Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos
erwiderte Jordan. »Er wird sich in Kürze zu uns gesellen.«
»Weißt du, wo Gemma sich aufhält?«
»Theoretisch, ja.«
»Was soll das heißen?« wollte Cai wissen, in dessen Augen eine leichte Verärgerung aufblitzte.
»Sie ist im Augenblick nicht hier. Aber wir erwarten sie schon bald zurück«, antwortete Jordan ruhig.
»Wie bald? Wo ist sie jetzt?« Cais Stimmung stieg ungeheuerlich.
»Ich weiß nicht genau, wann sie zurück sein wird«, fuhr der andere fort. »Im Augenblick befindet sie sich im Tal. Allerdings weiß ich nicht, wo es liegt - ich war niemals dort und könnte es alleine auch nicht finden.«
»Aber Hewe könnte es finden?« beharrte Cai.
»Vielleicht.«
»Aber ...«
»Warum willst du sie eigentlich finden?« fragte Jordan und schnitt dem protestierenden Cai das Wort ab.
Der Zauberer zögerte. Wie oft muss ich das noch durchmachen? stöhnte er innerlich.
»Hat dir Dale das nicht in seinem Brief geschrieben?« fragte er.
»Doch«, meinte Jordan. »Aber ich würde es gerne von dir selbst hören. Dales Vorsicht in Ehren, aber offenbar fand er einige Dinge, die du gesagt hast, ein wenig unglaubwürdig.«
Cai schwieg einen Augenblick und dachte darüber nach. Ich muss mich also noch immer beweisen, dachte er voller Bitterkeit. Seine Gefühle schwankten von einem Extrem ins andere.
»Dass Zana hier sicher angekommen ist, spricht für dich«, fuhr Jordan fort, »außerdem scheint sie dir zu vertrauen. Aber ich würde dich gerne besser kennenlernen. Gemma war für uns die allerbeste Freundin, und wir möchten sie vor jeder erdenklichen Gefahr bewahren.«
Dabei beließ es Jordan, und ließ die Bedeutung seiner Worte offen. »Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass ich ihr etwas Böses will!« rief Cai, fuhr halb von seinem Stuhl auf und funkelte wütend über den Tisch hinweg.
»Entschuldige«, antwortete der dunkle Mann leise. Sein Gesicht verriet nichts. »Ich weiß nichts von dir. Und ich möchte dich kennenlernen.«
Cai zwang sich, ruhiger zu werden und sank langsam auf seinen Stuhl zurück. Er atmete tief durch und fing an zu erzählen. In weniger als einer Stunde hatte er Jordan von seinem Hintergrund als Zauberer berichtet, von seinem Verhältnis zu Gemma, seiner jüngsten Reise und - was am allerwichtigsten war - von seinen schrecklichen Ahnungen. Die detaillierten Schilderungen seiner Fernkontakte mit Gemma machten sichtlich Eindruck auf Jordan, und der schwarzhäutige Mann nickte mehrere Male, als stimme er einigen der Mutmaßungen des Zauberers zu.
Schließlich kam Cai zu der Begegnung mit der schwebenden Stadt, und sofort vergrößerte sich Jordans Interesse, Offenbar verband er damit eine große Bedeutung, und so erzählte ihm Cai mit Zanas Hilfe von ihren außergewöhnlichen Abenteuer. Er wiederholte jedes Wort ihrer Unterhaltung mit Wynut und Shanti sowie die rätselhaften Äußerungen der Katze.
Als er fertig war, schwieg Jordan lange. Die Worte des Magiers hatten ihn entmutigt. Doch diesmal wird niemand überleben. Vieles blieb nach wie vor unklar, und er konnte ihnen nicht mehr erklären als seine Gefährten - wenn er auch ein oder zwei Ideen hatte.
»Du musst nicht nur verhindern, dass die Drohung in die Tat umgesetzt wird, sondern bereits die Möglichkeit, dass es je dazu kommen könnte«, zitierte er. »Das ist schwierig genug, selbst wenn man weiß, worin die Bedrohung besteht.«
Dann erzählte Cai Jordan von seinem Traum. In seiner Weltanschauung hatte Jordan sowohl Platz für die praktischen als auch die geheimnisvollen Dinge, und er hatte nicht die Absicht, die Vision des Zauberers allein deshalb abzutun, weil sie die äußere Form eines Alptraums hatte.
»Nicht einmal das Schleißen hat eine derartige Verwüstung hervorgerufen«, sagte er langsam, dann riss er sich zusammen und fügte hinzu, »Jetzt ist es an mir, euch ein paar Dinge zu erzählen.« Beim Sprechen merkte er, dass er Cais Vertrauen gewonnen hatte. Der Besucher hätte nur dann ein Schwindler sein können, wenn er ihm ein weites und ver schlungenes Netz aus Lügen gesponnen hätte. Dafür hätte er sowohl unglaubliche Kenntnisse, als auch eine mehr als lebhafte Phantasie benötigt - außerdem hätte er Zana für sein Täuschungsmanöver einspannen müssen. Jordan konnte sich nicht vorstellen, sich jemals so an der Nase herumführen zu lassen. Und wenn doch, dann ist unser aller Schicksal besiegelt, entschied er. Wenn man es genau betrachtet, kann sich eigentlich nur Gemma für ihn verbürgen -
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