Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos
»bekommen wir es trotzdem mit einer neuen Zerstörung zu tun.«
»Das Zeitalter des Chaos«, meinte Jordan.
»Du musst nicht nur verhindern, dass die Bedrohung in die Tat umgesetzt wird, sondern bereits die Möglichkeit, dass es je dazu kommen könnte«, zitierte Cai. »Aber wie?«
»Es gibt nur zwei Orte, an denen wir ansetzen können«, meinte der Untergrundführer. »Zum einen am Wall der Elementalen ...«
»Und im Tiefen Süden«, warf der Zauberer ein.
»Der kommt als nächstes dran«, gab Jordan zurück.
So machte sich Cai drei Tage nach seiner Ankunft in Great Newport, begleitet von Zana, Hewe und Wray wieder auf den Weg. Er verließ die Stadt mit gemischten Gefühlen. Angesichts der schrecklichen Ereignisse, welche die Welt zu verschlingen drohten, betrachtete er die Reise nach Clevemouth nur als zweitrangig. Die wirklichen Antworten sah er im Tiefen Süden. Andererseits wollten weder er noch Jordan eine Expedition dorthin schicken, bevor sie nicht von Gemma gehört hatten. Mit ein bisschen Glück wäre sie wieder in Great Newport, wenn Cai seine Mission erfüllt hatte. Dann konnten sie alle zusammen nach Süden reisen und sich dem, was sie dort erwartete, gemeinsam stellen.
Darüber hinaus war die Aussicht, den gewaltigen Wall aus Elementalen zu besichtigen, für ihn ebenso faszinierend wie abstoßend. Zweifellos handelte es sich um einen Anblick von furchterregender Größe, gleichzeitig jedoch war die Vorstellung von Macht in diesem Ausmaß erschreckend. Schon um eine winzige Barriere zu durchbrechen, hatte Cai die Hilfe des Schwarmes benötigt, und jetzt stand ihm ein Zusammentreffen mit etwas unvergleichlich Mächtigerem bevor.
Seit seinem Gespräch mit Jordan hatte Cai alles Mögliche über den Blauflammenwall in Erfahrung gebracht. Er unterhielt sich mit denen, die ihn mit eigenen Augen gesehen hatten, und hörte sich die verschiedenen Theorien über seine Herkunft und seine Natur an. Einige davon hätten noch vor wenigen Tagen grotesk für ihn geklungen, jetzt jedoch erzeugten sie eher Unsicherheit als Spott. Die Geläufigste stellte den Wall als eine Trennlinie zwischen zwei Welten dar. Niemand hatte eine rechte Vorstellung, was sich dahinter verbarg - man glaubte nur, dass es anders sei -, doch es gab zahlreiche schillernde Vermutungen, angefangen bei ewigem Feuer bis hin zu einer endlosen, öden Eiswüste.
Niemand hatte die Barriere tatsächlich je durchbrochen, doch ein Kapitän zur See behauptete, er habe Vögel darüber hinwegfliegen und Delphine darunter hindurchtauchen gesehen. Cai hatte Zweifel an der Verlässlichkeit des Seemanns, hatte sich seine Geschichte über eine Reise nach Norden aber trotzdem angehört, um festzustellen, wie weit der Wall sich erstreckte. Aus Mangel an Vorräten war das Schiff gezwungen gewesen, vor Erreichen des Endes der Barriere umzukehren. Der Kapitän glaubte demzufolge, die Barriere müsse sich über das gesamte Rund der Erde erstrecken. Denn auch im Süden deutete nichts auf eine Begrenzung hin. Angesichts solch augenscheinlicher Gewaltigkeit war Cai umso mehr überzeugt, nichts unternehmen zu können. Zumindest gab ihm die Reise für den Augenblick ein Ziel - und Zeit zum Nachdenken. Nach all den grässlichen Vorahnungen der letzten paar Tage war ein wenig Entspannung Willkommen - besonders in Zanas Gesellschaft, die sehr erfreut über die Gelegenheit gewesen war, ihn und Hewe zu begleiten, dem einzigen Mitglied der Gruppe, der sich von ihrer Aufgabe nicht übermäßig beeindruckt zeigte. Die optimistische Einstellung des großen Mannes, sein schlagfertiger Humor und seine gründliche Kenntnis ihrer Reiseroute und der Gebräuche des Landes machten ihn zum idealen Reisebegleiter. Cai sah in ihm bereits einen Freund. Von Wray ließ sich das allerdings nicht behaupten. Der ehemalige Vandale war still und in sich gekehrt und reagierte weder auf Cais Versuche, ihn in ihre Unterhaltungen einzubeziehen, noch auf Hewes bissige Bemerkungen über seine anhaltende Nutzlosigkeit. Cai fragte sich, wieso Jordan darauf bestanden hatte, Wray mitzunehmen. Der Mann schien entschlossen, nichts zum Gelingen beizutragen, blieb mürrisch und verschlossen.
Ihre Reise nach Clevemouth führte sie über die große Küstenstraße. Das war zwar nicht der direkte Weg, war aber besser als der Versuch, die trostlosen, felsigen Täler zu durchqueren, aus denen die Wüste im Westen an ihrem nördlichen Rand bestand. Den größten Teil der Strecke machte die Straße das Reiten
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