen falsch sein.« Verärgert murmelte er etwas vor sich hin.
Wynut überging seinen Magierkollegen und sprach zu den beiden unten.
»Thaumaturgie war noch nie Shantis Stärke«, meinte er mit einem resignierten Achselzucken. »Ich möchte mich für die Verzögerung entschuldigen. Irgendetwas hindert uns daran, in die Welt zurückzukehren, aber wir wissen nicht genau, was.«
»Großartig«, hauchte Zana.
»Aber wir arbeiten daran«, fuhr Wynut fort. »Bitte habt Geduld mit uns.« Damit machte er kehrt, schlenderte zurück ins Zimmer und gluckste dabei vor sich hin.
»Ich weiß nicht, was dich so amüsiert«, hörten sie noch Shanti sagen, dann wurde die Tür geschlossen, und in der Halle war es wieder still.
»Sie sind verrückt«, sagte Zana. »Völlig, absolut verrückt !«
»Das glaube ich nicht«, erwiderte Cai vorsichtig. »Sie sehen die Dinge nur anders als wir.«
»Das kann man wohl sagen«, meinte sie und schüttelte bestürzt den Kopf. Dann räusperte sie sich. »Ich weiß nicht, wie du darüber denkst, aber ich könnte einen harten Drink gebrauchen.« Es kam vom Herzen.
»Versuch das, Schätzchen«, antwortete eine fröhliche Stimme. »Das gibt dir wieder Farbe auf die Wangen.«
Verblüfft wirbelten sie herum, um die neu Hinzugekommene zu betrachten, eine untersetzte, matronenhaft wirkende Frau. Sie hielt ein Tablett in der Hand, auf dem zwei Gläser standen, in denen eine bernsteinfarbene Flüssigkeit blinkte.
»Schmeckt gut«, beharrte sie und lächelte ermutigend. »Wein mit einem kleinen Extra - etwas Besonderes.«
Cai hatte sich als erster von seiner jüngsten Anfall von Sprachlosigkeit erholt.
»Darf ich fragen, wer du bist?« fragte er und nahm eines der angebotenen Gläser.
»Ich? Ich bin nur die Haushälterin«, lachte sie. »Niemand von Bedeutung.«
»Weißt du irgendetwas über das, was die beiden uns erzählt haben?« fragte Zana und warf einen Blick hinauf zur Empore.
»Du liebe Güte, nein. Sie hantieren ständig mit Magie und anderem Unfug herum. Manchmal sind sie so vertieft, dass sie glatt das Essen vergäßen, wenn ich mich nicht um sie kümmern würde. Lasst es euch schmecken.«
Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und watschelte davon.
»Geh nicht fort!« rief Zana, doch die Tür hatte sich bereits hinter der Haushälterin geschlossen. Zana versuchte ihr nachzugehen, doch die Tür ließ sich nicht öffnen.
»Köstlich«, meinte
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